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Drachenschwester 02 - Eltanins Verrat

Drachenschwester 02 - Eltanins Verrat

Titel: Drachenschwester 02 - Eltanins Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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Erinnerungen, sondern seine. Die von Thuban, der miterlebt hatte, wie all dieses Blut vergossen worden war, und der in diesem Kampf sein Leben verloren hatte.
    Aber so unvermittelt, wie sie gekommen war, verschwand die Szene auch wieder. Erneut stand Sofia in dem menschenleeren Kreuzgang. Aber jetzt wusste sie, wieso ihr dieser Ort so vertraut vorgekommen war: Hier hatten sich Drachen und Lindwürmer eine Schlacht geliefert. Offenbar war der Nachhall dieses denkwürdigen Kampfes mit den Jahrhunderten nicht verebbt, und die Menschen, die den Kreuzgang erbauten, hatten unbewusst die Erinnerung an das, was dort geschehen war, bewahrt. Obwohl sie keinerlei Überlieferung besaßen, hatten ihre Hände dieser ungeheuerlichen, urzeitlichen Schlacht in den Reliefs an den Kapitellen ein Denkmal gesetzt.
    Sofia ging weiter zum Brunnen in der Mitte des Innenhofs. Auch das Becken war rundum mit Reliefs überzogen, und darüber ragte eine Metallkonstruktion auf. Sie legte die Hände auf den eiskalten Stein und beugte sich hinüber. Aus dem Schacht drang ein schwacher Lichtschein zu ihr. Wieder zog ihr die Angst mit festem Griff die Eingeweide zusammen. Wahrscheinlich war der Junge dort unten. Sie presste die Hände so fest gegen den Brunnenrand, dass die Finger weiß wurden. ›Sei stark, Sofia! ‹, ermahnte sie sich selbst ein weiteres Mal. Mit einem Ruck stemmte sich hoch und schwang sich auf den Brunnenrand. Dann schloss sie die Augen, stieß sich ab und ließ sich fallen. Ihr wurde flau im Magen, und panisches Entsetzen überkam sie. Sie fiel und fiel. Rings um sie herum nur glatter Stein, der mit rasender Geschwindigkeit an ihr vorbeirauschte. Einen Augenblick lang dachte sie, dass unten am Boden nur harter Fels auf sie warten konnte – und ein grausamer Tod.
    ›Sei stark, Sofia!‹
    Plötzlich weitete sich der Raum um sie herum, und sie spürte, wie das Mal auf ihrer Stirn pulsierte und immer heißer wurde. Aus ihren Schultern ragten die ersten grünen Spitzen hervor und vergrößerten sich rasch zu riesigen Drachenflügeln. Sofort verlangsamte sich ihr Sturz, und nun flog sie in einem großen unterirdischen Raum, mit einem hohen Tonnengewölbe aus kleinen Backsteinen und vier langen Gewölbekappen. Er war sechseckig und wurde in der Mitte durch eine Reihe aus schneeweißen Säulen geteilt, die sich zu Kapitellen mit Drachendarstellungen verbreiterten. Die Bilder, die Sofia von Drakonien im Kopf hatte, passten genau zu dem, was sie vor sich sah: dem weißen Marmor von Gebäuden, Fialen, Statuen und Springbrunnen. ›Dieser Ort gehört den Drachen‹, dachte sie.
    Sanft landete sie auf dem Marmorfußboden und kauerte dort nieder. Sie lauschte. Ein Geräusch, einige Meter entfernt, ein Rascheln und Schaben, so als werde dort etwas durchwühlt. Sie stand auf, wobei eine Hand bereits zu strahlen begann, und ging, sich aufmerksam umblickend, weiter. Diese Halle schien eine Art verfallener Tempel zu sein. Sie erinnerte Sofia an die antiken Kirchen, von denen sie in einigen historischen Werken gelesen hatte. An den Wänden sah sie verblasste Fresken. Aber es war keine Heilige oder die Madonna dargestellt, sondern ein prächtiger Baum, riesengroß, mit dichtem Laubwerk, das wohl einmal sattgrün gewesen sein musste. Zwischen den Blättern entdeckte sie hier und dort einige herrliche Früchte. Fünf Drachen in unterschiedlichen Farben umringten den Stamm des Baumes. Sofia erkannte den grünen wieder, das war Thuban, und den roten, Rastaban. Die anderen drei kannte sie nicht. Denn nicht immer waren Thubans Erinnerungen, die sie überkamen, so klar, dass sie etwas mit ihnen anfangen konnte. Auf der gegenüberliegenden Wand war ein weiterer Baum dargestellt, der zwar kleiner, aber deswegen nicht weniger prächtig war. Sein Stamm war recht niedrig, seine Krone dafür auffallend breit. Zwischen den Blättern schimmerten runde Früchte in einem helleren Grün. Frauen in weißen Kleidern umtanzten den Baum und schienen ihn anzubeten. Eine von ihnen trug ein Gewand, das in der Taille mit einem goldenen Band gegürtet war. Sie war größer als die anderen und schien auch bedeutender als diese zu sein.
    Da riss ein Funkeln Sofia aus ihrer stummen Betrachtung. Es schien aus einer Nische in der Wand zu kommen, von denen es insgesamt sechs gab. Sie waren Altären ganz ähnlich. Dort sah sie ihn knien. Die Flügel an den Schultern waren verschwunden, doch sein Hemd war an den Stellen eingerissen, wo sie ihm gewachsen waren. In seinem Nacken

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