Drachenseele (German Edition)
Marcus bei seinem Durst sehr entgegen kam. Die Damen der Flu g begleitung blieben bis zum Aussteigen um Marcus bemüht, boten ihm sogar an, ihn zum Arzt zu fahren.
Der zweistündige Aufenthalt auf dem Amsterdamer Flughafen bedeutete für Marcus die reinste Strafe. Für ein weiches Bett hätte er jetzt wirklich alles gegeben, zumindest aber wäre eine Gelegenheit sich hinzulegen mehr als willkommen. Seine Schu l terschmerzen empfand er heftiger als heute morgen. Trotz se i ner Erschöpfung bemühte er sich wach zu bleiben. Schlafen konnte er im Flugzeug, aber nicht hier. Am Ende ve r passte er noch seinen Flug. Nach all den Strapazen wäre das die Katas t rophe.
Nach einer unbestimmten Zeit fiel Marcus’ Kopf nach vorn. Er schreckte auf und schaute auf die Uhr. Zum Glück war er nur kurz eingenickt. Dies durfte ihm kein weiteres Mal passieren. In einem Restaurant bestellte er einen Espresso, um etwas munterer zu werden. Der Erfolg ließ auf sich warten, schli m mer, jetzt bekam er auch noch Schüttelfrost. Mit dem Aufruf seiner Flugnummer folgte die Erlösung. Er biss die Zähne au f einander und versuchte aufrecht zu gehen.
„Nicht schlapp machen“, sagte er zu sich selbst. Sein Bewusstsein schien wie vernebelt. Wie er letztlich auf seinen Sitzplatz gekommen war, blieb ihm schleierhaft. Er legte den Sicherheitsgurt an, lehnte sich zurück, um augenblicklich einzuschlafen.
„Soll ich einen Arzt rufen?“, fragte vermutlich die Stewardess in Englisch. Ihre Hand lag auf seiner unverletzten Schulter. Glücklicherweise saß er mit der linken Seite zum Fenster. Marcus schüttelte den Kopf, blinzelte mit den Augen. Seine Müdi g keit hielt ihn noch gefangen. Er musste sich wach kämpfen.
„Sie müssen jetzt aussteigen, Mister!“
Er sammelte seine letzten Kräfte, um aufzustehen. Anfangs drehte sich alles um ihn herum, dies ließ nach fünf Schritten nach. Nur seine mit Pudding gefüllten Knie behinderten ihn beim Laufen. Sein gesamter Körper zitterte. Schleppend erreichte er die Halle, in der die Laufbänder für die Koffer, wenn auch noch ohne Gepäck, bereits ihre Runden zogen. Marcus setzte sich auf einen der Kofferwagen. Jetzt fühlte er sich noch viel müder, als vorhin in Amsterdam. Der Weg, nach draußen zum Wagen, war nur ein Katzensprung, bedeutete für Marcus jedoch viel Überwindung. Inzwischen ging es ihm derart elend, dass er sich am liebsten hier auf den Boden hingelegt hätte. Für einen Moment schaute er auf, erkannte unter den fahrenden Koffern seine dunkelgrüne Reisetasche. Aufstehen?
Unmöglich, ihm fehlte die Kraft auch nur die Augen offen zu halten. Wie ein Blitzschlag fiel ihm ein, in drei oder vier Stunden forderte Narvalvar sein Recht auf Verwandlung. Bis dahin musste er auf der Insel sein. Marcus raffte sich auf, steuerte auf die Reisetasche zu und zog diese auf den Boden. Um sie zu tragen, war er zu schwach. Phlegmatisch, so schien es ihm j e denfalls, bewegte er sich auf den Ausgang zu, wobei er sein Gepäckstück hinter sich her zog, als habe es Rollen. Beinah hatte er es geschafft.
Beinah!
Durch die Glastüren erkannte er den Kleintransporter mit den verdunkelten Scheiben vor dem Flughafengebäude stehen. Nur bis zum Wagen musste er es schaffen, dann war er in Sicherheit und konnte schlafen. Kurz blieb er stehen. Seine Schu l terschmerzen raubten ihm die Sinne. Sein linker Arm hing he r unter, als würde er nicht zu ihm gehören.
„Narvalvar!“, hörte Marcus William sagen. Marcus schaute auf. Was für ein erlösender Anblick dieser Mann war.
„Steigt ein, ich kümmere mich um alles.“ Er nahm Marcus die Reisetasche ab.
Richard
D er pochende Schmerz in seiner Schulter holte ihn aus dem dösenden Zustand. Blinzelnd öffnete Narvalvar die Augen. Er erblickte dunkle Schatten, die wie düstere Monster wirkten. Je mehr er zu sich kam, desto mehr erkannte er seine Umgebung. Schroffe sandsteinfarbene Felsen umgaben ihn. Feucht roch es hier, nach Meer, nach dem Salz in der Luft.
Er befand sich in einer Höhle! Warum konnte er sich nicht an den Moment der Verwandlung erinnern und wo zum Drachenfeuer war er? Langsam erhob er sich, bemerkte dabei seinen linken Flügel, der durch ein Tuch an seinem Körper festgebu n den war. Während er sich weiter umsah, spürte er eine gewaltige Unruhe in sich wachsen. Er sah keinen Eingang, somit auch keinen Ausgang.
Diese Tatsache brachte sein Herz auf Hochtouren. Narvalvar stellte sich auf. Der feine Sand unter den Füßen fühlte sich warm
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