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Dracula, my love - das geheime Tagebuch der Mina Harker

Dracula, my love - das geheime Tagebuch der Mina Harker

Titel: Dracula, my love - das geheime Tagebuch der Mina Harker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Syrie James
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weißen Nebels gewahr, der fast
     unmerklich über den Rasen gekrochen kam. Der Nebel breitete sich immer weiter aus und war nun ganz nahe am Haus, schmiegte
     sich so dicht an die Mauer, als wollte er sich zum Fenster von Herrn Renfields Zimmer hereinstehlen. Dann löste er sich langsam
     in der Nachtluft auf.
    Nun wurden die erstickten Schreie des Patienten lauter als je zuvor, und obwohl ich keines seiner Worte verstand, konnte ich
     doch dem Tonfall entnehmen, dass er flehentlich um etwas bat. Anschließend meinte ich Kampfgeräusche zu vernehmen. Plötzlich
     überkam mich große Angst, wenn ich auch den Grund dafür nicht zu begreifen vermochte. Doch ich nahm an, dass die Wärter sich
     um Herrn Renfield kümmerten und er keinerlei Gefahr für mich darstellte.
    Ich kontrollierte, ob das Fenster geschlossen und die Tür sicher verriegelt war. Dann kroch ich in mein Bett zurück und zog
     mir die Decke über den Kopf. Lange lag ich zitternd da im Finstern, wusste nicht, warum mich so plötzlich die Furcht überwältigt
     hatte, und wünschte mir, dass die Männer nicht alle fortgegangen wären und mich mutterseelenallein zurückgelassen hätten.
     Schon bald hatte ich das Gefühl, dass die Luft im Zimmer irgendwie drückend geworden war und nun feucht und kalt schien.
    Ich schlug die Bettdecke von meinem Gesicht zurück und setzte mich auf. Zu meiner Überraschung füllte sich der Raum gerade
     mit einem weißen Nebel, den ich durch die Türritzen hereindringen sah. Mein Herz begann entsetzt und |270| verwirrt zu pochen, während ich den Nebel dicker und immer dicker werden sah, bis er sich zu einer Art Wolkensäule mitten
     im Zimmer zu verdichten schien. Was war das? Was geschah hier? Plötzlich packte mich ein jäher Schrecken. Ich dachte daran,
     dass Jonathan jene entsetzlichen Vampirweiber auf Burg Dracula auf dieselbe Art und Weise erschienen waren. Auch sie hatten
     sich im Mondlicht aus einem wirbelnden Nebel materialisiert.
    Dann nahm vor meinen entsetzten Augen die gespenstische Nebelsäule die Form und Gestalt eines jungen Mannes an.
    Es war Herr Wagner.
    Ich wollte schreien, konnte aber nicht. Meine Gliedmaßen waren schwer wie Blei, ich vermochte mich nicht zu regen. War ich
     von Sinnen? Träumte ich? Wie konnte Herr Wagner plötzlich vor mir aus einem Nebel auftauchen?
    »Bitte ängstigen Sie sich nicht«, sagte er leise.
    Ich war so benommen, dass ich keinen klaren Gedanken fassen konnte. Sicherlich, man konnte sich gut Geschichten von Lebewesen
     anhören, die aus einem Nebel oder aus der puren Luft auftauchten. Doch nun, da ich es tatsächlich mit eigenen Augen sah, erstarrte
     ich vor Angst und zweifelte gar an meinem Verstand!
    Plötzlich stürzte ein wilder Wirbel von Erinnerungen und Bildern über mich herein: Hatte ich nicht Herrn Wagner genau an jenem
     Tag kennengelernt, als die
Demeter
in Whitby eingetroffen war? Mit welcher Geschwindigkeit hatte er sich bewegt, als er meinen davongeflogenen Hut gerettet hatte!
     Er hatte in meiner Gegenwart niemals gegessen oder getrunken. Er hatte sich anscheinend nicht im Wasser des Flusses gespiegelt.
     Und mit welch beinahe magischer Kraft vermochte er wildfremde Menschen von seinem Willen zu überzeugen. Wie kühl hatten sich
     seine Finger stets auf meiner Haut angefühlt! Wie glühend war der Blick in seinen Augen gewesen, als er auf meine Kehle starrte,
     ehe er mich von sich |271| stieß. Wie gut hatte er in der Dunkelheit die Hausnummern in Belgravia lesen können. Was für eine seltsames Gefühl hatte mich
     beschlichen, dass mich jemand aus dem Nachbarhaus beobachtete. Und kurz danach war er ganz unverhofft im Zug aufgetaucht.
    »Nein!«, keuchte ich und starrte ihn an. »Es kann nicht wahr sein! Sie können nicht er sein!«
    »Es tut mir leid, Mina, dass Sie es auf diese Weise herausfinden mussten. Ich hatte geplant, es Ihnen ganz anders mitzuteilen.
     Jedoch …« Er stieß ein trauriges Lachen aus und fuhr dann bitter fort: »Ich habe gerade erst herausgefunden, dass Sie und
     diese Männer aus Ihrem Umfeld mir nach dem Leben trachten – und alles nur wegen der irrigen Annahme, dass ich Ihnen Böses
     will.«

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    13
    Ich sprang aus dem Bett und presste mich entsetzt und völlig verwirrt an die am weitesten entfernte Wand. War das möglich?
     Konnte der Mann, den ich liebte, das Ungeheuer sein, das ich verachtete … und das Scheusal, das wir uns alle zu vernichten
     geschworen hatten? Alles, was bisher geschehen war, alles, was

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