Dracula II
wenn du verstehst, was ich meine.«
»Klar. Wo sind die Mönche?«
»Ho, ho…«, wieder gab er sein hartes Lachen ab. »Sie leben. Sie leben in meinem Sinne. Mit ihnen mache ich den Anfang. Einige haben leider Tribut zollen müssen, aber die Mehrzahl wird sich rächen. Wartet es ab.«
»Ja, Marek hat aufgeräumt.«
Ich war gespannt, wie er auf diese Bemerkung reagieren würde. Zunächst sagte er nichts, dann fing er wieder damit an, spöttisch zu lachen. »Der Pfähler hat nur anfängliche Erfolge errungen, Sinclair. Mehr ist es nicht gewesen.«
»Aber er lebt — oder?«
»Natürlich lebt er. Nur werde ich dir nicht sagen, in wessen Sinne er existiert. Ich werde sehr bald nachschauen, was aus dem berühmten Pfähler geworden ist. Wundert euch nicht, wenn er euch plötzlich als einer meiner Diener entgegentritt.«
Diese Vorstellung war furchtbar. Ich erinnerte mich daran, daß Mareks Frau damals ebenfalls zu einer Blutsaugerin geworden war und ich sie hatte töten müssen.
Suko ahnte meine Gedanken und hauchte mir zu: »Laß dich nur nicht verrückt machen, John.«
»Keine Sorge, ich behalte schon den Überblick.«
Über uns schlug abermals die Glocke an.
Es warnte uns trotzdem.
Wir sprangen zurück und hechteten dann hinein in das Kirchenschiff. Keine Sekunde zu früh. Aus der Finsternis des oberen Turmdrittels hämmerte die Glocke mit elementarer Wucht nach unten. Sie zerschlug alles, was sich ihr in den Weg stellte. Sie begrub auch die endgültig toten Blutsauger unter sich.
Uns hätte sie ebenfalls zerschmettert, wären wir eine Sekunde länger auf unserem Platz stehengeblieben. So aber waren wir gerade noch einmal davongekommen.
Die Glocke blieb natürlich nicht heil, als sie mit dieser vehementen Wucht auf dem Boden landete. Das schwere Gußeisen bekam nicht nur Risse, es zersprang auch, und wieder hatten wir Glück, daß wir nicht von einem schweren Teil erwischt wurden. Gefährlich nahe schepperte es an uns vorbei.
Suko rollte sich keuchend herum und sprang mit einem Satz auf die Beine. »Der versucht es mit allen Tricks.« Dann war er an der Tür und riß sie auf.
Ich schaute noch einmal zurück in den Glockenturm, aus dem mir große Staubwolken entgegenquollen. Das war haarscharf gewesen, da konnte ich meinem Schutzengel nur danken.
Einen Vorteil hatte diese hinterlistige Attacke gebracht. Ich wußte jetzt, daß sich Will Mallmann nicht allein auf seine Vampire verließ und auch zu anderen, gemeinen Mitteln griff.
»Weißt du was«, sagte Suko, als er zu den Gebäuden des Klosters hinschaute. »Dieser Hundesohn wird den Bau in eine Todesfälle verwandelt haben.«
»Hat uns das je gestört?«
»Nie.«
»Dann los, zeigen wir es ihm!«
***
Auch als einige Zeit vergangen war, hatte es Frantisek Marek noch nicht geschafft, über das Verschwinden seines neuen Pariners hinwegzukommen. Er konnte den Abt einfach nicht verstehen. Seiner Ansicht nach hatte es keinen Grund gegeben, ihn, den Pfähler, allein in der finsteren Höhle zurückzulassen.
Marek hatte lange Stunden gezögert, sein Versteck zu verlassen. Er hatte zwar immer wieder hinausgeschaut und auch darauf gehofft, daß Askin zurückkehren würde, aber da hatte sich nichts getan. Dieser Kerl blieb verschwunden.
Es war bereits früher Nachmittag, als sich der Pfähler zu einem Entschluß durchrang. Er glaubte plötzlich nicht mehr daran, daß sein Partner noch einmal in die Höhle zurückkehren würde. Der war verschwunden, stellte sich nur die Frage, ob er Marek freiwillig allein gelassen hatte oder ob Dracula II letztendlich doch stärker gewesen war. Der Gedanke daran bereitete dem guten Marek Unbehagen, und er spürte im Magen den Druck wie einen Klotz.
Sehr oft hatte er auch an John Sinclair denken müssen. Heute war eigentlich der Tag, wo er und Suko eintreffen mußten. Gesehen hatte er nichts von ihnen.
In der Höhle war er relativ sicher, er fühlte sich jedenfalls so, aber er konnte auch nicht für alle Zeiten dort hockenbleiben. Dazu war Marek kein Typ. Er gehörte zu den Menschen, die immer etwas unternehmen mußten, auch in sehr schwierigen oder bedrohlichen Situationen. Beide Wege waren beschwerlich. Der durch den Schacht allerdings kürzerund zielsicherer. Marek fühlte sich zudem gut erholt, um diesen harten Gang in Angriff nehmen zu können.
Mit der Lampe leuchtete er noch einmal in die Höhe. Der Strahl wischte über die vorstehenden Steigeisen hinweg, die natürlich im Laufe der langen Jahre einen dicken
Weitere Kostenlose Bücher