Drachenritter 03 - Der Drache an der Grenze
wie sie alle. Dann wieder war er kaum zu verstehen.
»So wie ich die Engländer und die Franzosen kenne, glaube ich das nicht«, sagte Herrac. »Lord James und Meister Bogenschütze, ich muß Euch sagen, daß ich mit Lachlan einer Meinung bin. Das Leben an der Grenze hat uns gelehrt, daß es zwischen Schotten und Engländern niemals wahren Frieden geben wird. Ebensowenig wie ein Schotte oder Engländer, der an der Grenze lebt, seinen Besitz einem Franzosen überlassen würde. Es steht außer Zweifel, daß Lachlan die Wahrheit spricht. Wir sollten uns deshalb nicht darüber unterhalten, ob es so kommen wird oder nicht, sondern wie es weitergeht und wie sich die Speerspitze des ersten Vorstoßes nach Süden abstumpfen läßt.«
»Wissen wir denn, von wo der Vorstoß seinen Ausgang nehmen wird?« fragte Jim. »Und wie die Streitmacht beschaffen sein wird? Falls es sich um eine regelrechte Armee handelt...«
»Ich wünschte, es wäre so«, seufzte Herrac. »Ich fürchte, es kommt viel schlimmer.«
»Wieso das?« fragte Jim, verwundert darüber, daß ein kraftvoller Grenzkrieger, der in dieser Gegend zweifellos schon einige Kampferfahrung gesammelt hatte, so niedergeschlagen klang, obwohl der Kampf noch gar nicht begonnen hatte.
»Wieso?« echote Herrac. »Weil der Angreifer unser alter Feind sein wird, dem wir bereits begegnet sind. Die, welche auch Sir Brian verwundet haben.«
»Wer? Meint Ihr etwa...?« fragte Jim, der wollte, daß Herrac den Namen tatsächlich aussprach.
»Die Hohlmenschen«, sagte Herrac.
Bingo!
Den Nagel auf den Kopf getroffen, dachte Jim - und die Dunklen Mächte ziehen im Hintergrund die Fäden.
»So!« sagte er. »Ich verstehe bloß noch nicht, weshalb wir deswegen beunruhigt sein sollten. Ich würde schätzen, daß es höchstens ein paar tausend Hohlmenschen gibt, oder täusche ich mich da?«
»Wahrscheinlich nicht«, antwortete Herrac. »Aber genau weiß das natürlich niemand. Jedenfalls kein gewöhnlicher Sterblicher.«
»Da habt Ihr es«, sagte Jim, dem der Wein bereits die Zunge gelöst hatte. »Eine Streitmacht, die von Schottland aus den ernsthaften Versuch unternehmen wollte, England zu erobern, müßte mindestens dreißigtausend Mann umfassen, was meint ihr? Mindestens dreißigtausend Mann. Vielleicht sogar vierzig- oder fünfzigtausend. Oder sogar noch mehr...«
»Es ist wohl ziemlich einerlei, wie viele Soldaten die schottische Armee hat«, fiel ihm Lachlan grob ins Wort. »Ganz gleich, wie viele es sind, England hat ebenso viele Krieger und noch mehr. Worauf es ankommt, das ist die Vorhut. Die Hohlmenschen. Was macht es schon, wenn es bloß zweitausend sind, da man sie doch nicht umbringen kann?«
»Also, töten kann man sie schon...«, wandte Jim ein.
»Jedoch nur vorübergehend!« sagte Lachlan. »Wenn sie nach achtundvierzig Stunden wieder zum Leben erwachen, können sie aufs neue gewöhnliche Sterbliche umbringen, die sich nicht wieder erheben werden! Was meint Ihr wohl, weshalb sie das Gebiet in den Cheviot-Hügeln so lange halten konnten?«
»Aber...«, wandte Jim streitlustig ein; dann auf einmal wurde ihm klar, daß Streiten zwecklos war. Was Lachlan soeben dargelegt hatte, stellte zumindest ein Problem dar. Gleichwohl vermochte er nicht einzusehen, weshalb die Hohlmenschen als Vorhut die Gewähr dafür sein sollten, daß ein blutiger Keil tief nach England hineingetrieben würde; die Schotten hätten schon einen überwältigenden Sieg erringen müssen, und das hielt er für höchst unwahrscheinlich. Die Hohlmenschen waren zu wenige, als daß sie einen Sieg der Schotten hätten garantieren können.
»Der Teufel soll Euch holen, Mann!« fluchte Lachlan. »Denkt doch mal nach! Sie können gar nicht verlieren -die Hohlmenschen, meine ich. Solange sie auch nur einen der Ihren in den Cheviot-Hügeln zurücklassen -oder zur Sicherheit gleich ein paar -, können sich die Kämpfer ein ums andere Mal umbringen lassen, und sie werden doch jedesmal wieder aufstehen und sich an der erworbenen Beute und am Geld der Franzosen erfreuen!«
»Aber wozu wäre ihnen das Gold denn nütze, wenn sie tot sind und keinen Körper haben?« fragte Jim.
»Sie mögen vielleicht tot sein«, entgegnete Lachlan, »aber wenn sie lebendig sind, dann sind sie ebenso körperlich wie Ihr und ich und haben das gleiche Verlangen nach Speis und Trank und Frauen. Das macht sie ja gerade so abscheulich.«
»Gewiß«, pflichtete Jim ihm bei. »Aber trotzdem...«
»Und die schottische
Weitere Kostenlose Bücher