Dragon Sin: Roman (German Edition)
beschützen.«
»Hilflos?« Seine Mutter schaute hinüber zu Rhona. Die Feuerspuckerin hob das Schwert, an dem sie gerade arbeitete und das vor Hitze noch hell glühte. Das Lächeln auf ihrem Gesicht, das Strahlen in ihren Augen … es war ein wunderschöner Anblick. Rhona legte die Klinge ins Wasser, damit sie abkühlte, und fing eine andere Waffe auf, die ihr Vater ihr zugeworfen hatte. Es war eine Kriegsaxt von beträchtlicher Größe. Rhona schwang sie mehrere Male, warf sie, und die Klinge bohrte sich in die ausgestopfte Übungspuppe, die in der Ecke stand.
Seine Mutter nickte. »O ja, jetzt verstehe ich, mein Sohn. Sie ist außerordentlich hilflos.«
10 Rhona blieb kurz vor den Toren der Insel Garbhán stehen. Hier hielten etliche Kyvich-Hexen Wacht. Sie hatte ganz vergessen, wie beeindruckend Menschenfrauen sein konnten.
In einer langen Reihe standen sie auf den Burgmauern, und jede Hexenhand hielt einen Kurzspeer, der Pilum genannt wurde. Obwohl es Winter war, trugen sie nur sehr wenig Kleidung – zumeist Tierhäute und Rüstungsstücke, die die lebenswichtigen Körperteile und Blutgefäße schützten. Schwarze Tätowierungen bedeckten ihre Gesichter und manchmal auch die Hälse. In diesen Zeichnungen und in der Art ihrer Kleidung war nichts Einheitliches zu entdecken – und dennoch konnte es keinen Zweifel daran geben, dass sie eine zusammengehörige Armee bildeten. Eine tödliche und gut ausgebildete Armee, die keine Gnade hatte, kein Herz und keine Loyalität außer denjenigen gegenüber, die ihre Götter für sie ausgewählt hatten.
»Ein beunruhigender Anblick, nicht wahr?«, meinte der Blitzdrache, als er neben sie trat. Sie hatte ihn ganz vergessen, als sie in der Schmiede ihres Vaters gearbeitet und alle möglichen Arten von neuen und wunderbaren Techniken gelernt hatte. »Sie leben schon seit fast einem Jahrtausend in den Eisländern, und von Anfang an sind sie gefürchtet worden.«
»Kann man ihnen vertrauen?«
»Sie folgen den Anweisungen ihrer Götter, ohne sie je infrage zu stellen.«
»Dann lautet die Antwort also Nein. Man kann ihnen nicht vertrauen.«
Vigholf lachte. »Du magst die Götter nicht?«
»Ich rufe sie, wenn ich sie brauche, aber ich wäre ein Dummkopf, wenn ich ihnen vertrauen würde.«
»Ich mag die Kriegsgötter.«
Rhona verdrehte die Augen. »Natürlich.«
»Würdest du gern mit mir und meiner Mutter zu Abend essen?«
»Nein.«
Er sah sie finster an. »Warum nicht?«
»Erstens esse ich heute Abend schon mit meinem Vater, und zweitens … nein.«
»Du magst meine Mutter nicht«, beschwerte er sich.
»Ich kenne sie doch gar nicht.«
»Und du wirst sie auch nie kennenlernen, es sei denn, du isst heute Abend bei uns.« Er grinste breit … und wirkte dabei ein wenig lächerlich, allerdings auf eine ärgerlich hinreißende Weise. »Bring deinen Vater einfach mit.«
»Du wirst jeden Tag seltsamer. Das wollte ich nur einmal klargestellt haben.«
»Das ist kein Nein zu meiner Einladung.«
Nun wollte Rhona einfach gehen, aber da erregte ein leises Geräusch ihre Aufmerksamkeit. Sie beide hatten es gehört.
Dank ihrer langen Kampferfahrung war es nicht verwunderlich, dass sie beide sich schnell zu dem kleinen Lagergebäude links von ihnen umdrehten. Rhona duckte sich, die Spitze ihres neuen wunderbaren Speers unmittelbar vor sich gerichtet. Vigholf blieb stehen, den Kriegshammer hoch erhoben in der einen Hand und die Schlachtaxt in der anderen. Rhona hatte schon einmal gesehen, wie er beide Waffen gleichzeitig einsetzte, was eine verheerende Auswirkung auf seine Feinde gehabt hatte.
Vigholf nickte ihr zu, und Rhona bewegte sich in gebückter Haltung voran, während der Blitzdrache ihren Rücken sicherte.
Dann stürzte es aus dem Gebüsch vor dem Gebäude auf sie zu. Zähne schnappten nach ihnen, und eine kleine Klinge fuhr durch die Luft. Vigholf reagierte, ohne nachzudenken, wie es alle Nordländer in der Schlacht taten. Er stellte sich vor Rhona und hob seinen Hammer, aber sie stieß ihm in die Seite, sodass er einige Fuß wegtaumelte.
»Was bei allen Höllen …«
Rhona streckte die Hand aus, packte den Angreifer und hielt ihn hoch, sodass der Blitzdrache ihn sehen konnte.
»Anscheinend kommen die Kinder meines Vetters nach seinem Urgroßvater Ailean. Er mochte Überraschungsangriffe ebenfalls, sagt meine Mutter.«
Als der Junge bemerkte, dass er in der Falle saß, brach er theatralisch in Tränen aus, und Rhona seufzte. »Und leider kommt er auch nach
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