Drachenseele (German Edition)
zurück. Sein Blick fiel auf das Handy dort am Boden. Das Ding war der Schlüssel zu allem, also weg damit. Zwischen die Zähne packend, warf er es ins Wasser. Nun konnte er ohne Bedenken seiner Freiheit entgegen schwimmen.
Ein herrlich befreiendes Gefühl, endlich wieder im Wasser sich unbeschwert bewegen zu können. Auch wenn Richard hervorragend für ihn gesorgt hatte, seine Fische selbst zu fangen, war wirklich etwas anderes. Alles, was nun zu seinem Glück fehlte, war Nicole. Ob sie für ihn nach seinem abweisenden Auftritt am Bahnhof noch Interesse hegte, blieb jedoch fra g lich. Zumal er sich vorgenommen hatte, am gleichen Tag sich bei ihr per Telefon zu entschuldigen. Inzwischen waren bereits sechs Tage vergangen. Nach seinem Ausflug hier könnte er in sein Dachzimmer zurückkehren und sich unverzüglich bei N i cole melden. Diesmal musste er geschickter vorgehen, Stones durfte von dem Kontakt nichts mitbekommen. Im nahe geleg e nen Ort wollte er sich als Marcus Sonntag ein Postfach einric h ten lassen, zu dem nur er allein Zugang hatte.
Ein Stechen in seinem linken Flügel unterbrach seine Gedanken. Jede Schwimmbewegung verstärkte seine Beschwerden. Für eine Weile ließ er sich im Wasser treiben, in der Hoffnung seine Schmerzen würden nachlassen. Narvalvar meinte, glühend heiße Nadeln durchbohrten seinen Flügel. Die brennenden St i che fühlten sich auch im Ruhezustand nicht erträglicher an. Über einen Flugversuch, der vielmehr Kraft erforderte, brauc h te er gar nicht nachzudenken. Es blieb ihm nur die Möglichkeit in die Höhle zu Richard zurückzukehren. Auch wenn ihn das nicht so störte, musste die Angelegenheit mit Nicole erneut versch o ben werden und genau das passte ihm so gar nicht.
Als Narvalvar in der Höhle auftauchte, hockte Richard auf dem kleinen Fels. Er sah sehr blass und ernst aus, als habe er schlechte Nachrichten erhalten. Vor ihm stand Stones, der in diesem Moment zum Wasser schaute, dabei zog er seine Augenbrauen herunter. Augenblicklich spürte Narvalvar eine inn e re Unruhe in sich wachsen. Wäre da nicht sein schmerzender Flügel gewesen, hätte er auf der Stelle kehrt gemacht. Stones kam auf ihn zu. Er rieb sich mit der Hand über den Mund, dann holte er tief Luft und seufzte.
Erst nach einigen Atemzügen schien er die richtigen Worte gefunden zu haben. „Das Schicksal will Euren Platz auf dieser Erde nicht billigen.“ Stones senkte kurz den Kopf, „Gestern verstarb ganz plötzlich Euer Drachenwächter, Narvalvar. Nachdem dann noch ein Herr Martens hier auftauchte, muss ich im Namen der Drachengemeinschaft handeln.“
Sven!
Bis nach England war er ihm gefolgt. Ob ihn Nicole darum gebeten hatte? Vielleicht war sie ja auch hier.
„Herr Martens gehört dem Militär an.“ Stones schüttelte den Kopf. „Ihr habt keine Vorstellung, wie das für Euch hätte enden können. Eure Unerfahrenheit ist für Euch selbst und für alle lebenden Drachen zu gefährlich. Auch wenn Ihr mich jetzt für ein Monster halten werdet, Narvalvar, ich muss Euch in Gewahrsam nehmen.“
Narvalvar bemerkte, wie er den Kopf hob. Stones meinte seine Worte bitter ernst.
„Wenn Ihr Euch weigert, werde ich Euch töten müssen, auch wenn das ganz bestimmt nicht in meinem Sinne ist, Narvalvar. Meine Aufgabe, das Geheimnis der Drachen vor der Menschheit zu schützen, bedeutet auch Opfer zu bringen. In diesem Fall ... wäre es Euer Leben.“
Diese Worte brachten Narvalvars Blut zum Brodeln. Stones griff in seine Tasche, ohne die Hand herauszuziehen. „Bitte verzeiht mir Narvalvar.“ Mit der ersten Silbe seines Namens durchfuhren tausend brennende Nadeln seinen Hals, als würde er in unzählige Stücke gerissen. Narvalvar hörte sich röcheln, trotz seines schmerzenden Flügels bemerkte er, wie er heftig flatterte. Der bestialische Schmerz aus dem Halsband durchzog seinen gesamten Kopf, bis runter in seine Brust hinein. Verzweifelt versuchte Narvalvar Luft zu bekommen. Seine Lunge schien wie gelähmt. Seine Augen waren weit aufgerissen, das spürte er deutlich, nur sehen konnte er nichts mehr. Seine Kraft, sein Widerstand ließen nach, während der Schmerz im Hals zunahm. Träge fühlte er seine Flügel auf der Wasseroberfläche aufkommen und wie sein Kopf auf den rauen Felsen sank.
Gefangen
N arvalvar nahm eine unbekannte tiefe Stimme wahr. „Ich sollte das hinbekommen. Schließlich war ich in seinem Alter nicht viel anders.“
„Doch, das warst du. Sein fehlendes Wissen wird ihm
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