Drachenritter 04 - Der Drache im Krieg
Offenkundig hatte Giles ihm bereits seine Zustimmung gegeben.
Jim hatte das Gefühl, zwischen zwei Stühlen zu sitzen. Beides war gleich zwingend: Angies Weigerung, ihn ziehen zu lassen, und Sir Johns verborgene, aber zweifellos gegenwärtige Autorität, die ihn zu der Reise veranlassen konnte, ob es ihm nun gefiel oder nicht. Die schlechteste aller Lösungen wäre es, wenn er sich den Befehl zu der Reise geben ließ, obwohl Angie immer noch auf ihrem Widerstand beharrte.
Möglich, daß sie nachgab, wenn sie erst einsah, daß er keine Wahl hatte. Aber so, wie er Angie kannte, wollte er sich darauf nicht verlassen. Außerdem würde er in Frankreich nicht die richtige Handlungsfreiheit haben, wenn er auf Befehl, aber gegen Angies Wunsch dort war. Aber wenn er aus eigenem Antrieb ging, konnte er wirklich tun, was Sir John von ihm erwartete, konnte tun, was er in wie auch immer gearteten Umständen für angebracht hielt.
Er trank den Rest Dünnbier aus. Er hatte immer noch Durst. Aber unten warteten Pflichten auf ihn, denen er schon vor einigen Stunden hätte nachkommen sollen. Er zog sich an und ging hinunter.
Der Palas war wie erwartet leer. Nach dem Licht zu urteilen, das durch die Fensterschlitze fiel, mußte es mindestens neun Uhr sein.
Da der Gedanke an ein Frühstück keinen besonderen Reiz für ihn hatte, verzichtete er darauf, sich allein an die hohe Tafel zu setzen und einen Diener herbeizurufen; er ging einfach durch die Halle und wollte gerade durch die Tür treten, als ihm der Schmied den Weg versperrte.
»Mylord - bitte, Mylord...« Der Schmied zupfte an einer Stirnlocke, dem spärlichen Überrest seines braungrauen Haares, und versuchte sich an einer Verbeugung. Jim blieb stehen. Plötzlich waren ihm sein schmerzender Kopf und das flaue Gefühl im Magen nur allzu bewußt. Aber - noblesse oblige. Adel verpflichtet, oder, mit anderen Worten, sorge wenn möglich immer für ein gutes Verhältnis mit der Dienerschaft.
»Ja?« fragte er.
»Mylord, wenn Ihr so gütig sein wollt...« Der Schmied bedachte ihn mit einem einschmeichelnden, zahnlückigen Grinsen. »Mir ist der Gedanke gekommen, daß ich mich möglicherweise ein klein wenig nützlich machen könnte, wenn ich mir die Rüstung des hochwohlgeborenen Sir John ansehe und alle kleinen Schäden behebe, die diese gelitten haben könnte. Ich wollte nicht selber fragen ...«
Die Worte verloren sich, so daß Jim sich ihre unausgesprochene Fortsetzung allein ausdenken mußte.
»Ich werde es ihm gegenüber erwähnen«, sagte Jim knapp und schob sich an dem Mann vorbei. Einen Augenblick später stand er im Freien, und das Sonnenlicht stach ihm wie Schwertklingen in die Augen.
Er blinzelte und verharrte einige Sekunden läng, damit seine Augen sich an die Helligkeit gewöhnen konnten. Als er sich dann auf dem Burghof umsah, erblickte er sowohl Sir John als auch Sir Giles, die eines der Pferde begutachteten, die man für sie aus den Ställen geholt hatte. Es war Jims eigener Hengst, Gorp, der einem echten Streitroß oder einem Schlachtpferd näherkam als irgend etwas anderes in seinem Stall.
Neben den beiden Rittern stand ein Küchendiener, der geduldig einen Krug in Händen hielt, in dem sich zweifellos Wein befand, da beide Ritter mit Bechern ausgerüstet waren. Ein paar andere Becher baumelten vom Gürtel des Dieners herab.
Jim ging auf die drei Männer und das Pferd zu, und sein Kopf pochte jedesmal, wenn er einen Fuß auf die betonharte, festgestampfte Erde im Burghof setzte.
»Ah, Sir James«, sagte Sir John, als er näher kam, und beide Ritter wandten sich zu ihm um. »Ein Stallbursche hat gerade dieses prachtvolle Tier aus Eurem Besitz herumgeführt, und wir haben ihn angehalten, um es uns einmal anzusehen.«
Jetzt, da Sir John es sagte, erblickte Jim auch einen winzigen Stallburschen, der hinter den beiden Rittern und Gorp mehr oder weniger versteckt gewesen war und das Ende des Halfters um Gorps Hals festhielt.
»Das sehe ich«, sagte Jim, als er neben ihnen stehengeblieben war.
Selbst durch den Nebel seines Katers war er sich aufs schärfste der Tatsache bewußt, daß zwei Ritter vom Format Sir Johns und Sir Giles' sehr wohl wußten, daß Gorp kein >prachtvolles Tier< war. Aber im Augenblick konnte er seinen schmerzenden Kopf keine befriedigendere Antwort auf Sir Johns Bemerkung abringen.
»Wo hast du bloß deine Gedanken, Mann!« sagte Sir John und wandte sich dem Diener mit dem Krug zu. »Einfach wie ein Holzklotz dazustehen, ohne deinem
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