Drachenschwester 02 - Eltanins Verrat
wissen.
»Dass er sich dazu entschloss, an der Seite der Lindwürmer zu kämpfen.«
Lidja schüttelte den Kopf. »Wenn er auf ihrer Seite steht, sind wir geliefert«, erklärte sie. »Er verfügt über unsere Kräfte und unsere Erinnerungen. Bestimmt weiß er alles über uns. Und vielleicht weiß er sogar, wo die Frucht zu finden ist.«
»Es gibt keinen Grund, im Voraus aufzugeben. Überlegt doch mal. Wir könnten doch versuchen, ihn auf unsere Seite zu ziehen«, schlug der Professor vor.
»Aber du hast doch selbst gesagt, dass Eltanin böse ist.«
»Nein, Eltanin hat sich nur für das Böse entschieden. Niemand ist von Natur aus böse.«
»Aber Nidhoggr schon«, bemerkte Sofia.
Der Professor ging nicht darauf ein und sagte stattdessen: »Wären sie schon im Besitz der Frucht, würden sie mit Sicherheit nicht mehr hier herumgeistern. Und in dem unterirdischen Tempel war sie nicht, sonst hätte Sofia ihre Aura wahrgenommen. Es ist noch nicht alles zu spät. Wir müssen weiter suchen, nachforschen, recherchieren … Den Walnussbaum zu finden ist unser dringlichstes Ziel.«
»Niemand weiß, was aus ihm geworden ist. Es gibt nur viele verschiedene Theorien«, erklärte Sofia. »Gefällt wurde er aber von einem gewissen Bal… Bar…«
»Barbato«, ergänzte der Professor. »Der war damals Bischof von Benevent. Aber auch wenn heute keine sichtbaren Zeichen mehr von ihm übrig sind, müssten wir doch seine Gegenwart spüren können, weil etwas vom Weltenbaum in ihm steckt. Oder besser, ihr müsstet ihn spüren können.«
Lidja nickte entschlossen.
Dann wandte sich der Professor wieder Sofia zu. »Ich weiß, dass du noch nicht wieder richtig bei Kräften bist, aber wir brauchen dich dringend. Du hast ja schon in der Bibliothek recherchiert und Vorarbeiten geleistet. Darum wirst du dich weiter kümmern müssen.«
»Ja, gut«, stimmte Sofia mit schwacher Stimme zu.
Die Miene des Professors entspannte sich ein wenig. »Keine Sorge, das werden wir schon schaffen. Wir müssen nur fest an unsere Mission glauben und daran, dass wir alle Voraussetzungen haben, sie zu einem guten Ende zu führen.«
Lidja nickte wieder, und Sofia tat es ihr nach. Doch eigentlich war sie traurig. Vor allem wegen dieser unangebrachten Gefühle, die ein Feind in ihrem Herzen wachrief, und weil es ihr vorherbestimmt war, gegen jemanden zu kämpfen, der so war wie sie.
12
Nachforschungen
Sofia konnte es nicht fassen, dass ein Drakonianer ihr Feind sein sollte, und vor allem, dass dieser Feind so aussehen konnte wie Fabio. Sie konnte sein Gesicht einfach nicht aus ihren Gedanken verbannen. Seine Augen. Immer, wenn sie daran dachte, spürte sie, wie sich ihr Magen zusammenkrampfte. Und sie dachte oft an ihn. Sehr viel öfter, als ihr lieb war.
Und daher fühlte sie sich immer noch schwach, obwohl ihre Wunde mittlerweile fast vollständig verheilt war, und sehnte sich noch stärker als gewöhnlich nach Zuwendung. Zum Glück half ihr da der Professor. Bevor er sich selbst schlafen legte, schaute er immer noch einmal bei ihr vorbei, setzte sich zu ihr ans Bett und plauderte ein wenig mit ihr, bis ihr die Augen zufielen.
»Ich hab oft an dich gedacht, als ich in Ungarn war«, sagte er an diesem Abend zu ihr, während er ihr über das Haar strich. »Glaub nicht, dass mir der Entschluss leichtgefallen ist, dich zu Hause zu lassen, und dass es mir Spaß gemacht hat, die ganze Zeit so weit von dir weg zu sein.«
»Ach, Prof … so schlimm war das nicht«, schwindelte Sofia ein wenig. »Du hattest ja recht, es ist schon sehr schön hier im Zirkus, und man trifft so viele interessante Leute …«
Der Professor rückte sich die Brille auf der Nase zurecht, murmelte mehrmals »gut, gut« und fuhr schließlich mit der Hand in seine Jackentasche, aus der er ein kleines, in zerknittertes Geschenkpapier eingeschlagenes Päckchen hervorholte.
»Ich hatte es in meinen Koffer gelegt, und du glaubst ja nicht, wie ruppig die am Flughafen mit dem Gepäck der Passagiere umgehen …«, entschuldigte er sich, während er es ihr reichte. »Doch lass dich von der Verpackung nicht täuschen. Was drin ist, wird dir bestimmt gefallen.«
Mit klopfendem Herzen wickelte Sofia es behutsam aus. Es war nicht das erste Mal, dass ihr der Professor ein Geschenk machte, doch dieses hatte er aus der Ferne für sie mitgebracht, ein klares Zeichen, dass er wirklich an sie gedacht hatte.
Endlich fuhr Sofia mit den Fingerspitzen über einen kalten, glatten Gegenstand, ein
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