Dracula, my love - das geheime Tagebuch der Mina Harker
stehen.
Ich sprang auf und warf mich in seine Arme, war so glücklich, ihn zu sehen, dass ich meinte, das Herz müsste mir zerspringen.
Gott sei Dank, dass du hier bist! ,
dachte ich.
»Wir können laut sprechen. Er wird nicht aufwachen.« Dracula gab mir einen herzhaften Kuss und betrachtete mich dann im flackernden
Feuerschein ganz genau. »Du siehst gut aus, wenn auch ein bisschen dünn. Das Leben im Freien scheint dir zu bekommen.«
»Ich hatte gerade einen schrecklichen Traum.«
»Das habe ich gehört.«
»Was für ein Tier ist aus mir geworden, dass ich solche Träume habe? Ich bin nicht besser als die drei Harpyien, die sich
in deiner Burg auf Jonathan gestürzt haben!«
Das schien ihn ein bisschen aus der Fassung zu bringen, aber er sagte: »Ich denke, das Wort Harpyien beschreibt meine Schwestern
recht gut.« Dann küsste er mich erneut und sagte: »Ich habe dich vermisst, mein Liebling. Dich von |454| weitem zu sehen und nicht in die Arme schließen zu können … Ich kann dir nicht sagen, wie oft ich nahe daran war, alles aufs
Spiel zu setzen und bei dir zu erscheinen.«
»Hat mein Traum dich nicht beunruhigt?«
»Warum denn? Es war doch nur ein Traum.«
»Nein. Es war eine Warnung.« Ich fröstelte, als eine düstere Vorahnung mich beschlich. »Du hast gesagt, es würde Folgen geben,
Nicolae, und ich glaube, du hast vielleicht recht gehabt. Genau wie die alte Zigeunerin, die wir gerade getroffen haben. Ich
habe versucht, es zu leugnen, aber ich denke, es geht eine Veränderung mit mir vor.«
»Was für eine Veränderung?«
»Mir ist oft kalt. Feste Nahrung ist mir widerwärtig geworden. Ich muss mich zum Essen und Trinken zwingen. In letzter Zeit
bin ich den ganzen Tag lang müde und liege den größten Teil der Nacht wach.«
Er betrachtete mich genau. »Ich glaube, etwas bemerkt zu haben.«
»Was hat das zu bedeuten? Werde ich …« Ich konnte die Worte kaum über die Lippen bringen: »Werde ich ein Vampir? Werde ich
wirklich sterben, und zwar bald?«
»Das hoffe ich ganz gewiss nicht. Aber ich weiß es nicht.« Er schüttelte zutiefst verstört den Kopf und drückte mich fester
an sich. »Wenn ich nur nicht in jener letzten Nacht, ehe ich England verließ …«
Tränen traten mir in die Augen. »Ich wollte doch, dass du mich küsst, dass du von mir trinkst«, sagte ich, obwohl ich mir
eingestand, dass er wirklich zu weit gegangen war, zu viel von meinem Blut gesaugt hatte.
»Ich hätte mich beherrschen sollen.«
»Können wir denn gar nichts dagegen machen?«
»Leider nicht. Es tut mir so sehr leid. Wenn ich dein Blut vergiftet habe, gibt es kein Gegenmittel. Wir müssen abwarten,
ob dein Körper dem Gift verfällt.«
»Oh, wie töricht wir gehandelt haben!«, rief ich voller |455| Qual. »Wir haben uns auf ein gefährliches Spiel eingelassen, ein Spiel, bei dem es um nichts weniger als um mein Leben geht!«
Ich begann zu weinen.
Er trat ein wenig zurück, um mich anzusehen, und sagte leise: »Mina, es hat keinen Zweck, sich Sorgen zu machen. Was du fürchtest,
geschieht vielleicht niemals. Aber wenn doch, wenn du wirklich ein Vampir werden solltest … Es ist nicht das grässliche Schicksal,
das du dir vorstellst. Glaube mir, es gibt große Wunder jenseits des Lebens, wie du es kennst. Was auch immer geschieht, mein
Liebling, ich verspreche dir eines: Ich werde bei dir sein, auf Schritt und Tritt.«
Ich wischte mir die Tränen ab. »Dann bleibst du besser in der Nähe. Dr. van Helsing betrachtet mich jeden Tag mit kritischen
Augen. Sollte er irgendwelche Anzeichen entdecken, dass ich mich unwiderruflich verwandle, sollte es aussehen, als würde ich
vor dir sterben, dann bin ich sicher, dass er die Absicht hat, mich zu töten.«
»Der Idiot! Und dieser Mann schimpft sich Freund?« Ruhiger fügte er hinzu: »Auch seinetwegen würde ich mich an deiner Stelle
nicht sorgen, mein Liebling. In wenigen Tagen ist diese Jagd vorüber. So lange kannst du deine Symptome verbergen, wenn sie
anhalten sollten. Falls dein Blut sich wirklich verändert hat, sollten wir es bis dahin wissen.« Er umfing mein Gesicht zärtlich
mit den Händen und sagte in liebevollem und ermutigendem Ton: »Und dann entscheiden wir beide, du und ich, was zu tun ist,
meine Liebste.«
Ich nickte. Während ich um Fassung rang, erinnerte ich mich plötzlich an etwas. »Warum haben wir deine Burg noch nicht gefunden?
Nach meiner Rechnung hätten wir sie heute erreichen
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