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Drachenpfade - Lukianenko, S: Drachenpfade - Ne wremja dlja drakonow

Titel: Drachenpfade - Lukianenko, S: Drachenpfade - Ne wremja dlja drakonow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Schwimmen. Aber diesmal wäre ich fast ertrunken …«, fuhr sie fort. »Du solltest die Kraft des Wassers erfahren, sie in dich aufnehmen und sie bezwingen. Nicht einfach nur den Feind abwehren, das hätte ich auch gekonnt … du musstest das Wesen ihrer Magie erfassen. Die Grundlage der Grundlagen. Die Zielstrebigkeit der Ströme, die sich aus gebirgigen Höhen hinabstürzen; den verwegenen Flug der Regentropfen, die auf heißen Sand prasseln; das ruhige Gewicht der Ozeantiefen, die Kraft der Sturmwellen … Und das hast du getan. Du hast es selbst getan. Aber erst musstest du gegen sie bestehen. Standhalten. Praktisch ohne über irgendetwas zu verfügen. Daher gab ich dir alles, worüber ich verfüge … meine Widerstandskraft und eine gewisse Macht über das Feuer …«
    Sie verstummte.
    »Verzeih.« Viktor setzte sich neben sie. »Tel …«
    Nein, das Mädchen weinte nicht. Sie blickte mit leeren Augen vor sich hin und schrieb wundersame Runen in den gehorsamen Sand.
    »Für mich ist es auch schwer …« Es war nicht klar, ob sie sich beklagte oder es einfach nur eingestand. »Du kannst nicht verstehen, wie schwer. Du hast wenigstens das Recht, nichts zu wissen. Ich habe geglaubt, dass du es schaffst. Damals, gleich nach dem Übergang … habe ich dich geprüft. Du hast auf alle Kräfte angesprochen, schwach zwar – aber immerhin. Das heißt, du hast die Kraft, gegen sie zu bestehen. Nur dass es mir nicht gelingen will, mich nicht einzumischen. Das ist dumm …«
    »Tel …« Viktor nahm ihr Gesicht zwischen seine Hände. Vorsichtig, wie die Wächter der Grauen Grenze eine tote
Blume in die Hände nahmen. »Sei nicht wütend. Ich bin ein dummer und hilfloser Abkömmling der Anderen Seite. Alles, woran ich nicht geglaubt habe, erweist sich hier als wirklich. Während sich alles, woran ich geglaubt habe, als bedeutungslos erweist.«
    »Sag das nicht!«, erwiderte Tel streng. »Sag das niemals! Eure Welt ist nicht schlechter als unsere, und unsere ist nicht besser als die der Angeborenen. Wenn du … anfängst so zu denken … dann hast du nur noch einen Weg!«
    »Schön, schön.« Viktor legte ihr einen Finger an die Lippen. »Ich tue es nicht mehr. Reg dich nicht auf. Ich bin verwirrt, müde und erschrocken. Deshalb rede ich solchen Unsinn. Ich suche einen Schuldigen. Ich werde es nicht mehr tun.«
    Er verstummte. Tel und er blickten sich in die Augen. Es schien, als müsste er noch etwas sagen … nein, nicht sprechen … nur nicht den Blick abwenden … sich verlieren in diesem bodenlosen durchsichtigen Blau …
    »Wahrscheinlich bist du schrecklich hungrig«, bemerkte Tel leise, während sie ihren Kopf aus seinen Händen löste. »Ja? Ich habe etwas zu essen mitgebracht … ein wenig …«
    Der Zauber verging.
    Viktor lachte erleichtert auf. »Du bist wirklich vorausschauend. Denn im Moment könnte ich jeden aufessen, der gerade vorbeikommt.«
    »Also, ich schmecke nicht gut!«, protestierte Tel und sprang auf die Beine. »Nein, bloß nicht! Ich habe doch einen ganzen Korb Piroggen dabei.«
    »Aber du hast ja gar kein rotes Käppchen auf.«
    Tel verstand ihn anscheinend nicht. Sie beugte sich über den Korb, der neben dem verglimmenden Feuer stand, und Viktor begann, interessiert das andere Flussufer zu beobachten.

    »Hier Piroggen mit Kartoffeln, mit Fleisch und mit Kohl …«
    »Großartig. Ich hatte schon daran gedacht, Fische zu fangen oder Algen zu probieren.«
    »Ich habe mal gehört, dass ein Mann sich zwei Jahre lang von Schlamm ernährt hat … aber wir haben so was Widerwärtiges zum Glück nicht nötig … Das Essen ist angerichtet!«
    Viktor zog sich das Hemd über den Kopf und setzte sich neben den Korb. Tel hatte die Piroggen auf einem weißen Tuch ausgebreitet und blickte ihn mit stolzer Erwartung an. Außer den Teigtaschen gab es noch eine Flasche Wein, zwei kleine Weingläser, ein in ein Wachspapier gewickeltes Stück gebratenes Fleisch und mehrere hartgekochte Eier; letztere wirkten wie ein kulinarischer Gruß des von Viktor heiß geliebten Ministeriums für Verkehrswege.
    »Wein, das ist ja toll!«, sagte er. »Du bist ein kluges Mädchen, aber wozu zwei Gläser?« Der Tonfall eines strengen Vaters gelang ihm nicht.
    »Weil ich auch einen Schluck trinken will.«
    »Na gut, ich erlaube es dir«, stimmte Viktor eilig zu und fühlte sich wie ein umsichtiger König im Märchen. »Ich habe es jedenfalls bitter nötig. Nach dieser Geschichte am Bahnhof …«
    »Was für eine

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