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Drachenschwester 02 - Eltanins Verrat

Drachenschwester 02 - Eltanins Verrat

Titel: Drachenschwester 02 - Eltanins Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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zu dem Nussbaum gelangt sind.
    »Idhunn muss vor so ungefähr dreißigtausend Jahren gelebt haben … Wie sollte sie …?« Lidja sah immer ratloser aus. »Dann sind Sie also ein Gespenst?«, fragte sie und trat unwillkürlich einen Schritt zurück. Gespenster waren ihr zwar etwas lieber als Schlangen, aber nur ein ganz klein wenig.
    »Eigentlich weiß ich selbst nicht, wie man mich nennen könnte. Ich kann euch nur erzählen, wie ich es geworden bin. Aber das am besten auf dem Weg zum Nussbaum. Kommt schnell, meine Tochter ist in Gefahr.«
    Lidja blickte zwischen der Alten und Sofia hin und her.
    »Vertraust du ihr?«, fragte sie schließlich. »Bist du sicher, dass sie keine Verbündete der Lindwürmer ist?«
    »Ja, ganz sicher. Ich kenne sie, auch wenn sie jetzt irgendwie fitter aussieht.«
    »Da kannst du recht haben«, nickte die Alte. »Die Rückkehr meiner Tochter hat mir neue Kraft gegeben. Eigentlich kann man sagen, sie hat mich wieder zum Leben erweckt.«
    Lidja und Sofia erschauderten. Die alte Frau schien wirklich ein Gespenst zu sein.
    »Dann also los«, sagte Lidja.
    »Bleibt dicht bei mir«, riet ihnen die Alte. »Dieser Ort reagiert auf eure Kräfte, aber ich kann euch verteidigen.« Sie streckte die erhobenen Hände vor der Brust aus, und eine hauchdünne bläuliche Barriere bildete sich um sie herum. »Kommt herein!«, forderte sie die Drakonianerinnen auf.
    Sofia und Lidja taten, wie ihnen gesagt wurde, vor allem auch, weil sie gerade wieder dieses entsetzliche Rascheln hörten, mit dem sich die Schlangenschar angekündigt hatte.
    »Wenn wir fliegen, sind wir schneller am Ziel«, sagte Lidja und schlang die Arme um die Hüften der Alten, während ihr bereits die rosafarbenen Flügel aus den Schultern wuchsen.
    Gerade rechtzeitig, bevor die Schlangen wieder in Massen den Erdboden bedeckten, hoben sie ab. Und im Flug erzählte die Alte.

    Meine irdische Existenz liegt mehr als tausend Jahre zurück. Zu jener Zeit war Romualdo Herzog von Benevent und entlang des Flusses Sabato wurden noch seltsame Riten gefeiert, gegen die Bischof Barbato von der Kanzel wetterte.
    Lange Zeit wusste ich nicht, wer Idhunn tatsächlich war. Für mich war sie einfach nur Matilde, meine Tochter. Zusammen führten wir ein bescheidenes Leben, nur wir beide, sie und ich. Sie war mein Ein und Alles.
    Durch einen Zufall fand ich heraus, dass sie sich hin und wieder nachts aus dem Haus schlich. Wohin und zu welchem Zweck, wusste ich nicht, aber wenn sie morgens heimkehrte, hatte sie tiefe schwarze Ringe um die Augen und ein eingefallenes Gesicht wie nach einer schlaflosen Nacht. Das geschah immer bei Vollmond.
    Sie erklärte das damit, dass sie nicht schlafen könne. Doch eine Mutter merkt, wenn ihr Kind lügt.
    Und so folgte ich ihr eines Nachts. Der Nussbaum, dieser unheilvolle Baum, über den die ganze Stadt sprach, war vom Licht Aberdutzender Kerzen erhellt. Aber die jungen Mädchen waren nicht nackt, wie alle erzählten, und ich sah auch keine Teufel oder schwarzen Katzen umherspringen. Die Mädchen sangen in einer Sprache, die ich nicht kannte, verehrten den Baum, sprachen Gebete und opferten ihm.
    Matilde war unter diesen Mädchen. Sie war ganz in Weiß gekleidet und schien die Anführerin zu sein. Wunderschön sah sie aus, ihre Haut strahlte frisch, in ihrem Blick lag etwas Frommes. Idhunn nannten die anderen sie.
    Am nächsten Tag sprach ich sie darauf an, flehte sie an, von diesem Weg umzukehren, ganz egal, was sie da taten, versuchte ihr klarzumachen, dass man sie verfolgen und umbringen würde.
    Doch sie war unerschütterlich und erzählte mir eine Geschichte, die ich nicht verstand, von einem Baum, der seine Früchte verloren habe, von Kämpfen zwischen sagenhaften Tieren und von Menschen, die diese Früchte beschützt hätten und Hüter genannt würden. Doch ich wusste, was Bischof Barbato sonntags in der Kirche predigte, und musste immer daran denken, dass man all diese Mädchen, obwohl sie nichts Böses getan hatten, als Hexen verurteilen würde.
    Und so kam es dann. Bischof Barbato persönlich führte die aufgepeitschte Menge an, die mit Fackeln und Mistgabeln bewaffnet war. Ich sah den Wahnsinn in den Augen dieser Menschen, die mir sehr viel größere Angst machten als die jungen Mädchen, die sich nachts um einen Baum versammelten. Und zu diesem Baum zog die Menge, um ihn zu fällen.
    Als Matilde mir an diesem Abend sagte, sie wolle das Haus noch einmal verlassen, versuchte ich mit allen Mitteln, sie davon

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