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Drachensturm

Titel: Drachensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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unterstellt, er würde unter dem Schutz der fliegenden Götter stehen. Das war lächerlich. Einer von ihnen hatte am Frühlingsfluss versucht, ihn umzubringen. Dennoch … der blaue Yaya und seine blinde Reiterin kreuzten immer wieder seinen Weg. Ob das nur Zufall war?
    » Hast du dich verlaufen, Chaski? Das ist nicht der Weg nach Tanyamarka.«
    Kemaq fuhr herum. » Melap! Wie … wie bist du hierhergekommen?«, fragte Kemaq stotternd.
    » Zu Fuß, wie sonst?«, entgegnete der Chachapoya trocken.
    » Aber du warst schneller als ich!«, rief Kemaq empört. » Das ist Zauberei!«
    Der Chachapoya ging nicht darauf ein: » Mir scheint, deine Beine sind besser als deine Ohren. Nie hörst du auf das, was dir kluge Menschen raten.«
    Kemaq runzelte die Stirn. » Ich habe einen Auftrag, Melap. Den werde ich erfüllen.«
    » Aber er führt dich nach Caxamalca und zu Atahualpa. Beide solltest du meiden, denn Pachakuti ist eingetreten, die Zeitenwende, die das Ende des Sonnenvolkes bringt.«
    » Aber du bist doch selbst auf dem Weg dorthin, Melap!«, rief Kemaq. Er war aufgebracht, weil er das Gefühl hatte, dass der alte Chachapoya ihn verspottete.
    Melap sah ihn so durchdringend an, das Kemaq verlegen den Blick senkte. » Ich habe Aufgaben, Kemaq, schwere Aufgaben, die ich erfüllen muss, und bei denen ich dich nicht gebrauchen kann. Verschwinde endlich, geh nach Tanyamarka, denn bist du erst einmal im Lager von Atahualpa, kann ich nur noch wenig für dich tun.«
    » Ich will auch gar nicht, dass du etwas für mich tust, Melap«, entgegnete Kemaq trotzig, » ganz im Gegenteil, du willst doch, dass ich etwas für euch tue!«
    » Du bist ein Narr, Kemaq aus Tikalaq, und meine Geduld mit dir ist bald am Ende.«
    Kemaq zuckte mit den Achseln und rief: » Entweder du sagst endlich, was ihr von mir wollt, oder du verschwindest und lässt mich meinen Auftrag erfüllen.«
    Melap starrte ihn kurz an, dann drehte er sich auf dem Absatz um und ging. Kemaq sah ihm nach, bis er hinter einigen Büschen verschwand. Einen Augenblick lang kämpfte er mit sich, dann siegte die Reue. Er lief hinter dem Chachapoya her und rief: » Melap, warte! Es tut mir leid!« Aber Melap antwortete nicht, und als Kemaq nach ihm suchte, konnte er ihn nicht finden.
    Mila hatte den Anführern gemeldet, dass Nabu die Zelte vieler tausend Krieger gesehen hatte, eine Meldung, die auf Unglauben stieß. Hernando Pizarro bezweifelte lautstark, dass Drachen zuverlässig schätzen konnten, und sein Bruder Francisco stimmte dem zu und meinte, es käme ohnehin nicht auf die Zahl, sondern auf die Waffen und die Entschlossenheit an. Er verwies erneut darauf, dass Gott mit ihnen sei, und dass man in der Stadt durch Almagros Männer und weitere Drachen verstärkt würde. Sie gaben sich nicht die Blöße, den Gesandten nach der Größe von Atahualpas Heer zu fragen. Mila war inzwischen klar, dass Francisco Pizarro nur versuchte, seinen Männern Mut zuzusprechen. Sie war sich aber nicht sicher, ob ihm das gelang. Jetzt, am Nachmittag, saß sie am Rand des Lagers auf einem Stein, und Ruiz beschrieb ihr die Mauern einer Stadt, die in einiger Entfernung vor ihnen lag. Es war jene, bei der Mila die alte Indio-Frau getroffen hatte.
    » Wir stehen gewissermaßen auf den letzten Hügeln des Hochlandes, dann geht es endlich hinab ins Tal, Condesa«, sagte der Waffenknecht. Dann schränkte er ein: » Ich glaube, dieses Tal liegt immer noch einige tausend Fuß höher als die Stadt unten an der Küste, aber genau weiß ich es nicht. Es ist nur ein Gefühl.«
    Ein schwacher Duft nach Schwefel wehte heran. » Immer noch mehr als siebentausend Fuß, Comtesse«, sagte der Alchemist, als er näher trat. » Bemerkenswert, dass die Indios in dieser Höhe noch so fruchtbare Felder anlegen, nicht wahr? In der Alten Welt findet Ihr so etwas nicht. Und diese Straße – ich glaube, bessere gibt es in ganz Spanien nicht.«
    » Ja, sie vollbringen Erstaunliches«, stimmte Mila zu.
    » Bedauerlich, dass nicht alle von uns diese Leistungen sehen, geschweige denn anerkennen«, fuhr der Gelehrte fort.
    Mila nahm an, dass er auf die Padres anspielte, und hielt es für klüger, nicht darauf einzugehen. Sie wandte sich an den jungen Kastilier und sagte: » Ich glaube, einige der Riemen auf der rechten Seite von Nabus Geschirr müssen geflickt werden. Das Leder knarrt dort sehr, und der Sattel scheint immer ein wenig nach links zu rutschen. Geh doch bitte und sieh, was du da tun kannst.«
    Ruiz trollte sich.

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