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Drachensturm

Titel: Drachensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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so stark ist, wie er glaubt.
    Erschrocken schüttelte er den Kopf. Es war nicht gesagt, dass Jatunaq tot war. Er mochte entkommen sein. Er war stark, klug und tapfer – er durfte einfach nicht tot sein. Die düsteren Gedanken bedrückten ihn, und das Laufen fiel ihm viel schwerer als sonst. Dennoch rückten die steilen Hänge der Berge näher, und dann fiel Kemaq etwas auf: Im Hang hing eine Staubwolke. Er sah genauer hin. Es wirkte, als ob dort viele Menschen auf dem Pfad von Tikalaq herunterkämen. Eine Zeitlang dachte er, es könne eine große Herde Lamas sein, aber dann wurde ihm klar, dass das Unsinn war. Wer sollte jetzt eine Herde aus den Bergen herabtreiben? Und vor allem, wohin? Chan Chan war in der Hand eines grausamen Feindes. Kurz darauf sah er unter dem Staub hier und dort etwas hell aufblitzen. Dann begriff er endlich: Das war das Heer aus Tikalaq! Es marschierte, zum Krieg geschmückt, in die Ebene, um sich dem Feind zu stellen. Umso besser, dachte er grimmig, das erspart mir einen guten Teil des Weges. Es störte ihn nicht im Geringsten, dass er somit seinem unvermeidlichen Tod vermutlich noch etwas früher begegnen würde.
    » Veredeln, sagst du?«, fragte Nabu nachdenklich.
    » Das waren seine Worte«, erwiderte Mila. » Übrigens«, fügte sie schuldbewusst hinzu, » er hat mich gefragt, ob ich es als Geheimnis bewahren könne.«
    » Und du erzählst es mir trotzdem?«
    » Er hat es mir erzählt, bevor ich antworten konnte.«
    Nabu schnaubte. » Das sind Spitzfindigkeiten, oder?«
    Jetzt hatte Mila wirklich ein schlechtes Gewissen. » Ich werde wohl mit Fray Celso reden müssen. Dabei habe ich doch erst vor Kurzem gebeichtet.«
    » Ich würde damit noch warten«, meinte Nabu.
    » Warum?«, fragte sie verwundert.
    » Bei jedem anderen Mann hätte ich dir die Beichte sehr ans Herz gelegt, auf dass deine Seele die nötige Reinigung erfahren möge, aber bei dem Stinker ist das vielleicht nicht nötig.«
    » Du sollst ihn nicht so nennen, Nabu.«
    » Ich rieche doch jetzt noch, dass du bei ihm warst, Prinzessin«, antwortete Nabu gelassen. » Ich wollte eigentlich auch eher darauf hinaus, dass er vielleicht gar nicht wollte, dass du es geheim hältst.«
    » Das verstehe ich nicht«, klagte Mila.
    » Schau, ich denke, er wollte vielleicht, dass du mit mir darüber redest, oder er wollte nur herausfinden, ob du den Mund halten kannst, und was das betrifft, so hoffe ich, dass du unser Geheimnis besser verwahrst als seines«, ergänzte der Drache spöttisch.
    Mila schwieg verärgert.
    » Es gibt hier schon genug Männer und Drachen, die wissen, wonach der Stinker sucht. Es ist also eigentlich kein Geheimnis«, erklärte Nabu.
    » Er sucht nach Silber?«, fragte Mila verwirrt.
    » Sicher nicht, Prinzessin. Er sucht nach dem, womit das Silber veredelt wurde.«
    Mila dachte nach. Dann fiel ihr das Wort wieder ein, das sie einmal gehört hatte: » Azoth?«, fragte sie.
    Aber darauf antwortete Nabu nicht.
    Kurz darauf erschien Felipe. » Es tut mir leid, Condesa, aber der Zeugmeister der Konquistadoren hat keinen kleineren Helm gefunden. Er hat jedoch diesem hier eine doppelte lederne Kappe eingefügt, so könnte er besser passen.«
    Mila betastete den Helm. Es war ein spanischer Morion, mit hohem Kamm und der typischen, vorn und hinten nach oben geklappten breiten Krempe. Ihre Finger strichen über die feine Ziselierung. » Das scheint mir sehr gute Schmiedearbeit zu sein«, lobte sie, » ich danke dir.«
    » Dankt nicht mir, sondern dem Einfluss Eures Onkels, Condesa. Ich glaube nicht, dass sich der Zeugmeister sonst von diesem schönen Stück getrennt hätte.«
    » Das werde ich am besten gleich tun, denn ich habe noch die eine oder andere Frage an ihn, die mir andere zwar auch beantworten könnten, es aber nicht wollen«, sagte sie, doch Nabu, dem der Seitenhieb galt, reagierte nicht.
    Mila kam nicht dazu, ihren Onkel aufzusuchen, denn Marschall di Collalto erschien und hatte für sie, Sir William und Waleran de Martel neue Befehle: » Wir sind nun schon fünf Tage hier, und noch immer haben wir nichts von den Herren dieses Landes gehört. Steigt auf und sucht nach Anzeichen für ein Heer. Haltet auch nach einzelnen Läufern Ausschau und fangt einen, wenn Ihr könnt. Wir könnten seine Dienste brauchen.«
    Das Lager des Heeres fand sich am Fuß der Berge, unweit des Chaskiwasi, an dem Kemaq in den vergangenen Tagen schon so oft vorübergekommen war. Dieses Mal wurde er jedoch nicht von einem anderen

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