Dragon Touch
Mistkerl hatte kein Problem
damit, Menschen zu fressen, wenn ihm danach war; oft brachte er sie als kleine
Leckereien für Gwenvaels Mutter mit nach Hause.
»Dagmar …«
»Ich komme zurecht. Geh.«
Er zögerte, das war offensichtlich; aber am Ende tat er,
worum sie ihn bat.
»Ich bin in zwei Minuten wieder da.« Er blickte seinen
Vater finster an. »Keine Flammen.«
Dagmar sah Gwenvael nach, bis er um eine Ecke verschwunden
war, bevor sie sich seinem Vater zuwandte.
In ihrem ganzen Leben hatte sie noch nie so einen
finsteren Blick gesehen. Als wäre der Drache mit nichts anderem erfüllt als mit
Hass und Wut. Sie hatte gedacht, Fearghus’ Blick sei böse, aber er war nichts,
absolut gar nichts gegen diesen hier.
Ihn zu verhöhnen war vergnüglich gewesen, denn ihr hatte
nicht gefallen, wie er mit seinem Sohn gesprochen hatte. Und obwohl Gwenvael
ihr den älteren Drachen als eine Art mörderische Echse beschrieben hatte, sagte
ihr Instinkt ihr etwas anderes – sie war sich nur noch nicht ganz sicher, was
das war. Wer war Bercelak der Große, und warum hatte sie nur das Bedürfnis, ihn
zu verspotten wie ihren eigenen Vater?
»Warum bist du wirklich hier, Nordländerin?«, wollte er
wissen.
Sie lächelte, denn sie wusste, dass es ihn ärgerte. Er
wollte, dass sie Angst hatte und davonlief. Unwahrscheinlich.
»Warum ich hier bin, ist meine Sache und die von Königin
Annwyl. Vielleicht solltest du dich um deine eigenen Angelegenheiten kümmern,
Gemahl der Königin.«
Er trat näher an sie heran. »Willst du mich wirklich
herausfordern, Menschliche ?«
»Ich weiß nicht. Tue ich das?«
»Glaubst du, dass ich wie mein Sohn bin? Dass die
Tatsache, dass du weiblich bist, mich in irgendeiner Form so beeinflusst wie
ihn?« Er neigte sich etwas tiefer, sein Gesicht kam ein kleines bisschen näher
als es ihr angenehm gewesen wäre. »In mir steckt keinerlei Freundlichkeit.
Keine Sanftmut. Kein Mitgefühl. Und ich mache vor nichts halt, um meine Sippe
zu schützen.«
»Dann haben du, Lord Bercelak, und ich viel gemeinsam.«
»Sag mir, warum du hier bist, kleines Mädchen. Sag es mir,
oder ich reiße dich in Stücke.«
Sie überlegte, ob sie ihm glauben sollte. War er schlicht
und einfach böse? War keine vernünftige Diskussion mit jemandem möglich, der so
voller Hass und Wut war, der keinerlei Sanftheit an sich hatte?
Ihrem Instinkt folgend, wie sie es immer getan hatte,
provozierte sie ihn: »Tu dein Schlimmstes. Ich fordere dich heraus.«
Seine Nasenflügel blähten sich, noch mehr schwarzer Rauch
kräuselte sich heraus, und sie sah Reißzähne. Das ist etwas Neues.
»Großvater!«
Sowohl Dagmar als auch Bercelak zuckten zusammen, als Izzy
vom Hof her in den Rittersaal stürmte, quer über den Tisch rannte und sich auf
den Drachen warf.
»Sie haben mir gesagt, ich hätte dich am See verpasst«,
quietschte sie begeistert.
Sie schlang ihm die Arme um den Hals, die Beine um die
Hüfte und küsste ihn auf die Wange. »Ich habe dich ja ewig nicht mehr gesehen!
Wo warst du die ganze Zeit?«
»Äh … Izzy …« Er verschränkte seine Arme vor der Brust und
versuchte mit aller Macht, seinen finsteren Blick beizubehalten. »Geh runter
von mir!«, blaffte er.
Scheinbar ohne seinen Tonfall zu bemerken, tat Izzy wie
geheißen.
»Morgen, Lady Dagmar!«, rief sie fröhlich.
»Einen guten Morgen wünsche ich dir, Izzy.«
Die junge Kriegerin stand vor Bercelak, ihre hellbraunen
Augen blitzten. »Also, was hast du mir mitgebracht?«, fragte sie, auch wenn es
mehr nach einer Forderung klang.
»Was?« Er schüttelte den Kopf. »Nichts.«
Ihr ganzer Körper bebte wie bei Dagmars Hunden, wenn sie
eines ihrer Lieblingsspielzeuge hochhielt. »Du bringst mir immer etwas mit! Was
hast du mir mitgebracht?«
»Können wir später darüber reden?«, knurrte er so grimmig,
dass sogar Dagmar ans Weglaufen dachte.
Doch Izzy stampfte nur mit dem Fuß auf und knurrte zurück:
»Gib es mir!«
»Hinten!«, zischte er mit zusammengebissenen Zähnen.
Jetzt blickte sie finster drein. »Was?«
»Hinten«, sagte er noch einmal, diesmal mit einer zusätzlichen
Kopfbewegung.
Izzy ging hinter den Drachen und quiekte wieder los, was
Dagmar zusammenzucken ließ. Das Mädchen kam wieder hervorgerannt, einen
goldenen, mit Juwelen besetzten Dolch in der Hand.
»Der ist wunderschön!« Sie tanzte vor dem Drachen von
einem Fuß auf den anderen und sagte in einem langen Wortschwall: »Ich hatte
noch nie in meinem ganzen Leben so etwas
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