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Drachenpfade - Lukianenko, S: Drachenpfade - Ne wremja dlja drakonow

Titel: Drachenpfade - Lukianenko, S: Drachenpfade - Ne wremja dlja drakonow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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scheinbar aus rein sachlichem Interesse. Aber Ritor spürte ihre versteckte kindliche Aufregung und die Neugier auf eine fremde, ihr unzugängliche Magie.
    Er lächelte. »Natürlich. Wir warten nur auf die Stunde der Kraft.«

13
    »He, was ist los … was denkst du dir eigentlich?«
    Viktor merkte, wie ihn jemand an der Schulter zupfte. Er wollte so gern weiterschlafen …
    »Steh auf! Jetzt steh schon auf, los!«
    Endlich öffnete er die Augen. Der Fresssack hing über ihm und fuchtelte geschäftig mit seinen feisten Händen herum. In seinem Gesicht lag ein ehrlicher Ausdruck des Leidens.
    »Was richtest du da an, was richtest du an!«, schnatterte er, als er sah, dass Viktor wach war.
    »Worum geht es denn?«
    »Du schläfst doch sowieso schon!«
    Viktor seufzte, richtete sich auf und rieb sich die Augen. »Na und? Ich hab es satt. Deine Scherze sind dumm, hier gibt es keinerlei Vergnügungen. Da lieg ich doch lieber am Ufer und ruh mich aus.«
    Der Fresssack hielt die Luft an. Verwirrt breitete er die Arme aus. »Was soll das heißen, keinerlei Vergnügungen? Überleg mal, was du da sagst!«
    »Für diesen Plausch bin ich verantwortlich«, sagte Viktor finster. Es war seltsam. Der Fresssack war offenbar froh über diese Wendung im Gespräch.

    »Sicher?«
    Irgendwas in Viktor schnappte zu. Mit größter Freude machte er eine Bemerkung, die ihm bei normaler Geistesverfassung die Röte ins Gesicht getrieben hätte.
    Und der Fresssack strahlte. »Siehst du, so mag ich dich!«
    Ehe Viktor zu sich kam, klopfte der kleinwüchsige Dickwanst ihm herablassend auf die Schulter.
    »Das lob ich mir!«
    Viktor erhob sich und fragte mit drohender Stimme: »Was willst du von mir?«
    »Ich? Nichts …« Augenblicklich wirkte der Fresssack betrübt. »Ich mag dich … ja, ich verstehe … dass man sich nicht aufdrängt … aber ich mag dich eben, das ist alles! Was soll man da machen? Ich will dir noch mehr zeigen vom Leben, dir was beibringen.«
    »Danke, mein Lieber, aber ich habe keinen Bedarf.«
    »Bist du sicher?« Der Fresssack zwinkerte schlau. »Zu viel … kann man doch nie wissen. Warum willst du hier rumliegen … wenn du im Wald spazieren gehen würdest …«
    »Am Ende bekomme ich doch ohnehin wieder nichts zu sehen. Ich kenne deine Tricks inzwischen.«
    »Warum schlägst du dich auch immer zu Fuß durch?«, sagte der Fresssack verwundert. »Ganz klar, auf Schusters Rappen braucht man ja wochenlang.«
    »Bietest du mir ein Fahrzeug an?«
    »Dir?« In gekünsteltem Schrecken wedelte der Fresssack mit den Händen. »Wie könnte ich! Ausgerechnet dir! Wo du doch jetzt selbst …«
    Er breitete die Arme aus, ließ ein surrendes Geräusch erklingen und hüpfte dabei von einem Fuß auf den anderen, so dass er an ein überladenes Transportflugzeug beim Start
erinnerte. Er zwinkerte Viktor zu. »Auf, auf … nun flieg schon. Über den Wald, bis du weißen Rauch siehst. Da lässt du dich nieder … und wartest ab …«
    »Ich bin kein Kind mehr, das im Traum fliegen kann.«
    »Versuch es nur!«, ermutigte ihn der Fresssack. »Du konntest gegen die Luft bestehen, aber du fürchtest dich davor, abzuheben?«
    Jetzt benahm er sich wie ein Sergeant in einem amerikanischen Kriegsfilm. Scheinbar böse, aber im Grunde natürlich sehr gutmütig. So einer, der weiß, dass es für die Soldaten nur zum Besten ist, die ganze Nacht die Kaserne zu putzen oder sich auf dem von der Sonne ausgemergelten Exerzierplatz abzustrampeln.
    Während er den Fresssack noch fragend ansah, spürte Viktor plötzlich eine Art Versuchung. Könnte er fliegen? Warum eigentlich nicht? Im Traum … Er kannte das Gefühl zu fliegen ja bereits, aus jenen wahnsinnigen Erinnerungen eines anderen, aus den Schwären eines fremden Gedächtnisses. Wenn auch vermischt mit Angst, denn hinter ihm flog ein feuerspeiendes Ungetüm …
    Langsam breitete Viktor die Arme aus und sah aus den Augenwinkeln, wie der Fresssack grinste.
    So nicht! Benimm dich nicht wie ein LSD-Junkie! Und stell dir kein Flugzeug vor!
    Flieg einfach los!
    Er streckte sich dem niedrigen, schwach glitzernden Himmel entgegen. Dem trüben Dunst, der sich wie eine Kuppel über die Welt wölbte.
    Er erlaubte der Luft, ihn in die Höhe zu heben.
    Der Fresssack fluchte – tief unter ihm. Auf seinem Gesicht zeichnete sich eine Grimasse des Zorns ab.
    Viktor flog.

    Sein Körper lag auf einer unsichtbaren Stütze. Auf einer unendlichen, unsichtbaren Stütze, die sich über das Ufer und den Wald erstreckte,

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