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Drachenschwester 02 - Eltanins Verrat

Drachenschwester 02 - Eltanins Verrat

Titel: Drachenschwester 02 - Eltanins Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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Weg zwischen Beeten, die mit Büschen, Hecken und Bäumen bepflanzt waren. Dazwischen erkannte sie Ruinen aus römischer Zeit: Statuen, denen der Kopf fehlte, Reliefs, Gedenksteine mit Inschriften, die weißlich im Mondlicht schimmerten wie auf einem Friedhof.
    Sofia schluckte. Jetzt musste sie stark sein, stark und entschlossen, so wie Lidja und der Professor es sich von ihr wünschten. Sie unterdrückte alle Aufregung, ging weiter und gelangte zu einer Glastür auf der linken Seite, die wahrscheinlich zu dem Kreuzgang der Kirche führte, einer Sehenswürdigkeit, von der sie schon gehört hatte. Der obere Teil des Glases war zerbrochen und die Scherben lagen am Boden. Die Tür war nicht abgeschlossen, Sofia stieß sie auf und trat ein. Nun stand sie in einem kleinen Raum mit einer Theke an einer Seite und verschiedenen Schildern: Wahrscheinlich handelte es sich um den Kassenraum. Ein wenig Licht drang durch eine zweite Glastür, die ebenfalls eingeschlagen war. Vorsichtig schlich sich Sofia weiter. Mit Sicherheit war der Junge dort drinnen und plante irgendetwas. Er durfte sie auf keinen Fall hören. Sie musste ihn überraschen. Mit einem Mal erinnerte sie sich wieder an ihren ersten Kampf gegen einen Unterjochten am Ufer des Albaner Sees. Damals hatte sie entdeckt, über welche besondere Gaben sie verfügte. Sie erinnerte sich an den erloschenen Blick dieses Jungen, fast noch ein Kind, der sie angegriffen hatte, seine roten Augen und seine gleichgültige Miene, sowie auch an die metallenen Implantate in seinem Nacken. Sie wusste, dass Nidhoggr mit diesen Instrumenten Menschen versklavte, ihnen den eigenen Willen nahm und sie zu bloßen Maschinen in seinen Händen erniedrigte.
    ›Aber so wie dieser Unterjochte sieht der Junge nicht aus‹, überlegte Sofia, ›jedenfalls hatte er vorgestern nicht solche Augen. Vielleicht ist er doch etwas anderes.‹ Beruhigen konnte sie dieser Gedanke nicht. Wieder packte sie die Angst und zog ihr die Eingeweide zusammen, doch sie stemmte sich dagegen. Sie durchschritt auch die zweite Tür, und die kalte Luft dieses Winterabends erfasste sie. Jetzt war sie im eigentlichen Kreuzgang. Der Boden war mit Terrakotta gefliest, und ringsum verlief der Wandelgang, dessen Arkaden von schlanken, kunstvoll geformten Säulen getragen wurden. Einige wanden sich wie Korkenzieher um sich selbst, andere hatten genau in der Mitte einen Knoten.
    Dicht an die Wand gedrängt ging Sofia langsam weiter und schlich vorsichtig einmal ganz um den Hof herum. Es schien niemand da zu sein. In der Mitte des Kreuzgangs, jenseits der Säulen, lag ein Garten mit einem Brunnen. Aufmerksam suchte sie ihn mit Blicken ab, konnte aber auch dort niemanden entdecken. Wo hatte sich der Junge verkrochen? Längs der Wand waren verschiedene Türen, aber alle waren verschlossen und unbeschädigt. Also konnte er nirgendwo hineingeschlüpft sein. Aber wo war er dann?
    Sie ging unter die Arkaden zurück. Es war seltsam, aber von diesem Ort spürte sie eine starke Energie ausgehen. Auch wenn sie es sich nicht erklären konnte, fühlte sie, dass ihr dieser Ort bekannt vorkam, obwohl sie noch niemals dort gewesen war.
    Lautlos und vorsichtig schlich sie noch einmal alle vier Bogengänge entlang und spähte dabei aufmerksam in die Finsternis. Doch die Kapitelle der Säulen lenkten sie ab. Keine zwei Säulen waren identisch, alle waren mit unterschiedlichen Ornamenten und Figuren dekoriert. Und auf jeder der vier Seiten eines Kapitells waren anders gestaltete Gravuren zu sehen. Blumenmuster, aber auch Jagd- oder Kriegsszenen. Doch obwohl die Darstellungen so verschieden waren, schienen die Kampfszenen bei Weitem zu überwiegen.
    Plötzlich tauchte ein Blitz alles in ein grelles Licht. Der Kreuzgang löste sich auf, die Säulen und das ganze Gebäude schienen vom Erdboden verschluckt zu werden, und mit einem Mal wirkte alles so, wie es vor Jahrhunderten oder besser vor Jahrtausenden einmal ausgesehen haben musste. Von dumpf grollenden Erschütterungen erfasst, bebte die Erde, und die Luft war erfüllt von Gebrüll und spitzen Schreien. Und Sofia sah sie, gigantisch groß, wie sie sich in der Luft wanden, wie sie sich zwischen Blut und Flammen am Boden wälzten: dunkel, fast schwarz mit spitz zulaufenden Mäulern und schlanken Körpern die Lindwürmer, farbenprächtig die Drachen. In der Luft lag der säuerliche Geruch von verkohltem Fleisch, grau verhangen war der Himmel vom Rauch unzähliger Feuer. Aber das waren nicht ihre

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