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Draussen

Draussen

Titel: Draussen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lachmann
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sein. Du weißt ja selbst, wie das ist.« – »Ja, das weiß ich! Nur zu gut! Schließlich werde ich auch alleine auf dieser beschissenen Hochzeit sein!« – »Hey, Süße, so war das doch nicht gemeint! Wir sind doch dann alle da, Ulf und Ulrike, ich …« – »… und Ralf«, ergänzte ich trocken. Na toll! Pärchenalarm. Und ich hatte gedacht, Connie und ich könnten wenigstens miteinander Spaß haben, wenn ich schon auf diese Hochzeit musste. Das würde nun wohl an mir alleine hängenbleiben, das Spaßhaben.
    Es gibt kaum etwas Schlimmeres für Singles, als alleine eine Hochzeit zu besuchen. Na ja, doch: alleine als Single eine Hochzeit von Antialkoholikern zu besuchen. Vor ein paar Jahren war ich einmal auf einer Guttempler-Hochzeit gewesen. Meine Nachbarn Uwe und Sabine hatten mich eingeladen. Es war die Hölle gewesen. Alleine unter lauter Paaren und dann nur Rhabarbersaftschorle und alle möglichen Kaffeevariationen. Es gab nicht mal alkoholfreies Bier, in dem ja manchmal wenigstens ein Minimalanteil Alkohol enthalten war, so dass man wenigstens von ein, zwei Kästen hätte betrunken werden können.
    Man hatte mich natürlich an einen Tisch mit lauter Pärchen gesetzt – es gab auf Hochzeiten nur Tische mit Pärchen –, aber Sabine hatte mir vorher mit einem Augenzwinkern mitgeteilt, dass es zwischen Rolf und Bernarda, die mir gegenübersaßen, nicht mehr so gut laufe. Was erwartete sie von mir? Gut, Rolf schien wirklich ein netter Typ zu sein, aber das hatte was von Todesanzeigen lesen, wenn man auf Wohnungssuche war. Ich wollte bei dieser Beziehung keine Sterbehilfe leisten.
    Und nun ging ich wieder allein auf eine Hochzeit. Wenigstens würde ich da die Möglichkeit haben, mir die Feier mit vergorenen Getränken schönzusaufen. Eine Alternative wäre natürlich, gar nicht erst hinzugehen. Aber es stimmte schon: Meine besten Freunde würden da sein. Und ich wollte die Begeisterung der beiden beim Erhalt ihres Picknickkorbes dann doch mitbekommen. Es war ein sonniger Maitag. Eigentlich der erste schöne Tag nach gefühlten acht Wintermonaten. Ein herrlicher Tag zum Heiraten. Wenn man jemanden hatte, zumindest. Nicht unbedingt ein herrlicher Tag, um partnerlos auf eine Hochzeit zu gehen. Ich konnte mir etwa 23 tollere Sachen vorstellen, als heute das Glück zweier Menschen zu feiern, die ihren Traumpartner gefunden hatten, während ich seit Jahren meinem Glück hinterherlief. War ich verbittert? Allenfalls haderte ich mit dem Schicksal wegen seines miserablen Zeitmanagements. Wenn ich gesagt bekäme: In drei Jahren verliebst du dich glücklich in einen wunderbaren Mann und ihr bleibt zusammen bis ans Ende eurer Tage, dann könnte ich nicht nur, sondern ich müsste die drei Jahre noch voll auskosten, das Singledasein einfach genießen, Spaß mit Männern haben – und mich seelisch schon mal darauf vorbereiten, dass es damit bald vorbei sein würde. So wusste ich aber noch nicht, wann es soweit sein würde. Und das machte mich ungeduldig.

    Die Hochzeit sollte auf einem alten Gutshof etwas außerhalb Hamburgs, im Alten Land, stattfinden. Natürlich. Im Grünen. Hochzeiten mussten im idyllischen Grünen stattfinden. Selbst wenn die beiden eingefleischte Großstadtmenschen waren, beide gesegnet mit einem amtlichen Heuschnupfen – auch sowas verbindet -: Geheiratet wurde auf dem Land. Vielleicht, damit wenigstens der erste Tag als Ehepaar in Harmonie verlief. Tim und Steffi hatten bereits vor Monaten mit den Vorbereitungen angefangen, hatte Connie mir erzählt. Steffi war sogar zur Probe zum Friseur gegangen. Schließlich wollte sie eine Hochsteckfrisur. Hochsteckfrisur musste auch sein, bei einer Hochzeit. Und wenn man mit Haarteilen und Zweitfrisuren arbeiten musste – es war ein ungeschriebenes Gesetz, dass eine Frau nur mit Hochsteckfrisur heiraten konnte. Man munkelte, dass selbst Skinhead O’Connor mit Hochsteckfrisur geheiratet hatte. Und das musste natürlich geübt werden. Nicht dass dem Friseur zum schönsten Tag des Lebens die passenden Haarteile ausgegangen waren und man dann mit einem magentafarbenen Dutt vorliebnehmen musste, der eigentlich für eine Zugbegleiterin vorgesehen war. Außerdem hatte Steffi in den letzten Monaten strikte Diät gehalten, schließlich hatte sie ihr Hochzeitskleid eine Nummer zu klein gekauft, mit den Worten: »Ach, bis zur Hochzeit pass ich da rein.« Das musste sie auch, denn der Preis ihres Kleides machte ungefähr die Hälfte der gesamten Hochzeitskosten aus.

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