Draculas Brüder -ebup-
gewachsenen Fels endete.
Als sie nun mit ihren Taschenlampen an diese Wand kamen, drückte August gegen eine bestimmte Stelle an der Seite der Wand, und ein Teil davon schwang auf gutgeölten Angeln einwärts und ließ sie passieren. Es war ganz einfach. Der Höhlengang war zugemauert und mit einer gewöhnlichen Brettertür versehen worden. Das Ganze hatten sie dann mit mehr oder weniger dicken Mörtelschichten beworfen und die Oberfläche so bearbeitet, daß sie bei Lampenschein kaum von natürlichem Fels zu unterscheiden war.
Jenseits der Tür führte der Gang steil abwärts. Die Brüder folgten seinem unregelmäßigen Verlauf und erreichten kurz darauf den ersten der großen Höhlenräume unter dem Hügel. August ging an den Tisch mit den Zirkusaufbauten und zündete die Laternen an. Dann öffnete er eine Schublade und
nahm eine kleine metallene Pfeife heraus, ähnlich derjenigen, die er in seiner Hand hielt.
»Hier, Adrian – das ist dein Befehlsinstrument. Probier es nicht jetzt aus. Ich zeige dir später, wie du es zu gebrauchen hast.«
Adrian betrachtete das Instrument und steckte es in die Manteltasche. »Nun, womit fangen wir an? Lassen wir unsere kleinen Akrobaten durch Reifen springen oder über das Balancierseil gehen?«
»Keins von beiden«, erwiderte August. »Heute üben wir einen besonderen Trick, einen, an dem wir schon gearbeitet haben und den du kennen würdest, wenn du dich dafür interessiert hättest. Dieser Trick verlangt von unseren kleinen Freunden ein gewisses Maß an Zusammenarbeit in der Gruppe. Echte Zusammenarbeit, Adrian. Die Dummköpfe, die sich Wissenschaftler nennen, glauben, so etwas könne man Tiere wie diese nicht lehren. Komm. Wir müssen in den nächsten Raum gehen. Er ist für unsere Zwecke besser geeignet.«
Der Verbindungsgang zum nächsten Höhlenraum war kurz. Jeder der Brüder hatte eine Petroleumlaterne mitgenommen, und August stellte sie in die Mitte der Höhle.
Dicht an einer Wand stand eine Anzahl Pappkartons in verschiedenen Größen, so angeordnet, daß sie an Gebäude unterschiedlicher Höhe und Anordnung erinnerten. Auf einem der Kartongebäude war ein dunkler Fleck, der wie getrocknetes Blut aussah. Adrian betrachtete die Szene mit wachsamem Interesse. »Und was ist der Zweck dieser Kartons, Bruder?«
August strahlte. »Navigationsübungen. Das Anfliegen von bestimmten Zielen.«
»Und waren die Übungen erfolgreich?«
August lachte scharf. »Alle Übungen waren erfolgreich, Adrian. Alle. Nun sei so gut und räume die Kartons beiseite. Für unser nächstes Vorhaben brauchen wir nur einen – diesen hier.«
Adrian führte die Instruktionen seines Bruders aus. Als nur noch ein Karton übrig war, hob August die Metallpfeife an seinen Mund.
Flattergeräusche erfüllten die Höhle, und als sie aufhörten, saßen etwa zehn von den großen Fledermäusen auf den Kartons. Die meisten hatten sich auf der Schachtel mit dem Blutfleck niedergelassen.
»Was ist das?« fragte August. Er eilte zu den wartenden Fledermäusen.
»Ist was nicht in Ordnung?« fragte Adrian.
»Ihre Felle ... auch ihre Flügel... sie sehen mitgenommen aus.«
Adrian folgte seinem Bruder. »Anscheinend haben sie gerauft«, bemerkte er. »Sie sind nicht gerade die friedfertigsten Tiere, weißt du.«
»Aber sie wissen, daß sie untereinander nicht kämpfen dürfen! Sie tun es sonst nie. Ich frage mich, ob sie letzte Nacht... «
»Letzte Nacht?«
Augusts Augen wichen dem Blick seines Bruders aus. »Äh, ja. Nachts dürfen sie ... sich Nahrung suchen. Ich frage mich, ob ...«
Er begann die Fledermäuse zu zählen. »Dreizehn.«
»Eine Unglückszahl«, bemerkte Adrian.
»Vielleicht«, sagte August. »Das Signal meiner Pfeife hätte fünfzehn herbeirufen sollen.« Er hob die Pfeife an die Lippen und wiederholte das Signal. Kein Flügelschlagen antwortete.
Unbehagen und Besorgnis malten sich in August Abelards Gesicht. »Zwei sind nicht in die Höhlen zurückgekehrt. Das ist nicht gut, Adrian. Ganz und gar nicht. Wenn sie jemandem in die Hände gefallen sind, der sie als das erkennt, was sie sind ...«
»Wird deine Arbeit vorzeitig enthüllt«, sagte Adrian.
August starrte seinen Bruder an, als habe er ihn nicht gehört. Adrian wiederholte seine Worte.
»Äh, ja. Das wäre eine sehr ernste Konsequenz. Wir... «
Und nun veränderten sich August Abelards Züge in einer Weise, die seinem Bruder wohlbekannt war.
Der Wahnsinn ergriff wieder von ihm Besitz. Er würde eine Stunde andauern
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