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Draußen wartet die Welt

Draußen wartet die Welt

Titel: Draußen wartet die Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Grossman
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abgemacht hatten, dass ich am Ende des Sommers wieder nach Hause komme, aber ich würde sehr gerne noch den Herbst über hierbleiben, wenn ich darf. Ich las den Abschnitt noch einmal durch und fügte hinzu: Mir gefällt meine Arbeit, und ich glaube, dass ich hier wirklich gebraucht werde. Aber ich möchte nicht, dass meine Abwesenheit von zu Hause eine zu große Last für Euch wird, und ich bin mir sicher, dass Euch meine Hilfe fehlt, wenn die Gäste aus der Pension zum Abendessen kommen. Aber wenn Ihr noch eine Weile auf mich verzichten könnt, wäre das wirklich gut für diese Familie und für mich.
    Ich steckte den Brief in einen Umschlag und schrieb die Adresse meiner Familie darauf. Als ich die Briefmarke aufklebte, spielte ich mit dem Gedanken, ein kleines Gebet dafür zu sprechen, dass der Brief mir die Antwort bescheren würde, die ich mir wünschte. Dann wurde mir bewusst, dass ich fast gar nicht mehr gebetet hatte, seit ich hier war, und ich verspürte ein Stechen, als ich daran dachte, dass Gott vermutlich wichtigere Gebete zu beantworten hatte als dieses.
    Jeden Tag wartete ich sehnsüchtig auf die Post. Eine Woche verging und ich hatte noch immer keinen Brief von zu Hause. Ich versuchte es mit einem weiteren Brief, in dem ich Neues über meine Arbeit und die interessanten Sachen berichtete, die die Kinder von sich gaben. Im PS fügte ich hinzu: Habt Ihr schon eine Entscheidung darüber getroffen, ob ich noch ein wenig länger bleiben kann? Mrs Aster braucht noch etwas mehr Zeit für ihre Abschlussarbeit und ich würde ihr wirklich gerne helfen. Bitte gebt mir bald Bescheid.
    Ein paar Tage später traf ein Brief von meiner Mutter ein.
    Liebe Eliza,
    ich habe mich gefragt, wie es Dir gefallen würde, wenn Deine Mutter Dich besuchen kommt. Ich denke darüber nach, für ein paar Tage zu Dir zu fahren, um zu sehen, wie es Dir geht, und mir vielleicht die Stadt anzuschauen. Ich würde mit dem Zug kommen und hoffe, dass Du mich am Bahnhof abholen kannst. Ich freue mich darauf, ein wenig Zeit mit Dir zu verbringen.
    Alles Liebe,

Mutter
    PS: Ich hoffe auch, dass sich eine Gelegenheit bietet, Deine Freundin Betty kennenzulernen!

 
Kapitel 28
    Ich wusste nicht, was ich von dem Brief meiner Mutter halten sollte. Sie war überhaupt nicht auf meine Bitte eingegangen, noch länger bleiben zu dürfen, und ich machte mir Sorgen, dass sie vorhatte, mich am Ende ihres Besuchs persönlich mit nach Hause zu nehmen.
    Aber sie hatte auch geschrieben, dass sie Tante Beth treffen wollte. Ich rief Beth sofort an und fragte sie, ob sie auf ihrem Nachhauseweg von der Arbeit bei mir vorbeifahren könne. Sie klingelte an Rachels Haustür, als ich gerade einen Auflauf für das Abendessen mit der Familie in den Ofen schob. Ich nahm Beth an der Hand und zog sie mit mir nach oben. Sie hatte mein Zimmer noch nie zuvor gesehen, und ich sah, wie sie mein privates Reich in Rachels Zuhause mit einem wohlwollenden Lächeln bedachte. Ich reichte ihr den Brief und wartete auf den Moment der Erkenntnis.
    Ihr ganzes Gesicht veränderte sich. Sie stieß einen Laut aus, der klang, als bekomme sie keine Luft mehr, und legte ihre Hand auf den Mund. Ihre Augen weiteten sich.
    »Ich weiß!«, sagte ich, obwohl sie gar nichts gesagt hatte. Sie nahm ihre Hand wieder vom Mund und streckte sie in meine Richtung aus. Ich rannte zu ihr, nahm sie in den Arm und spürte, wie sie am ganzen Körper zitterte.
    Es folgte ein reger Briefwechsel zwischen mir und meiner Mutter, in dem wir uns über passende Termine austauschten und schließlich ihre Ankunftszeit am Bahnhof ausmachten und besprachen, dass sie bei Rachel wohnen würde, obwohl Beth natürlich bereits ihr Gästezimmer für uns vorbereitete. Ihr Besuch stand schon in einer Woche an. Sie wollte sechs Tage bleiben – so lange war sie als verheiratete Frau noch nie von zu Hause fort gewesen.
    Trotzdem war ich voller Bedenken. Ich machte mir Sorgen darüber, wie das Wiedersehen der beiden Schwestern verlaufen würde, und darüber, welche Pläne sie für mich hatte. Und ich musste mir über meine Gefühle für diese Frau klar werden, die ihre eigene Schwester gemieden hatte.
    Eines Nachmittags, als die Kinder im Ferienlager waren und ich meine tägliche Hausarbeit erledigt hatte, setzte ich mich mit meinem Tagebuch auf dem Schoß auf mein Bett, blätterte durch die Seiten und las Auszüge aus meinem Rumspringa-Leben. Überall Knöpfe, hatte ich an einem meiner ersten Tage geschrieben. Pieptöne und

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