Dragon Fire
eingebracht hat.«
»Es heißt Verderber ! Und ich habe nie versucht zu
verbergen, was ich getan habe. Warum tust du es dann?«
»Ich habe keine Zeit
für so etwas.« Keita steuerte auf die Tür des Rittersaals zu, die offen stand
und den Blick auf die Freiheit des frühen Morgens freigab. Doch in dem Moment,
als sie nach draußen trat, schnappte Gwenvael sie am Arm und drehte sie herum.
Zumindest glaubte sie, es sei Gwenvael. Gwenvael, der
viel größer war als Keita, sodass sie, als sie ihren Arm nach ihm schwang und
ihn schlug, eigentlich nur seine Seite treffen und wenig Schaden anrichten
sollte.
Zu dumm nur, dass es
nicht Gwenvael, sondern Morfyd war, die nach ihr gegriffen hatte. Und Morfyds Gesicht
war genau auf der Höhe von Keitas offener Handfläche.
Das Geräusch hallte
auf dem Hof wider, und Morfyds Wange verfärbte sich rot, wo Keitas Hand sie
getroffen hatte.
Es folgte ein kurzes,
benommenes Schweigen von beiden, während die arme Dagmar auf sie zueilte und
schrie: »Nein, nein, nein …«
Aber es war zu spät.
Viel zu spät. Kreischend rissen sie sich gegenseitig an den Haaren und
stolperten die Stufen hinab, während sie versuchten, die jeweils andere zu
treten und ihr gleichzeitig jede einzelne Haarsträhne auszureißen.
Dagmar versuchte
verzweifelt, sie zu trennen; die menschlichen Wächter waren so weise, sich
nicht in den Kampf zweier Drachinnen einzumischen, die sich jeden Moment
verwandeln und sie dabei zerquetschen konnten.
»Hört auf!«, schrie
Dagmar und versuchte, sie mit ihren winzigen Menschenhänden
auseinanderzuziehen. »Hört sofort auf!«
Es war seltsam, dass
Keita mitten in einer Schwesternschlägerei, wie Gwenvael es immer nannte, außer
ihren und Morfyds Schreien überhaupt etwas hören konnte, aber sie hörte es.
Eine vertraute Stimme, die über den Hof zu ihr herüberdrang.
»Warte!«, flehte die
Stimme. »Könntest du einfach warten? Bitte!«
Keita wollte sich von
ihrer Schwester lösen, um zu sehen, was los war, aber Morfyd ließ nicht los.
Doch dann hatten sie
keine Wahl mehr, denn ein unglaublich starkes – und Keita schätze, unglaublich
geladenes – Wesen riss die beiden mit einem Ruck auseinander und schubste sie
in verschiedene Richtungen, bevor es einfach zwischen ihnen hindurchging.
Keita schaute auf ihre
Fäuste, mit denen sie immer noch weiße Haarsträhnen umklammerte, dann hob sie
den Blick und ihr Mund blieb offen stehen, als sie die ganzen roten Strähnen in
Morfyds Händen sah.
Rasend vor Wut brüllte
sie: »Du …«
»Izzy! Warte bitte!«
Der Ruf unterbrach
Keita, und sie konnte nur starren, als Keitas junge Cousine Branwen an ihnen
vorbeischoss, während sie sich gleichzeitig abmühte, sich Kleider über ihre
menschliche Gestalt zu streifen.
»Bei aller Vernunft
…«, begann Dagmar.
»… das war Izzy?«, endete Keita.
»Es ist zwei Jahre
her, seit wir sie zum letzten Mal gesehen haben«, sagte Morfyd, »aber …«
Die drei sahen sich
ungläubig an, dann ließen Keita und Morfyd die Haarsträhnen fallen und rannten
die Treppe hinauf, und Dagmar Reinholdt drängelte sich an den beiden vorbei und
war noch vor ihnen im Saal.
24 Talaith hatte all das
Geschrei und Gekreische gehört, aber sie hatte schon vor langer Zeit gelernt,
sich nicht in einen Kampf zwischen Morfyd und Keita einzumischen. Selbst Gwenvael
– der überraschenderweise verärgert war, obwohl ihn normalerweise nicht viel
verärgern konnte, vor allem nicht, was Keita tat oder wen sie vögelte – war zur
Hintertür des Saals hinausgegangen.
»Willst du nicht
helfen?«, hatte sie ihn gefragt, als er an ihr vorbeikam.
»Irgendwann werden sie
schon müde«, hatte er geantwortet, und weg war er.
Vielleicht würden sie
das auch. Doch im Gegensatz zu Dagmar hatte Talaith nicht vor, ihr Frühstück
stehen zu lassen, um das herauszufinden. Wenn es nötig war, hielt sie die
Brüder davon ab, sich zu streiten, aber sie würde nicht zwischen die Schwestern
geraten. Sie war mit Frauen aufgewachsen und sie wusste genau, wie gemein sie
sein konnten.
Talaith hörte jemanden
die Treppe herunterkommen und lächelte, als sie ihren Gefährten sah. Er konnte
seine Schwestern vielleicht auseinanderbringen, ohne sich dabei ein blaues Auge
zu holen. Doch er blieb auf halber Treppe stehen, den Blick auf den Eingang zum
Rittersaal gerichtet. Ihm fiel die Kinnlade herab, seine Augen wurden weit, und
ein Ausdruck des Entsetzens breitete sich auf dem Gesicht des sonst ständig
gelangweilten Drachen
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