Drachenritter 03 - Der Drache an der Grenze
hat!« sagte Brian. »Ich habe noch keinen erfolgreichen Anführer getroffen, der seine Untergebenen nicht auf Distanz gehalten hätte. Wer sich mit jedermann gemein macht, ist zwar beliebt, doch am Gehorsam hapert es bisweilen. Da ist es für alle besser, wenn er strikt auf Abstand hält und sich sogar unbeliebt macht, anstatt allzu große Nähe zuzulassen und womöglich unterschätzt zu werden.«
»Das habe ich ihm auch gesagt - mehr oder weniger«, meinte Dafydd.
»Dafydd hat das Thema angesprochen«, sagte Jim.
»Und ich muß noch einmal wiederholen, daß ich mit ihm und Euch, Brian, völlig einer Meinung bin. Sir Herrac ist der geborene Anführer.«
»Wir, seine Söhne«, warf Sir Giles ein, »kennen ihn schon unser Leben lang. Ihr könnt Euch gar nicht vorstellen, wie ernst Vater seine Verantwortung gegenüber der Familie genommen hat. Und nicht zuletzt seine Verantwortung gegenüber meiner Mutter, die er ebenso innig geliebt hat wie wir alle.«
Seine letzten Worte hatten traurig geklungen, was die Unterhaltung möglicherweise beeinträchtigt hätte, wenn Brian dem Gespräch nicht eine neue Wendung gegeben hätte.
»Aber Ihr, James!« rief er. »Ihr müßt unverzüglich mit dem Training beginnen, und zwar so weit von der Burg entfernt, daß kein Unbefugter mitbekommt, daß Ihr vielleicht ein wenig eingerostet und im Umgang mit Waffen unerfahrener seid, als Euch guttäte.«
»Das habt Ihr aber wirklich höflich ausgedrückt, Brian«, sagte Jim. »Ihr wißt so gut wie jeder andere, der mich kennt, daß ich alles andere als ein erfahrener Kämpe bin. Bei meinem Kampf gegen den Oger hatte ich den Vorteil, über die Reflexe eines Drachen zu verfügen. Hätte ich damals nicht in Gorbashs Körper gesteckt, hätte mich der Oger im Handumdrehen zerquetscht.«
»Ihr werdet schon noch besser werden, James!« sagte Brian. »Zumal wenn Ihr unter meiner Aufsicht übt. Wie ich schon sagte, sollte Euch dabei allerdings niemand beobachten. Ich würde Euch raten - verzeiht mir, Sir Giles -, nicht einmal Herrac merken zu lassen, wie dürftig Eure Fertigkeiten mit dem Schwert und den anderen Waffen sind.«
»Ihr habt recht«, meinte Jim nachdenklich.
»Wir sollten uns morgen von der Burg entfernen«, fuhr Brian fort. »Das heißt, Ihr nicht, Dafydd - es sei denn, Ihr hättet einen bestimmten Grund, uns zu begleiten. Wenn wir uns in sicherer Entfernung von der Burg befinden, wird Sir Giles Euch im Gebrauch unterschiedlicher Waffen unterweisen, da ich wohl noch ein, zwei Tage daran gehindert sein werde, mit Euch zu trainieren.«
Bis dahin werden wohl noch ein paar Tage mehr vergehen, dachte Jim, hielt sich aber mit einer Bemerkung wohlweislich zurück. Statt dessen schlug er einen anderen Ton an.
»Das ist wirklich nicht nötig, Brian«, sagte er. »Erinnert Euch nur daran, was ich Euch über unseren Plan gesagt habe. Wenn alle kämpfen, werde ich zusammen mit Dafydd auf der Felsleiste stehen. Wahrscheinlich brauche ich gar nicht zu kämpfen.«
»Und wie wollt Ihr von der Felsleiste herunterkommen und Euch wohlbehalten einen Weg durch die Hohlmenschen bahnen, die gegen Euch gedrückt werden?« wollte Brian wissen. »Auf diese Art des Kämpfens versteht Ihr Euch noch nicht, James; verzeiht mir, wenn ich das sage. In der Hitze des Gefechts kann es sogar vorkommen, daß sich Freund gegen Freund wendet, entweder aus Versehen, oder weil ihn die Kampfeswut überwältigt. Es könnte sogar geschehen, daß Ihr Euch mit dem Schild vor den Grenzern schützen müßt, um unbeschadet bis zu ihnen vorzudringen. Nein, Ihr müßt üben, und wir machen es so, wie ich gesagt habe!«
Und so geschah es auch.
In den nächsten Tagen brach Jim jeden Morgen mit Brian und Giles auf, und häufig kam auch Dafydd mit. Sie ritten eine halbe Stunde bis zu einem abgeschiedenen, baumumstandenen Ort, fernab der Burg und mit ausreichend Platz zum Üben. Dort unterzog Brian Jim und notgedrungen auch Sir Giles einem Lehrgang im Gebrauch aller möglicher Waffen, angefangen vom Dolch bis zur Keule.
»Aber ich werde keine Keule dabeihaben!« sagte Jim.
»Das macht nichts; Training ist Training«, beharrte Brian.
Und so übte Jim solange mit der Keule, bis ihm die Arme erlahmten. Er bat um eine Pause.
»Dafydd«, sagte er und wischte sich den Schweiß von der Stirn, »hättet Ihr vielleicht Lust, mich für ein Weilchen abzulösen?«
»Ich schaue Euch schon die ganze Zeit aufmerksam zu«, erwiderte Dafydd. »Aber da ich nichts weiter als ein einfacher
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