Drachenpfade - Lukianenko, S: Drachenpfade - Ne wremja dlja drakonow
Mädchens; und er gellte mit seinem unmenschlichen, wilden Geheul scharf in den Ohren.
Und endlich sprang jener aus dem Fenster.
Er sah ganz genauso aus, wie die Windflügel ihn gezeigt hatten. Ein groß gewachsener Mann in der schwarzen Jacke der Wächter von der Grauen Grenze. Verloren, erschüttert, entsetzt und betäubt von fremdem Hass und Schmerz.
Das habe ich auch alles durchgemacht, sprach Ritor in Gedanken zu seinem Feind. Ich kenne das. Wie viele Menschen hast du heute in den Tod geschickt, Drachentöter?
Der Mann hielt sich mit der rechten Hand die linke Schulter. Der Schmerz würde erst später kommen; vorläufig würde er nur das Gefühl haben, dass ihn jemand sehr stark am Arm gezogen hatte.
Schwankend lief er über die Gleise. Fort, nur fort, so weit weg von hier wie nur möglich … unfehlbar hatte jener den günstigsten Fluchtweg gewählt, zum Fluss.
Ganz recht so, Drachentöter. Aber du weißt nicht, dass du es mit Ritor höchstpersönlich zu tun hast. Und du wirst es auch nicht mehr erfahren, dachte der Magier der Luft noch.
»Genug jetzt!«, kommandierte er.
Der Mann war sehr geschickt: Ganz so, als ob er bereits alles begriffen hätte, hielt er sich inmitten der Menschenmenge; aber es ging eine solche Welle des Bösen und des Schreckens von ihm aus, dass die Leute schreiend vor ihm zurückwichen.
Ritor visierte ihn durch die Zielvorrichtung an. Eine Formel, die in manchem an ein Gewehr erinnert, dachte er noch, ehe er den unsichtbaren Hahn abdrückte.
Mühevoll zusammengeführte, straff gewundene Windschleifen schossen auf ihr Ziel los wie eine Schlange, die sich auf ihre Beute stürzt. Ein durchdringendes Kreischen ertönte, wie Metall, das schnell über Glas gezogen wird; der
flüchtende Mann drehte sich um; unbewusst warf er die Arme nach oben in dem naiven und vergeblichen Versuch, sein Gesicht zu schützen.
Im selben Augenblick hüllte ihn eine Wolke von Wasserfontänen ein, die aus der Erde heraustraten.
Wasser und Luft trafen aufeinander; sie warfen den Drachentöter um, er schlitterte über den glatten Bahnsteig; sein Wasserschutz schleuderte Myriaden schneidender Wasserspritzer in alle Richtungen.
Die Leute suchten verzweifelt das Weite, und der Bahnhof leerte sich.
»Es wird dir nicht gelingen, Ritor!«, schrie jemand.
Ja, damit habe ich gerechnet, dachte der Magier. Gotor also, der Magier des Wassers und noch ein zweiter vom Strafkommando. Jetzt ist alles klar. Sie sind gekommen, um den Schlag auf sich zu ziehen.
»Lass mich machen, Ritor!«, heulte Sandra. Mit Torns Magiern hatte sie noch eine alte Rechnung zu begleichen. Und ehe Ritor antworten konnte, stürmte sie bereits los.
Sie war sehr gut im Angriff. Wahrscheinlich ebenso gut wie im Bett. Der Magierkämpfer hatte nicht mal die Zeit, seine Wasserpeitsche in Anschlag zu bringen. Ein rasender Wind traf ihn auf der Brust, warf ihn nieder, wirbelte ihn auf der Stelle herum und presste sein Opfer erbarmungslos in die harte, gestampfte Erde. Für einen Augenblick war das Gesicht des Unglücklichen zu erkennen, es hatte sich tiefrot verfärbt, und die Augen quollen im Todeskampf heraus; in der nächsten Sekunde platzte seine Kehle. Fächerförmig schossen die Blutstropfen heraus und trockneten augenblicklich aus.
Die Stunde des Grauen Hundes und auch des Erwachenden Wassers waren längst vorbei. Ritor hatte nicht umsonst
diesen Zeitpunkt an diesem Ort gewählt. Gotor hatte nicht die geringste Chance.
Immerhin erwies sich der Magier des Wassers keineswegs als Feigling. Er unternahm einen Gegenangriff, und die scharfe Schneide eines Wassersäbels schnitt haarscharf an Asmunds Kehle vorbei. Mit Unfehlbarkeit hatte Gotor den schwächsten Punkt unter seinen drei Gegnern ausgemacht.
Aber Asmund war gezwungen, den Kreis zu durchbrechen, um der unerwarteten Attacke auszuweichen; und daraufhin schlug Ritor selbst zu. Mit jener ganzen Wut und Kraft, die er für den Drachentöter aufgespart hatte. Den Mann, der ihnen jetzt sehr wahrscheinlich entwischen würde.
Gotor versuchte, sich zu schützen, aber sein Wasserstrudel zerstob wie eine Wolke aus Pappelflaum, die der Wind auseinandertreibt. Ritors unsichtbarer Speer durchstach den Wall des Wassermagiers, spießte ihn auf und hob ihn fast hinauf bis zum Dach, ehe er ihn voll Abscheu auf den Boden schleuderte. Die Brust des Zauberers war aufgerissen; Fleischfetzen und weiße, scharfe Knochenspitzen waren zu sehen.
Er starb, noch ehe er den Schmerz spürte.
Kevin und Erik
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