Dragon Sin: Roman (German Edition)
gezüchtet.«
Rhona zeigte auf das restliche Fleisch. »Das ist meins, ja?« Vigholf nickte, und Rhona röstete sich das Fleisch mit ihrer eigenen Flamme. Als es nach ihrem Geschmack war, aß sie.
»Du magst kein rohes Fleisch?«
»Nur manchmal. Gebraten ist es mir lieber. Außerdem ist mein Gesicht dann nicht mit Blut beschmiert.«
Vigholf fasste sich ans Kinn und zuckte zusammen, als er dort die klebrigen Überreste seines Mahls ertastete. »Entschuldigung.«
Rhona schüttelte den Kopf. »Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Mir gefallen Drachen, die Spaß am Essen haben.«
Nachdem sich Vigholf Gesicht und Kleidung gesäubert hatte, nahm er seine Waffen und kontrollierte sie.
»Du bist wie die Drillinge«, sagte sie und lachte.
»Klein, hinreißend und heimtückisch auf dem Schlachtfeld?«
»Nein. Ich vermute, du suchst deine Waffen nach möglichen Schäden aus der letzten Schlacht ab.«
»Ich mache das jeden Abend.«
»Dasselbe habe ich all meinen Geschwistern beigebracht«, sagte sie. »Es ist wichtig, jeden Tag die Waffen zu überprüfen. Die meisten halten sich daran.«
»Du hast sie alle aufgezogen, nicht wahr?«
»Wie kommst du darauf?«
»Ich sehe, wie sie dich behandeln und wie sie deine Mutter behandeln.«
»Wie denn?«
»Sie ist die Generalin, und du bis die Mutter für deine Geschwister. Eine Mutter, die sie anbeten.«
Sie zuckte die Schultern, als würde sie das, was sie soeben gehört hatte, nicht gern hören. Es erschien ihr ihrer Mutter gegenüber nicht recht.
»Mein Vater hat dir das gegeben?«, fragte Rhona, anstatt auf Vigholfs Bemerkung zu reagieren.
Vigholf hielt den großen Stahlhammer hoch. »Ja.« Dann schüttelte er den Kopf. »Dein Vater …«
»Was ist mit ihm?«
»Er leistet erstaunliche Arbeit, Rhona. Ich habe noch nie solche Waffen gesehen wie die, die er herstellt.«
Sie lächelte und verspürte Stolz auf ihren Vater. »Ich weiß.«
Vigholf hielt die Waffe mit beiden Händen und sagte: »Ich habe dich gestern gesehen. In der Schmiede deines Vaters.«
Rhona blinzelte. »Oh. Ja.« Sie zuckte die Achseln. »Es ist gut, wenn man so etwas kann – für den Fall, dass man die eigene Waffe reparieren muss und kein Schmied in der Nähe ist.«
Vigholf sah sie an und grinste. »Ich habe dich gesehen , Rhona.«
»Was hast du gesehen?«
»Ich habe gesehen, wie sehr du es genossen hast.«
»Wovon redest du?«
»Ich habe das Glänzen in deinen Augen bemerkt. Die Freude. Du möchtest gern dasselbe tun wie dein Vater, nicht wahr?«
Diese Frage traf sie wie ein Schlag.
»Ich wollte dich nicht verärgern«, sagte er nach einem Augenblick.
»Das hast du nicht. Außerdem hast du recht. Die ersten neunzig Jahre meines Lebens, als ich noch nicht meine Geschwister großziehen musste, habe ich an der Seite meines Vaters verbracht und an dem kleinen Amboss gearbeitet, den er mir neben seinem eigenen gebaut hatte. Zweifellos war das die beste Zeit meines Lebens.«
»Warum hast du damit aufgehört?«
Sie stieß den Atem aus und antwortete: »Es liegt in der Natur der Cadwaladrs zu kämpfen. Sie gehen in die Armee Ihrer Majestät. Sie werden Drachenkrieger. Sie verbringen ihr Leben nicht damit, Waffen für die Drachenkrieger herzustellen.«
»Dessen muss man sich doch nicht schämen. Außerdem macht dein Vater es auch.«
»Mein Vater ist kein Cadwaladr. Er ist nicht einmal ein Südländer.«
Vigholf richtete den Oberkörper auf und sah sie über das Feuer hinweg an. »Das stimmt. Keita hat das einmal erwähnt.«
»Er wurde tief in den Schwarzen Bergen geboren und aufgezogen, in der Nähe der südlichen Grenzländer.«
Vigholf dachte kurz nach und fragte dann: »In den Schwarzen Bergen? In der Nähe der Salzminen?«
»Du hast von ihnen gehört?«
»Es sind Vulkane.«
»Jawohl.« Sie lächelte. »Daddy spuckt kein Feuer, er spuckt Lava.« Sie beugte sich ein wenig vor und fügte hinzu: »Das kann ich auch, wenn ich mich konzentriere. Aber Mum mag es nicht, wenn ich das tue. Wenn ich unvorsichtig bin, spritzt es ziemlich heftig.«
»Um ehrlich zu sein, war mir bisher kein Unterschied zwischen deinem Vater und anderen Feuerspuckern aufgefallen.«
»Die anderen Drachen bemerken ihn ebenfalls nicht. Alles, was ihr spürt, sind Hitze und Feuer. Und daraus besteht Lava nun einmal hauptsächlich. Daraus und aus geschmolzenem Fels.« Sie lächelte und dachte an die Sippe ihres Vaters. »Die Verwandten meines Vaters sind nicht besonders freundlich. Aber sie haben sich ganze
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