Drachenritter 07 - Der Drache und der Wuzelkönig
EINTRITT, GEHT FORT
WER FORTGEHT, KEHRT ZURÜCK.«
»Lebt wohl«, sagte Sir Dinedan, wendete sein Pferd und ritt wieder in den Wald zurück. Jim war der einzige, der seinem Fortgehen Beachtung schenkte.
»Jetzt endlich«, sagte Brian befriedigt, »nähern wir uns unserer Jagdbeute.«
Aber ihre Pferde hatte den Eingang noch nicht erreicht, als die drei Gefährten hinter sich eine Frauenstimme schreien hörten.
»Hilfe! O Hilfe! Helft mir doch!«
Sie hielten ihre Pferde an und sahen zur Linken, als eine Frau mit weißem Gewand und einem Schleier, der ihr Gesicht verbarg, unter den Bäumen hervorrannte und auf sie zukam. Sie bremste ab, als sie ihrer ansichtig wurde, stolperte und stand dann still. Ihr Schleier bewegte sich im Rhythmus ihrer stoßweisen Atmung. Offenbar versuchte sie, wieder zu Atem zu kommen.
Die drei ritten auf die Frau zu. Sie war recht schlank und ungefähr mittelgroß. Unter ihrem Kopfputz war schwarzes Haar zu erkennen, mehr aber nicht. Der Rest des Gesichts und Körpers war von Schleier und Gewand verdeckt.
»Was bedrückt Euch, meine Dame?« fragte Brian höflich. »Werdet Ihr verfolgt?«
Er warf einen Blick auf die Bäume hinter ihr, aber in dem Moment begann sie zu sprechen.
»Nein!« keuchte sie. »Ich bitte Euch, geehrte Herren, helft mir… in diesem schrecklichen Augenblick! Sie wollen… meinen Bruder… und meinen Vater töten!«
»Wo stecken die Schurken, meine Dame?« fragte Brian und stellte sich in den Steigbügeln auf, um die Bäume hinter der Frau besser sehen zu können.
»Nur ein kurzes Stück…«, antwortete sie. Ihr Gewand hob und senkte sich mit jedem Atemstoß. Ihre Stimme kam Jim irgendwie vertraut vor, aber er wußte nicht weshalb. Das war nicht die Stimme eines Mädchens oder einer sehr jungen Frau. »Diese Teufel… haben uns umzingelt. Sie tragen nur Keulen, aber es sind viele. Mein Vater und mein Bruder sind unbewaffnet. Sie besitzen nur ihre Dolche. Ich bitte Euch, helft ihnen. Helft ihnen im Namen Gottes!«
»Das werden wir auch sofort tun!« rief Brian. »Sonst möge ich niemals mehr ein Schwert ziehen! Gebt mir Eure Hand.«
Sie streckte ihre Hand aus, und Brian zog sie, ohne Anstrengung und ohne sich auch nur zur Seite lehnen zu müssen, hoch auf Blanchards Rücken.
Das alles schien ihm überhaupt keine Mühe zu bereiten, bemerkte Jim, und auch die Frau schien es für die selbstverständlichste Sache der Welt zu halten. Jim vergaß immer wieder, wie stark Brian war, und das trotz seiner Schlankheit und der Tatsache, daß er etliche Zentimeter kleiner war als Jim. Tatsächlich neigte Jim dazu zu vergessen, wie kräftig die Leute hier im Mittelalter waren.
Jim erinnerte sich, wie er, unmittelbar nach seiner Ankunft in dieser Zeit, so dumm gewesen war anzunehmen, seine größere Körperlänge und der lebenslange Sport würden ihn zumindest gleich stark, wenn nicht gar stärker machen als die meisten Menschen im vierzehnten Jahrhundert. Er wurde rasch eines Besseren belehrt.
Aber er durfte jetzt keine Zeit auf diese Frage verschwenden. Brian hatte Blanchard bereits die Sporen gegeben und war mit der Jungfrau in Not – wie Jim sie sogleich für sich nannte – in den Wald hineingaloppiert.
Der Rest folgte so schnell wie möglich, außer dem Packpferd, das, da es nicht länger mit der Führungsleine an Dafydds Pferd befestigt war, unbemerkt langsamer gegangen war und schließlich hinter einem Busch, der es vor den Blicken der Herrschaften verbarg, anhielt.
Nach weniger als dreißig Metern stürmten die übrigen auf eine andere, kleinere Lichtung. Brian brachte Blanchard in der Mitte zum Stehen, und die Jungfrau glitt vom Pferderücken.
Ein älterer und ein jüngerer Mann, die beide ein Zattelgewand über Hemd und Hose trugen, blickten sie an. Auf den Schultern der beiden lagen weiche Zipfelkapuzen, und ihre Gürtel stellten dekorative Imitationen ritterlicher Schwertgürtel dar. Der des älteren Mannes war besonders sorgfältig gearbeitet und mit Einlegearbeiten verziert – möglicherweise mit Gold, aber das konnte Jim in diesem Licht nicht genau feststellen –, von denen einige herausgefallen waren. Der Gürtel des Jüngeren war nur bemalt. Die Tracht der beiden wurde üblicherweise innerhalb einer Burg getragen. Beide Männer wirkten auf Jim eher beschämt und unbehaglich denn furchtsam.
Sie trugen wirklich Dolche, aber keiner der Männer hatte seinen gezogen – äußerst ungewöhnlich, wenn man doch angegriffen wurde. Jim starrte die Frau
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