Draussen
»Hand drauf!« Wir streckten uns so zackig die Hände entgegen, dass Connie mir mit ihren roten langen Fingernägeln einen kräftigen Ratscher auf dem Handrücken verpasste. »Hey, ich hab nichts von ›mit Blut besiegeln‹ gesagt.« Wir schüttelten uns die Hände und sahen uns dabei so fest in die Augen, wie das nach jeweils etwa zwei Flaschen Prosecco möglich war. Ich hielt Connies Hand fest, zog sie von ihrem Platz hoch und befahl: »Aber jetzt gehen wir erstmal tanzen!«
Kapitel 13
Der Nächste, bitte!
»Hast du denn heute schon bei ›LiveLove‹ reingeguckt?« Connie fragte mich das jetzt schon zum dritten Mal. Es war Sonntagabend, the day after, und wir lagen auf meiner Couch und guckten »Die Hard 1-4«. Zu mehr waren wir heute nicht in der Lage. Ich grunzte nur. »Du hast es versprochen! Und das heißt auch, dass du jemanden kennenlernen musst! Glaub nicht, dass ich es durchgehen lasse, wenn du dich jetzt einfach nicht mehr einloggst!« – »Sei still, Bruce denkt nach, das ist spannend!« Ich machte den Fernseher etwas lauter. »Aber nach dem Film gehen wir ein bisschen ins Netz.« – »Ich geh heute nirgends mehr hin. Ich möchte meinen Kopf nicht öfter als unbedingt nötig bewegen.« – »Mann, wir haben gleichviel getrunken. Soo schlimm kann das nicht sein bei dir. Der Film ist gleich zu Ende, ich fahre schon mal dein Notebook hoch.« – »Na gut. Von mir aus.« Ich seufzte. Insgeheim freute ich mich natürlich, dass Connie den Abend mit mir verbrachte, obwohl Ralf morgen für zwei Monate nach Indien reiste. Sie hatte mir erklärt, er habe noch so viel zu packen und sie würde nachts noch zu ihm fahren, er wolle anrufen, wenn er fertig sei. Wahrscheinlich war sie deshalb so ungeduldig und sah immer wieder auf ihr Handy. Das war ja eine weitere Bestimmung von uns Frauen. Wir mussten nicht nur gut aussehen, Kinder kriegen und bügeln, nein, wir waren auch auf dieser Welt, um auf Anrufe von Männern zu warten. Wahrscheinlich war das Telefon nur erfunden worden, damit wir etwas hatten, worauf wir warten konnten. Wobei wir inzwischen ja auch noch auf SMS und Emails warten konnten. Scheiß-Fortschritt! Bruce hatte es wieder einmal geschafft, ich war erleichtert. Connie saß schon vor dem Rechner. »Lass mich erst mal meine Emails checken.« Ich setzte mich zu ihr. Mein Gewissen plagte mich, weil ich meinem Bruder noch gar nicht geantwortet hatte. Da, er hatte nochmal geschrieben. Oje. Liebes Schwesterlein, vergiss die Mail von neulich. Toni ist ein Schatz! Sie hat mich zum Essen eingeladen und will mit mir in den Urlaub. Nach Sardinien!!! Ich freue mich total. Bussi, Dein Micha. Wenn ich nicht wüsste, dass er hetero war … Ich schrieb ihm schnell zurück, dass ich mich sehr für ihn freute. Hoffentlich hielt das gute Gefühl jetzt mal ’ne Weile. Inzwischen war Connie schon unruhig geworden. »Wie ist dein Passwort?« – »3litererbsen-suppe, vorne die Zahl, ein Wort.« Connie loggte sich mit meinem Benutzernamen ein und schien erfreut zu sein: »Komm, hier sind gerade ein paar süße Typen online!« Süße Typen? Es schüttelte mich. »Guck ma hier, Wurstsud76, ist der nichts für dich? Er sucht eine ›Frau mit Humor, die gut aussieht und kochen kann‹.« – »Das ist ja wohl mega-sexistisch. Gut aussehen und kochen!!! Ph. Und überhaupt, was ist das für ein Nickname? Wurstsud! Ekelig!« – »Hmm. Mal sehen. Ach guck mal, der hier sieht nett aus. Wiener34 ist auch ein recht neutraler Nick.« – »Schon wieder ein Würstchen? Nee. Und wenn er nicht das Würstchen meint, dann ist er aus Österreich. Und das ist mir zu weit weg. Keinen Bock auf Fernbeziehung. Lass mich mal.« Connie lachte: »Was hast du gegen eine Fernbeziehung? Wirst du schon mal nicht so schnell schwanger! Jedenfalls nicht von ihm …« Sonntagabend war eine gute Zeit, um im Netz zu stöbern, da waren nicht nur die Übriggebliebenen, die keine Freunde hatten, online. Freitag- oder Samstagnacht ging ich selbst auch nur online mit der Ausrede, krank zuhause zu sein, und hoffte, auf einen zu treffen, der es genauso machte. Doch heute waren wirklich einige interessante Männer dabei. »Hier guck mal, wie findest du den?« Ich klickte auf das Foto eines Dunkelhaarigen mit amerikanischem Unterkiefer, um es zu vergrößern. »Du sollst nicht immer nur nach dem Äußeren gehen! Hier steht, er will eine Frau zwischen 18 und 25, er selbst ist – Moment – 35. Das ist widerlich!« – »Aber ich habe doch auch im Suchprofil einen
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