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Drachensturm

Titel: Drachensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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Er sagte zwar nichts, aber Mila konnte seinen Mangel an Begeisterung spüren. Eigentlich hätte er selbst merken müssen, dass das Geschirr geflickt werden musste, aber er war nicht der Mann, dem etwas auffiel, was Arbeit nach sich ziehen konnte.
    » Ihr solltet vorsichtiger sein, Meister Albrecht. Wenn den Priestern Eure Worte zu Ohren kommen, kann Euch das sehr schaden«, sagte sie, als Ruiz gegangen war.
    » Wirklich? Ich gebe nicht viel darauf, was diese Männer sagen, Comtesse. Ich glaube, einige von denen wollen immer noch glauben, dass die Welt eine Scheibe ist, auch wenn sie mit ihren Füßen auf dem Beweis des Gegenteils stehen.«
    Mila lächelte. » Seid Ihr nur zu mir gekommen, um Euch über unsere Priester zu beschweren, Meister Albrecht?«
    » Wie? Nein, natürlich nicht, verzeiht, dass ich meinem Unmut in Eurer Gegenwart Luft mache. Aber Ihr werdet sicher verstehen, Comtesse, dass der negative Einfluss, den Pater Valverde auf die Entscheidungen der Pizarros hat, mich nicht kaltlassen kann.«
    » Es ist Euch also nicht gelungen, Don Francisco umzustimmen? Das darf Euch nicht wundern. Er verfolgt seine eigenen Ziele«, erklärte Mila.
    » Das ist leider nur zu wahr. Aber lassen wir das, denn es ist für einen Wissenschaftler nicht gut, sich zu ärgern, trüben Gefühle doch den Blick auf das Wesentliche. Ich würde gern Eure Meinung zu einem Punkt hören, der mich die vergangene Nacht nicht schlafen ließ, Comtesse.« Er legte eine kurze Pause ein, dann fuhr er fort: » Tamachoc, dieses Wort, genauer, die letzten beiden Silben, achoc – geht es nur mir so, oder hört auch Ihr da eine große Ähnlichkeit zu Azoth ?«
    Mila dachte darüber nach, dann antwortete sie: » Das kann auch nur ein Zufall sein, Meister Albrecht. Ich habe hier schon viele Worte gehört, die auf choc oder ähnlich enden.«
    » Wirklich? Nun, Ihr kennt diese Sprache besser als ich, und doch, es passt einfach zu gut, Comtesse. Die Hinweise verdichten sich, wenn Ihr so wollt; die Regenschlange, Tamachoc, das könnte uns wirklich zum Azoth führen, wenn es tatsächlich die Mutter der Drachen war, die den Stein über das Meer forttrug, wie die Legende sagt.«
    Mila runzelte die Stirn. Sie hatte mit Nabu darüber gesprochen, und der hatte etwas gesagt, das ihr jetzt wieder in den Sinn kam: » Verzeiht, Meister Albrecht, aber warum sollte Tamachoc, der doch den Regen bringt, in Verbindung stehen zu den Drachen, die Wesen des Feuers sind?«
    Sie konnte förmlich spüren, wie tief der Einwand den Gelehrten traf. Schließlich sagte er zögernd: » Wer weiß, was diese Indios ihm andichten? Außerdem, Feuer und Wasser sind Gegensätze, so wie es Männer und Frauen in gewisser Weise doch auch sind, ja, vielleicht … aber nein, Ihr habt Recht, ich darf keine vorschnellen Schlüsse ziehen. Ich werde es einfach als weiteren Hinweis werten, nicht mehr, aber auch nicht weniger.« Er klang enttäuscht. » Es tut mir übrigens auch besonders für Euch leid, Comtesse, dass wir diesen Hinweisen vorerst nicht weiter nachgehen können.«
    » Für mich?«
    » Nun, ich habe Euch doch erzählt, dass der Azoth sehr mächtig ist und dass man die Panacea, die allheilende Medizin, aus ihm gewinnen kann. Seid Ihr nie dem Gedanken nachgegangen, dass dies auch Euch zugutekommen könnte?«
    Mila runzelte die Stirn. Meinte der Gelehrte etwa … Ihre Gedanken stockten. Das war unvorstellbar! Redete der Mann etwa davon, dass ihr diese Medizin die Blindheit nehmen könnte? Bislang hatte sie sich nie entscheiden müssen, ob sie den Azoth für ein Hirngespinst oder für ernsthafte Wissenschaft halten sollte. Aber wenn dieses Hirngespinst Heilung versprach? Bis vor Kurzem hatte sie sich gar nicht als blind empfunden, denn da hatte sie doch nichts anderes gekannt als die Dunkelheit, und ihre übrigen Sinne waren so scharf, dass sie immer bestens zurechtgekommen war. Jetzt jedoch hatte sie das Licht gesehen, blass, flackernd, schwach, aber so viel besser als die ewige Nacht. Sie atmete tief durch. Dann spürte sie Zorn: Der Alchemist hatte nicht das Recht, ihr Heilung in Aussicht zu stellen, nicht, solange er nicht mehr als ein paar alte Legenden und vergessene Götter anführen konnte, um seine Behauptungen zu beweisen. Langsam sagte sie: » Ihr seid sehr kühn in Euren Schlussfolgerungen, Meister Albrecht. Ich bin keineswegs überzeugt, dass Ihr das, was Ihr sucht, in Tanyamarka finden werdet, denn wenn es dort wäre, dann müssten die Menschen, die schon so lange in

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