Drachenritter 07 - Der Drache und der Wuzelkönig
meine Seele gerettet, James! Ich hätte lieber einen Arm oder ein Bein verloren als Blanchard. Ihr wißt, wieviel er mir bedeutet – und, um die Wahrheit zu sagen, er wäre noch mehr wert.«
»Ich weiß. Ach, kurz vor Eurem Zusammentreffen mit unserer Truppe hatte John Chandos mir gesagt, daß er sich sicher sei, daß Ihr da wärt. Er hatte Blanchard gesehen und ihn sofort wiedererkannt. Er sagte, daß Blanchard so viel wie ein Lösegeld für einen König wert sei.«
»Ein Lösegeld für alle Könige, die es je gab!« erwiderte Brian scharf. »Und auch dann würde ich ihn nicht verkaufen! Aber James – da Ihr schon mal hier seid, sollen wir die Zeit nicht angenehmer verbringen? Ich weiß, daß es keinen Zweck hat, Euch zu fragen, ob wir Wein trinken können, aber Dünnbier ist reichlich da, und vielleicht könnten wir eine Partie Schach spielen?«
Jim starrte seinen Freund einen Augenblick lang an. Brian schnitt nicht auf. Die Wunde in seiner Schulter mochte zwar weitgehend geheilt sein, schmerzte aber noch immer. Diesen Schmerz konnte Jim nicht lindern. Ein wenig Alkohol wäre da schon hilfreich gewesen, aber das wollte Jim bei der augenblicklichen Blutarmut seines Freundes nicht riskieren. Nun, ein wenig Ablenkung wäre auch nicht schlecht. Wenn Brian etwas zu tun hatte, konnte er den Schmerz vergessen – eine Fähigkeit, die Jim bewunderte. Könnte ich das jemals im gleichen Ausmaß? fragte Jim sich selbst – und wußte, daß die Antwort Nein lautete.
»Schach also«, sagte Jim.
Das war das wenigste, was er unter diesen Umständen für seinen Freund, den er fast getötet hätte, tun konnte. Dennoch war Jim von dem Vorschlag nicht restlos begeistert. Im zwanzigsten Jahrhundert hatte er sich für einen recht guten Schachspieler gehalten, aber die Regeln, mit denen Brian aufgewachsen war, hatten noch nie von einer Rochade gehört, und die Dame war statt der mächtigsten eine der schwächsten Figuren auf dem Brett, da sie nur diagonal und auch nur ein Feld weit ziehen durfte.
Diese Änderungen waren nicht so gravierend, als daß Jim nicht hätte spielen können, aber sie warfen all seine gewohnten Taktiken über den Haufen.
Nichtsdestotrotz spielten sie. Brian gewann drei Partien mit Leichtigkeit, was ihn sehr aufheiterte. Er war jetzt zufriedener als vorhin, obwohl er nun die ganze Wahrheit kannte. Nach seiner letzten Niederlage entschuldigte Jim sich damit, daß er sich noch um verschiedene Dinge kümmern mußte.
Als Jim Brians Zimmer verließ, ging er wie selbstverständlich die Treppen zur Kemenate hoch. Der Klang der Frauenstimmen stoppte ihn, bevor er noch die Tür öffnete.
Dies wäre vermutlich nicht der beste Zeitpunkt, um sich blicken zu lassen. Geronde und Danielle waren leicht verschnupft gewesen, als er sie vorhin getroffen hatte. Solange er den Grund dafür nicht kannte, war es vermutlich klüger, ihnen aus dem Weg zu gehen. Angie konnte allein bestimmt besser mit den beiden klarkommen.
Jim drehte also um und ging die Treppen wieder hinunter. Er fand Dafydd an der hohen Tafel in der Großen Halle, wo er wie üblich an einem seiner Pfeile arbeitete. Dafydd gehörte zu den Menschen, die ihre Hände immer beschäftigt halten mußten.
»Mylord«, grüßte er formell, als sich Jim zu ihm setzte.
»James«, korrigierte Jim ihn. »Nachdem wir uns so lange kennen, wie können wir da füreinander etwas anderes als ›James‹ und ›Dafydd‹ sein?«
Nichtsdestotrotz sah er Dafydd aufmerksam an. Der Freund verwandte immer die förmliche Anrede, wenn er beabsichtigte, Jim in einer Angelegenheit zu widersprechen. Das war eine Art Warnung, die besagte, daß er ernstgenommen werden wollte.
»Dann also James«, sagte Dafydd. Seine regelmäßigen Gesichtszüge und sein langer, schlanker Körper wirkten entspannt und ruhig wie immer. »Schön, Euch wohlauf zu sehen. Sagt Ihr mir auch, wie es Brian jetzt geht und wie er an seine Verwundung kam?«
Jim erzählte alles.
Er ließ nur aus, wie Brian angeworben wurde, für die zu kämpfen, die mit Königlichen Steuern unzufrieden waren. Brian hatte ihm das im Vertrauen mitgeteilt, und Jim würde es nicht ohne Erlaubnis weitererzählen, nicht mal einem so alten und guten Freund Brians wie Dafydd.
»…So«, faßte er zusammen, als er an die Stelle kam, wo sich die beiden Truppen im Skiddaw-Wald gegenüberstanden, »hatte ich nicht erwartet, daß Brian mir im Kampfe gegenüberstehen würde. Ich wollte ihm ausweichen. Er sah mich und hob die Lanze, um mich
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