Drachenritter 04 - Der Drache im Krieg
aber er ist einer von Englands wichtigsten Führern und jemand, dem man mit Höflichkeit begegnen muß.«
»Ich dachte, ich wäre höflich gewesen«, meinte Secoh.
»Nun, gebt Euch das nächste Mal ein bißchen mehr Mühe«, sagte Jim. »Also, weswegen wolltet Ihr mit mir reden?«
»Tja...«, sagte Secoh.
Jim seufzte innerlich. Drachenstil; Secoh würde ganz an den Anfang der Geschichte zurückgehen und sie Schritt für Schritt erzählen, so wie sie sich ereignet hatte, statt gleich auf den wichtigen Teil zu sprechen zu kommen.
»Seht Ihr«, begann Secoh, »die jungen Drachen waren sehr erschrocken, als die Seeschlangen plötzlich aus dem Meer auf sie zugeschossen kamen. Sie kehrten alle nach Cliffside zurück. Ich habe sie ein kleines Stück begleitet und versucht, sie wieder zur Vernunft zu bringen, damit sie umkehren. Aber sie wollten nicht. Also bin ich allein zurückgeflogen. Und als ich dort ankam, wart Ihr bereits verschwunden, und Sir Brian und Dafydd lagen immer noch bewußtlos auf Deck. Dann verschwanden auch sie plötzlich, und ich wußte, daß Ihr Carolinus gefunden und ihn dazu bewogen haben mußtet, sie zu holen, da Ihr dies selbst nicht tun wolltet, wie mir der oberste Georg auf dem Schiff erzählte. Also, Ihr wart weg, und sie waren weg, aber wißt Ihr - Ihr hattet etwas zurückgelassen. Alles, was Ihr bei Euch gehabt hattet.«
»O mein Gott«, sagte Jim, dem plötzlich dämmerte, in welche Richtung Secohs Bericht sich entwickelte.
»Das heißt...«, begann er.
»Nun, natürlich«, fuhr Secoh fort, als hätte Jim gar nichts bemerkt, »war das der Grund, warum ich nicht früher hier sein konnte. Als ich die Sache mit den jungen Drachen aufgab und zum Schiff zurückkehrte, um zu helfen, soweit das in meinen Kräften stand, wurde mir klar, was ich um jeden Preis mitnehmen mußte ...«
Er sah Jim bedeutungsvoll an.
»Und habt Ihr es getan?« fragte Jim ungeduldig.
»Ich habe mir den Sack von den Schiffsgeorgs auf den Rücken binden lassen, so daß er schön flach lag und mich beim Fliegen nicht aus dem Gleichgewicht bringen konnte«, erklärte Secoh. »Dann habe ich mich auf den Weg hierher gemacht. Aber zuerst bin ich nach Cliffside geflogen. Ich habe den Beutel mit den Juwelen mitgenommen, den die französischen Drachen uns als Sicherheit für unsere englischen Drachen mitgegeben haben als Beweis dafür, daß die französischen Drachen Euch im Kampf gegen die Seeschlangen helfen werden. Und ich habe die Drachen einen Blick auf die Juwelen werfen lassen. Dann habe ich den Beutel weggebracht und in den Sümpfen versteckt - und natürlich zuerst mein eigenes Juwel herausgenommen.«
Secoh machte eine Pause, um den Mund zu öffnen und seine lange rote Zunge herauszustrecken. Darauf lag die riesige Perle, die den einzigen Gegenstand in seinem Hort darstellte und ein hochgeschätztes Erbe in seiner Familie.
Die Zunge rollte sich wieder ein, die Perle verschwand; Secoh fuhr fort, die Perle, wie Jim aus vergangenen Erfahrungen wußte, sicher in den Beutel einer seiner Wangen geschoben.
»Ich habe die Cliffsidedrachen angewiesen, die Nachricht zu verbreiten, daß die französischen Drachen uns beistehen würden. Sie waren sehr beeindruckt«, sagte er. »Danach bin ich dann hierher gekommen.«
»Gut gemacht«, sagte Jim, »und vielen Dank, Secoh. Ihr besitzt mehr Klugheit als ich, wenn es darum geht, zu retten, was rettenswert ist.«
»Oh, vielen Dank, Mylord.« Drachen konnten nicht erröten, aber nach der Art, wie Secoh den Kopf einzog, ließ sich wohl sagen, daß er, hätte er erröten können, dies wohl getan hätte. »Ich weiß, daß es nicht stimmt, aber es ist trotzdem sehr freundlich von Euch, das zu sagen, Mylord. Sehr freundlich!«
»Unfug«, widersprach ihm Jim grimmig. »Ich habe jedes Wort ernst gemeint. Jetzt sollten wir aber zu Sir John zurückkehren und hoffen, daß wir ihn nicht allzu sehr verärgert haben.«
»Ich verstehe nicht, warum er so wichtig sein soll?« fragte Secoh, als sie zurückkehrten.
Glücklicherweise hatte der Drache immer noch die Stimme gesenkt, so daß Chandos seine Worte nicht hören konnte.
»Es ist eine Georgsache«, sagte Jim knapp, da ihm keine Zeit mehr für eine ausführliche Erklärung blieb.
»Sache?« wiederholte Secoh verwirrt, aber dann standen sie bereits wieder vor Chandos. Er sah sie beide an und lächelte leutselig. Entweder hatte er seinen Zorn überwunden oder beschlossen abzuwarten, und als der alte Fuchs, als den Jim ihn kannte,
Weitere Kostenlose Bücher