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Drachenpfade - Lukianenko, S: Drachenpfade - Ne wremja dlja drakonow

Titel: Drachenpfade - Lukianenko, S: Drachenpfade - Ne wremja dlja drakonow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Schlafen zurückgezogen hätten. Oder hatten sie sich einfach in ihren Abteilen eingeschlossen, weil sie nicht in fremde Streitigkeiten verwickelt werden wollten?
    »In einer halben Stunde erreichen wir den nächsten Bahnhof«, sagte der Gnom leise. »Sie müssen aussteigen.«
    Viktor nickte schweigend. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass der Gnom ausgerechnet mit ihm Mitleid empfand. Allerdings ohne deshalb ein Risiko eingehen zu wollen; nach außen demonstrierte er strenge Neutralität.
    »In Ordnung. Soll ich die Bettwäsche abgeben?«
    Der Gnom sah verwirrt aus, offenbar verstand er Viktor nicht. »Warum? Glauben Sie etwa, ich zieh dem nächsten
Gast dreckige Wäsche auf? Lassen Sie sie liegen, oder bringen Sie sie mir, wie Sie wollen.«
    Viktor nickte, während er an all die wachsamen Schaffner auf der Anderen Seite dachte, wie sie schikanös die schmutzigen Stofffetzen zählten, die den Namen Handtuch und Laken kaum verdienten.
    »Ich weiß gar nicht, was ich Ihnen wünschen soll …«, sagte der Gnom. Er warf einen Blick auf die schlafende Tel. »Ach, ist sie doch durchgeschlüpft …«
    Er strich sich über das Kinn.
    »Na gut … hoffentlich geht es wenigstens schnell …«
    Er drehte sich um und verschwand im Gang. Viktor konnte nur mit dem Kopf schütteln, als er sich vorzustellen versuchte, was jener ihm wohl wünschte.
    »Kommt der Tod, wünsch ich ihn schnell, gibt es Wunden, nur ganz leichte …« 14 , murmelte er eine optimistische Liedzeile vor sich hin. Er schloss die Tür wieder, ging zum Bett und beugte sich über Tel. Sie schlief noch. Viktor musste unwillkürlich lächeln, als er mit dem Finger die rosige Fußsohle kitzelte.
    Tel zog das Bein an.
    »Es ist Zeit«, sagte Viktor leise. »Tel, wach auf …«
    Keine Reaktion.
    Viktor fühlte sich wie Humbert Humbert, als er die Prozedur wiederholte. Tel murmelte verschlafen etwas vor sich hin, ehe sie sich umdrehte und die Augen öffnete.
    »Wir sind bald da.«
    Das Mädchen rieb sich die Augen und setzte sich im Bett auf. Sie gähnte, während sie zum Fenster rausblickte. »Ich hätte noch sieben Minuten weiterschlafen können …«
    »Du hast anstelle von Nerven Stahlseile«, sagte Viktor mit ehrlichem Neid. »Ist dir eigentlich klar, was passieren kann?«
    »Vermutlich sehr viel mehr als dir«, schnitt Tel ihm das Wort ab. »Deshalb wollte ich mich auch unbedingt ausruhen. Ich hatte so einen wunderschönen Traum …«
    »Schön für dich. Ich werde, wie es aussieht, für immer auf dieses Vergnügen verzichten müssen.«
    Tel schnitt eine mitfühlende Grimasse. Sie zog sich die Stiefel über und begann sorgfältig ihre Schnürsenkel zuzubinden.
    »Du Armer … Ich habe geträumt, dass ich über eine Wiese renne, eine Wiese voller Kamillenblumen, und dann hast du mich geweckt …«
    Viktor musste unwillkürlich lächeln.
    Tel blickte wieder zum Fenster hinaus. »Da ist der Fluss, und die Brücke kann man auch schon sehen.«
    Das Gesicht gegen die Scheibe gedrückt, blickte Viktor, so gut es ging, in Fahrtrichtung.
    Der Fluss war breit. Natürlich nicht wie die Wolga, aber …
    Und was war das?
    Die Brücke erhob sich in einem stählernen Buckel über den Fluss. Die Gleise verliefen in einer Höhe von fünfzig Metern auf schmalen Stützen aus Beton oder Stein. Im letzten Tageslicht glitzerte das Wasser silbrig, und es schien, als wäre der Wasserstand unter der Brücke nicht tief.
    »Tel …«
    Ja, das Mädchen hatte von einer Brücke gesprochen … Aber beim Anblick dieser alptraumhaften Ingenieurskonstruktion vergaß Viktor sogar für einen Augenblick Gotor und seine Leute. Was hatte Tel hier vor? Ein Fluss … der die Kräfte des Wassers bündelte … und hier wollte sie den Kampf aufnehmen?
    »Was hast du dir da ausgedacht?«

    Statt einer Antwort blickte Tel vielsagend zum Fenster hinüber.
    »Sollen wir etwa da rausspringen ?« Viktor stöhnte.
    »Pssst!« Tel drückte ihren Zeigefinger gegen die Lippen. Das Gold ihres Lackes glänzte. »Genau das. Sie werden beide Ausgänge bewachen. Wahrscheinlich tun sie das bereits. Es bleibt uns nur dieser eine Weg offen. Gleich bricht die Gegenzeit ihrer Magie an, und sie können nicht mit voller Kraft kämpfen.«
    »Wir werden zu Tode stürzen«, sagte Viktor hilflos. »Ob mit oder ohne Magie.«
    »Wir werden nicht zu Tode stürzen«, unterbrach ihn Tel. »Nicht, wenn Gotor uns nicht bemerkt. Glaubst du, es ist so einfach, Wasser in Eis zu verwandeln? Selbst für einen Magier wie ihn.«
    Offenbar zog

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