Drake (German Edition)
in dieser Situation und an einem unwirklichen Ort begann er, sich Gedanken über diese beiden Völker zu machen. Am meisten ärgerte ihn die Tatsache, dass er in den vergangenen Stunden Welten und Phänomene erlebt hatte, ohne die Möglichkeit zu erhalten, sie näher zu untersuchen. Er und die anderen waren zu sehr damit beschäftigt gewesen, am Leben zu bleiben.
Heimlich tastete er nach dem letzten Rest des Kopplers, den er sich aufgespart hatte. Vielleicht bekam er irgendwann einmal die Gelegenheit, das Geheimnis der Würfel zu untersuchen; der kurze Aufenthalt in der Welt von Mescalero war für ihn nichts weniger als der Beweis für das quantenphysikalische Phänomen der Verschränkung von Bewusstsein, Zeit und Materie.
Das Bewusstsein als Grundelement. Möglicherweise sogar ursprünglicher als alle anderen Grundelemente. Eine interessante These. Er musste sich unbedingt näher damit beschäftigen.
Später. Zunächst galt es, die nächsten Stunden zu überstehen.
Als sie vor der Schleuse der Timeless angekommen waren, konnte er einen Blick auf die gewaltige Wand der Plattform werfen, die direkt gegenüber von ihm steil nach oben aufragte.
Die gesteigerte Aktivität der Cobo Ya Ya war nicht zu übersehen. Überall in den Außenhangars war eine hektische Betriebsamkeit zu erkennen. Anscheinend wurde jedes verfügbare Schiff in den Raum geschickt. Soweit er die Konstruktionen deuten konnte, waren sie alle mit einem Zeitverdichter ausgerüstet und strebten sofort nach dem Ausschleusen einem bestimmten Punkt über der Plattform zu.
»Die Cobo Ya Ya sichern den Wandler und die Abstrahlrichtung nach LaGrange«, meinte Jenaveve, die sich nun neben ihm aufhielt. »Falls sie mit dieser Strategie Erfolg haben und die nächsten Stunden überstehen, dann haben sie gewonnen.«
Es waren die ersten Worte, die sie seit geraumer Zeit an ihn richtete.
»Hast du keine Angst?«, fragte er sie vorsichtig.
»Jetzt nicht mehr. Auf Blue Boy in der riesigen Halle hatte ich Todesangst, als ich auf den Abgrund zugerutscht bin. Merkwürdigerweise auch in dieser Scheinwelt auf Mescalero, als die jungen Cobo Ya Ya aufgetaucht sind. Jetzt aber betreten wir wieder unsere eigene Welt, da fühle ich mich sicher, auch wenn es nur ein Schiff ist.«
Mehr gab sie nicht von sich und so trottete er wieder hinter der Gruppe her, nachdem sie die Schleuse passiert hatten. Für einen Moment hatte er auf ein wenig Annäherung bei Jenaveve gehofft, aber jetzt war wohl nicht der richtige Zeitpunkt dafür. Sie wie auch alle anderen waren müde und erschöpft, liehen ihre Energie von der Kraft diverser Tabletten und Aufputschmittel. Alle Konzentration galt dem Entkommen aus diesem Sonnensystem, da war kein Platz für persönliche Probleme.
Verständlich.
Später vielleicht.
Mit einem erleichterten Seufzer tippte er auf seinen linken Oberarm.
Endlich wieder eine Realität ohne Zeitzwischenräume.
Er erreichte die Zentrale als Letzter und wurde urplötzlich mit einer spannungsgeladenen Situation konfrontiert.
Die Kalifornierin Corveth und die kleine Asiatin Jaseeka empfingen die Gruppe mit aktiven Tripods in ihren Händen. Zwischen ihnen saß an einem Tisch eine kränklich aussehende Charlotte Sternberg. Anscheinend hatte sie die Folgen der Attacke durch die Zeitverdichter noch nicht überwunden. Roberta Galore, die Ärztin, stand hinter ihr.
Edda saß an der Navigation des Schiffes und spielte mit ihrem roten Halstuch. Khartum begleitete Leila zu einem Platz an den Kontrollen und kam mit argwöhnischem Blick zurück zu den anderen.
Weder Jenaveve noch Royce sagten ein Wort.
Wieder einmal fiel Werfel bei den Mädchen diese merkwürdige Lethargie auf, sobald Charlotte Sternberg anwesend war.
»Was ist denn hier los?«, entfuhr es ihm.
Zunächst bekam er keine Antwort, dann meinte Edda wie beiläufig: »Sie wollten Kontakt zu den Cobo Ya Ya aufnehmen, aber anscheinend kam keine Verbindung zustande.«
Von Leila war ein verhaltenes Kichern zu hören.
Werfel sah kurz zu ihr hinüber, aber mehr war von ihr nicht zu hören.
Er wandte sich an Corveth. »Das ist doch verrückt! Sie können von Glück sagen, wenn uns die Cobo Ya Ya nicht geortet haben, sonst sind wir verloren. Sie werden die Timeless sofort vernichten.«
Sie blickte ihn ausdruckslos an. »Frau Sternberg ist anderer Ansicht. Sie meint, dass durchaus eine Möglichkeit besteht, mit ihnen zu verhandeln.«
»Blödsinn! Sie haben nichts in der Hand, womit sie handeln könnten.«
Corveth
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