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Dramen

Titel: Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wedekind
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Lächerlichkeit! Das ist übermenschlich! Was umschlingt mich! Was packt mich denn an! Ein namenloser Ekel vor dem schauerlichen Los, unter schallendem Hohngelächter zu Tode gefoltert zu werden!
    Dr. Schwarzkopf
versucht sie in die Arme zu schließen
    Weinen Sie, Fräulein Klara! Weinen Sie!
(Nachdem ihn Klara zurückgestoßen, für sich)
Das ist ein Unglück, das ich bei so manchem Unglücksfall erlebe, daß das Unglück gerade im unglücklichsten Augenblick anfängt, lächerlich zu werden!
    Frau Oberst
sucht Klara aufzuhalten, jammernd
    Gibt es denn für deine Mutter gar keine Möglichkeit, mit dir, mein liebes Kind, allein zu sein!
    Josef
sich kühl verbeugend
    Ich war drei Jahre hindurch der Lehrer Ihrer Tochter…
    Frau Oberst
    Aus vollem Herzen danke ich Ihnen, Herr Professor, für alles was Sie in den drei Jahren an meiner Tochter getan haben.
    Klara
aufschreiend, auf und nieder rennend
    Drei Jahre hindurch habe ich, ohne zugrunde zu gehen, das gräßlichste Unglück ertragen, das einem Weibe beschieden sein kann! Das war zu wenig! Das war zu wenig! Mir war noch übrig, in meinem Unglück verhöhnt zu werden! Das irdische Denken reicht nicht bis zu dem Gedanken aus, daß es solche Qualen gibt. Ich stehe am Schandpfahl! Und kein Erwürgen möglich. Kein Selbstmord mehr! Gelächter über mir! Gelächter unter mir! Gelächter! Gelächter!
(Sie heult in fürchterlichem Schmerz auf und sinkt zu Boden)
Die Menschen bekommen Krämpfe vor Lachen, wenn sie die Erzählung meiner Qualen hören!
    Dr. Schwarzkopf
leise zu Josef
    Jetzt gehen Sie aber bitte, ohne sich zu verabschieden!
    Josef
    Ich möchte mich durchaus nicht aufdrängen. – Komm, Else!
    Else und Josef ab
    Dr. Schwarzkopf
zur Frau Oberst, die in einem Sessel zusammengesunken ist
    Frau Oberst, ich erwarte jetzt die tatkräftigste Entschlossenheit von Ihnen! Für die Bestattung dieses unglücklichen Wesens werden Herr Lindekuh und ich Sorge tragen. Nehmen Sie jetzt Ihre Tochter, wenn Sie ihr Leben retten wollen, besinnungslos, wie sie daliegt, vom Boden auf und bringen Sie sie, ohne sie zur Besinnung kommen zu lassen, zur Bahn! Dann fahren Sie, ohne sich einen Aufenthalt zu gestatten, mit ihr in die Schweiz und pflegen Sie sie bei sich zu Hause so gut, wie man ein todkrankes Kind nur irgendwie pflegen kann!
(Klara vom Boden aufhebend)
Stehen Sie jetzt rasch auf, Fräulein Klara. So rasch wie möglich!
(Eine wollene Decke von ihrem Bett nehmend)
Wickeln Sie sich fest in diesen Reiseplaid, und nun gehen Sie mit Ihrer lieben Mutter! Herr Lindekuh und ich kommen Ihnen gleich nach, um Ihnen die Fahrkarten zu besorgen! Halten Sie sich nicht mehr auf, meine Damen!
(Er geleitet die Damen hinaus. – Zurückkommend zu Lindekuh)
Ich hoffe zuversichtlich, daß dieser erste Anfall keine dauernde Geistesstörung zur Folge hat.
    Lindekuh
    Die kann ein Lied singen!
     
    Ende

 
     
Die Zensur
    Theodizee in einem Akt
    1907

 
     
     
    Wenn sich der Wedekind einbildet, daß wir ihm seines Einakters »Die Zensur« wegen »Die Büchse der Pandora« freigeben, dann täuscht er sich gewaltig.
Oberregierungsrat von Glasenapp.
(Zu Direktor Barnowsky gelegentlich der
Berliner Aufführung von »Die Zensur«.)

 
Personen
     
    Dr. Cajetan Prantl, Sekretär des Beichtvaters Seiner Majestät.
    Walter Buridan, Literat.
    Kadidja, seine Geliebte.
    Eine Zofe.
     

Szenerie
    Walter Buridans Arbeitszimmer mit Schreibtisch, Büchergestell. Diwan, Klubsessel, hohem, bis auf den Teppich herabreichendem Spiegel, einem Wandschirm, dickem Teppich, Eisbärenfell und Musikinstrumenten. Rechts vom Zuschauer eine Seitentür. Im Hintergrund eine sehr breite Balkontür, durch die man auf den Balkon hinaussieht. Es ist Abend. Die Lampen brennen. Draußen klarer Sternenhimmel.
Erste Szene
    Kadidja unsichtbar. Walter Buridan sitzt hinter dem Schreibtisch.
    Buridan
    Was tust du denn solange da draußen auf dem Balkon? – Nun, Kadidja, warum antwortest du denn nicht?
(Er erhebt sich.)
Sie ist doch vorhin auf den Balkon hinausgegangen!
(Er ruft.)
Kadidja!
(Er eilt auf den Balkon hinaus.)
Gott sei Dank!
(Kadidja ins Zimmer zurückführend)
: Kadidja, wie kannst du mich so entsetzlich erschrecken!
    Kadidja
    Ich war darauf gespannt, wie sich die Befürchtung, daß ich nicht mehr dasein könnte, bei dir äußern würde.
    Buridan
    Ja, ja. – So wenig gelingt es mir, bei all der Liebe, die ich für dich fühle, dich glücklich zu machen!
    Kadidja
    Ja, ja. Ich bin ein unzufriedenes, undankbares

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