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Dramen

Titel: Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wedekind
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Kinderaugen, diesem rosig-weißen strotzenden Körper gegenüber in seiner bürgerlichen Stellung sicher fühlt, der werfe den ersten Stein auf uns.
    Schigolch
    Man muß es annageln. Es wird einen ausgezeichneten Eindruck auf unsere Kundschaft machen.
    Alwa
    Da drüben steckt schon ein Nagel dafür in der Wand.
    Schigolch
    Wie kommen Sie denn zu der Akquisition?
    Die Geschwitz
    Ich habe es in eurer Wohnung in Paris heimlich aus der Wand geschnitten, nachdem ihr fort wart.
    Alwa
    Schade, daß am Rande die Farbe abgeblättert ist! Sie haben es nicht vorsichtig genug aufgerollt.
(Er befestigt das Bild mit dem oberen Rande an einem Nagel, der in der Wand steckt.)
    Schigolch
    Es muß unten noch einer durch, wenn es halten soll. Die ganze Etage bekommt ein eleganteres Aussehen.
    Alwa
    Laßt mich nur, ich weiß schon, wie ich es mache.
(Er reißt verschiedene Nägel aus der Wand, zieht sich den linken Stiefel aus und schlägt die Nägel mit dem Stiefelabsatz durch den Rand des Bildes in die Mauer.)
    Schigolch
    Es muß nur erst wieder eine Weile hängen, um richtig zur Geltung zu kommen. Wer sich das angesehen hat, der bildet sich nachher ein, die seligsten Wonnen zu genießen.
    Alwa
seinen Stiefel wieder anziehend
    Ihr Körper stand auf dem Höhepunkt seiner Entfaltung, als das Bild gemalt wurde. Die Lampe, liebes Kind! Mir scheint, es ist außergewöhnlich stark nachgedunkelt.
    Die Geschwitz
    Es muß ein eminent begabter Künstler gewesen sein, der das gemalt hat!
    Lulu
mit der Lampe vor das Bild tretend
    Hast du ihn denn nicht gekannt?
    Die Geschwitz
    Nein; das muß lange vor meiner Zeit gewesen sein. Ich hörte nur zuweilen noch abfällige Bemerkungen von euch darüber, daß er sich in seinem Verfolgungswahn den Hals abgeschnitten habe.
    Alwa
das Porträt mit Lulu vergleichend
    Der kindliche Ausdruck in den Augen ist trotz allem, was sie seitdem genossen hat, noch ganz derselbe. Aber der frische Tau, der die Haut bedeckt, der duftige Hauch vor den Lippen, das strahlende Licht, das sich von der weißen Stirne aus verbreitet, und diese herausfordernde Pracht des jugendlichen Fleisches an Hals und Armen…
    Schigolch
    Das alles ist mit dem Kehrichtwagen gefahren. Sie kann wenigstens sagen: Das war ich mal! Wem sie heute in die Hände gerät, der macht sich keinen Begriff mehr von unserer Jugendzeit.
    Alwa
    Gott sei Dank merkt man den fortschreitenden Verfall nicht, wenn man fortwährend miteinander verkehrt. Das Weib blüht für uns in dem Moment, wo es den Menschen auf Lebenszeit ins Verderben stürzen soll. Das ist nun einmal so eine Naturbestimmung.
    Schigolch
    Unten im Laternenschimmer nimmt sie es noch mit einem Dutzend dieser englischen Windmühlen auf. Wer um diese Zeit noch eine Bekanntschaft machen will, der sieht überhaupt nicht auf körperliche Qualitäten. Er fragt nach den seelischen Vorzügen. Er entscheidet sich für diejenige Person, von der er am wenigsten Diebesgelüste zu fürchten hat.
    Lulu
    Ich werde es ja sehen, ob du recht hast. Adieu.
    Alwa
    Du gehst nicht mehr hinunter, so wahr ich lebe!
    Die Geschwitz
    Wo willst du hin?
    Alwa
    Sie will sich einen Kerl heraufholen.
    Die Geschwitz
    Lulu!
    Alwa
    Sie hat es heute schon einmal getan.
    Die Geschwitz
    Lulu, Lulu, ich gehe mit, wohin du gehst!
    Schigolch
    Wenn Sie Ihre Knochen auf Zinsen legen wollen, dann suchen Sie sich bitte Ihr eigenes Trottoir.
    Die Geschwitz
    Lulu, ich gehe dir nicht von der Seite! Ich habe Waffen bei mir.
    Schigolch
    Verflucht noch mal! Gräfliche Gnaden legen es darauf an, mit unserem Speck zu fischen!
    Lulu
    Ihr bringt mich um! Ich halte es hier nicht mehr aus!
    Die Geschwitz
    Du brauchst nichts zu fürchten. Ich bin bei dir!
    Lulu mit der Gräfin Geschwitz durch die Mitte ab.
    Schigolch
    Sakerment, Sakerment, Sakerment!
    Alwa
wirft sich auf eine Chaiselongue
    Ich glaube, ich habe vom Diesseits nicht mehr viel Gutes zu erwarten.
    Schigolch
    Man hätte das Frauenzimmer an der Kehle zurückhalten müssen. Sie vertreibt alles, was Odem hat, mit ihrem aristokratischen Totenschädel.
    Alwa
    Sie hat mich aufs Krankenlager geworfen und mich von außen und innen mit Dornen gespickt!
    Schigolch
    Dafür hat sie allerdings auch genug Courage für zehn Mannsleute im Leib.
    Alwa
    Keinen Verwundeten wird der Gnadenstoß jemals dankbarer finden als mich!
    Schigolch
    Wenn sie den Springfritzen nicht nach dem Quai de la Gare gelockt hätte, dann hätten wir ihn heute noch auf dem Hals.
    Alwa
    Ich sehe ihn über meinem Haupte schweben wie

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