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Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition)

Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition)

Titel: Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Alderwood
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einen Schritt machten, brauchte Janica zwei oder drei.
    Endlich schienen sie angekommen zu sein, Avid hielt inne, stieß eine reich verzierte Tür auf. Die Pracht des Raumes, den sie nun betraten, raubte Janica den Atem. Ein von üppigen Blütenarrangements umrahmter Springbrunnen plätscherte leise, durch die filigranen Fenstergitter zauberten Sonnenstrahlen gleißende Muster über die Landschaft aus Kissen und Diwanen. So also sah ein Haremsquartier von innen aus. Nur dass Avids Frauengemächer ziemlich leer wirkten. Ganze vier Personen wandten den Ankömmlingen ihre Köpfe zu. Und wenn der Prinz nicht ganz und gar pervers veranlagt war, dienten diese Menschen keinesfalls der Befriedigung gewisser Bedürfnisse des Hausherren.
    »Mein Herr Vater geruhte, mir diese Sklavin zum Geschenk zu machen!«, verkündete Avid lauthals, dann lächelte er Janica etwas schief zu. »Darf ich dir die Schwester des Sultans vorstellen? Meine Tante Waja Gura Waradem lebt in meinem Hause, weil sie sich sonst stets und ständig mit meinem Vater streitet. Es ist gesünder für uns alle, wenn die beiden sich nicht begegnen.«
    Die ältere Dame am Stickrahmen stieß ihre Nadel heftig in den Stoff und runzelte ihre Stirn. Sie sah dem Herrscher mit diesem Gesichtsausdruck tatsächlich sehr ähnlich, nur dass sie keinen Bart trug. Zu ihren Füßen saß eine weitere, schlicht gekleidete alte Frau, die nur kurz innegehalten hatte, einen Knäuel bunten Stickgarns zu entwirren.
    »Du siehst hier noch Nadana, meine Amme. Sie zog mich groß, nachdem meine Mutter bei meiner Geburt gestorben war. Und das kleine Mädchen neben ihr heißt Inna, behauptet sie jedenfalls. Tante Waja hat sie halb verhungert auf dem Markt der Stadt aufgesammelt.« Avid sah sich zu dem haarlosen Greis um, der bei ihrer Ankunft aus einem Schläfchen aufgeschreckt war. Der Alte hatte sich jetzt mittels einer Lanze in eine stehende Position gehievt und grinste den Prinzen freundlich an. Das sah ein wenig gruselig aus, denn dem alten Eunuchen fehlte nicht nur die Zunge, sondern auch sämtliche Zähne.
    »Das ist La’ad, mein Haremswächter. Mein Vater ist der Meinung, dass ein Harem zumindest von einem Eunuchen bewacht werden muss, sonst treiben die Weiber Unfug. La’ad war schon der Wächter meiner Mutter und erfüllt seine Aufgabe noch immer hervorragend!«
    »Ihr bringt eine Frau nach Hause, Gebieter? Darf ich sie ansehen?« Inna hatte das Äffchen losgelassen, das sie auf ihrem Schoß gehalten und gestreichelt hatte. Sie streckte ihre Hände nach vorn. Das Mädchen hatte sein Gesicht zwar Janica und Avid zugewandt, aber sein Blick ging ins Leere.
    »Sie ist blind und möchte dein Gesicht abtasten!«, erklärte Avid unnötigerweise, denn das hatte Janica schon selbst erkannt. Sie ließ sich auf die Knie fallen und griff nach den Kinderhänden, um sie sich auf die Wangen zu legen. Die Kette klirrte leise.
    Avid schlug sich die Hand vor die Stirn.
    »Dieser schmierige Händler! Warum lässt er das Theater mit den Ketten nicht einfach! Wo bekomme ich jetzt nur den Schlüssel her?«
    Der Eunuch lehnte bedächtig seine Lanze an die Wand und wühlte in den Falten seiner Pluderhose, um gleich darauf seinem Herrn einen kleinen Schlüssel zu präsentieren. Avid griff danach und hockte sich tatsächlich auf den Boden neben Janica, um ihr die Fesseln abzunehmen.
    »Wie heißt du eigentlich?«
    »Janica. Ich bin … war die Prin… äh, Zofe der Prinzessin des Westlichen Königreiches!«
    »Ah! Ich hatte mich schon gewundert, wieso du unserer Sprache mächtig bist. Du musstest also mit der Königstochter die Alten Worte lernen. Spielst du auch Schach?«
    Janica nickte und rieb sich die geschundenen Handgelenke.
    »Wie schön! Dann können wir bei Gelegenheit zusammen eine Partie spielen!« Avid richtete sich wieder auf und schickte sich an, den Raum zu verlassen.
    »Moment, lieber Brudersohn!« Avids Tante hatte eine ebenso kräftige und befehlsgewohnte Stimme wie der Sultan selbst. Waja deutete mit herrischer Geste auf Janica.
    »Was gedenkst du, sollen wir mit ihr machen? Schau uns an, wir sind alle nicht in der Lage, auf eine Sklavin aufzupassen, damit sie dir nicht davonläuft!«
    Avid umfasste in grübelnder Geste mit der rechten Hand sein Kinn.
    »Du hast recht, Tante Waja. Sperrt sie in die Gemächer der Gemahlin ein. Sie soll alles haben, was sie möchte. Ich werde mich später mit diesem Problem beschäftigen!«
    Janica glaubte, nicht recht zu hören. Sie war jetzt also ein

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