Dragon Fire
deutete auf die Tür. »Geh. Trainier ein bisschen.«
Weil es sinnlos war,
ihr zu widersprechen, ging Annwyl zur Tür hinaus und schloss sie leise. Dann
stapfte sie los. Bevor sie an der Treppe war, ging eine andere Schlafzimmertür
auf, und Dagmar kam heraus. Sie nahm Annwyls Arm.
»Was ist los?«
»Wir haben schon
wieder ein Kindermädchen verloren, oder?« Annwyl schaute an Dagmar vorbei auf
den nackten Mann, der ausgestreckt mit dem Gesicht nach unten und bis auf den
Boden fallendem goldenem Haar auf dem Bett im Raum hinter ihr lag. »Wie
erträgst du diesen Krach?«
Dagmar schloss die
Tür, aber das dämpfte das Schnarchen nur wenig. »Es ist unglaublich, was man
für die Liebe alles erträgt.«
»Ich glaube nicht,
dass ich das für irgendwas ertragen könnte.«
»Wahrscheinlich nicht.
Aber ich möchte dich bitten, die Kindermädchen-Situation mir und Morfyd zu
überlassen.«
»Sie versucht, eine
ihrer jüngeren Cousinen dazu zu überreden. Fearghus wird das nicht …«
»Welchen Teil von ›Wir
kümmern uns darum‹ hast du nicht verstanden, Mylady?«
»Sei nicht gleich
eingeschnappt, Barbarin. Es sind meine kleinen Scheusale, die die Dorfbewohner in die Flucht
schlagen.«
»Sie sind lebhafte,
lebenslustige Kinder, die lediglich ein gutes, solides und treues Kindermädchen
brauchen, um sie zu erziehen.«
»Du meinst im
Gegensatz zu Dämonen aus der Unterwelt, die einen guten, soliden Exorzismus
brauchen?«
»Musst du so sein?«
»Ich weiß nicht, wie
ich sonst sein soll.«
»Annwyl, vertrau mir
einfach, ja? Ich …« Hinter Annwyl ging eine Tür auf, und Dagmars Augen hinter
den kleinen runden Glasstücken, die sie trug, weiteten sich.
Mit einer Hand nach
ihrem Schwert greifend, wirbelte Annwyl herum. Dann ließ sie die Hand sinken,
und ihr Mund blieb offen stehen.
Der lilahaarige Drache
stand in Keitas Schlafzimmertür, sein Hemd über die Schulter geworfen, die Hand
auf der Türklinke, den Blick auf Dagmar gerichtet.
»Ragnar?«, flüsterte
Dagmar. Annwyl glaubte, dass er es war, aber sie konnte den einen lilahaarigen
Mistkerl nicht vom anderen unterscheiden. Sie sahen für sie alle gleich aus.
Nur ein Kopf mehr, der darum flehte, abgeschlagen zu werden.
»Äh … Lady Dagmar.«
Das arme Ding sah
ertappt aus und machte sich bereit, zurück ins Zimmer zu springen. Doch Keita
riss die Tür weit auf. Sie trug nur eine Felldecke um den Körper gewickelt, ihr
normalerweise glattes und fließendes dunkelrotes Haar war jetzt ein
Durcheinander aus ungekämmten Locken und Knoten.
»Du hast das hier
vergessen.« Keita drückte dem Drachen eine Reisetasche in die Hände, stellte
sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn auf die Wange. »Wir sehen uns später«,
murmelte sie. »Jetzt geh.«
»Keita …«
»Was?«
Ragnar deutete auf
Annwyl und Dagmar, und Keita warf einen Blick hinüber. Statt zu grinsen, wie
sie es vor ein paar Jahren getan hatte, als Annwyl Danelin, Brastias’
Stellvertreter, erwischt hatte, als er versuchte, aus Keitas Zimmer zu
schleichen, riss die Drachin die Augen auf. Sie sah beinahe panisch aus.
Seltsam, denn Annwyl konnte sich nicht erinnern, Keita jemals wegen irgendetwas
panisch erlebt zu haben.
»Äh … Annwyl. Dagmar.
Guten Morgen euch beiden.« Ihr Lächeln war gezwungen, spröde. Sie stieß Ragnar
an, und er ging widerstrebend.
Als er weg war,
flüsterte Keita: »Ihr sagt es doch keinem … oder?«
Jetzt war Annwyl
endgültig verwirrt, denn normalerweise schlug Keita in solchen Fällen vor:
»Sorg dafür, dass meine Schwester alle Einzelheiten erfährt. Sag Bescheid, wenn
du Zeichnungen brauchst!«
Wollte sie das
wirklich verbergen? Und wenn ja … warum?
»Wir sagen es keinem«,
sagte Annwyl, denn sie hatte ihre eigenen Geheimnisse.
»Danke.« Dann
schlüpfte Keita zurück in ihr Zimmer und schloss die Tür.
»Ist denn keiner
sicher vor diesem Weib?«, fragte Dagmar.
Annwyl zuckte die
Achseln, denn sie hatte keine Antwort darauf, und ließ Dagmar auf Keitas
geschlossene Tür starrend stehen. Sie ging hinunter in den Rittersaal, wo sie
das Frühstück schon vorbereitet und die zwei anderen Nordland-Drachen essend am
Tisch vorfand.
Sie ging hinüber und
ließ sich ihnen gegenüber auf einen Stuhl fallen. Sie sagte nichts, bis sie
ihren eigenen Teller gefüllt hatte und zu essen begann. Dann fragte sie: »Habt
ihr beide gut geschlafen?«
Sie nickten und aßen
weiter. Ein paar Jahre vorher hätte sie das vielleicht beleidigt. Aber nach der
Nordland-Schlacht,
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