Dray Prescot 04-Die Armada von Scorpio
rangen, wie sich die Fristles nervös über das Fell strichen. Viridia blickte auf uns herab, und wer konnte sagen, wie sie entscheiden würde – für oder gegen uns?
Sie war eine kräftige, um nicht zu sagen stämmige Frau, doch gewann ich aus ihrer Haltung und dem Fall ihrer unmöglich bunten Kleidung den Eindruck, daß sie einen Panzer trug, daß die Roben und Umhänge eine absichtliche Verkleidung darstellten. Sie zog halb ihr Rapier und schob es wieder in die Scheide zurück – eine Bewegung, die von den Womoxes automatisch nachgeahmt wurde –, legte die Hand an den Mund, der groß und breit war, und bedachte das Problem, das ich in ihr geordnetes Piratenleben getragen hatte.
»Und wer soll die Gefangenen abliefern und das Lösegeld kassieren? Vielleicht du, Prescot? Würden wir dich je wiedersehen?«
»Ja, wer?« riefen die Männer, von ihrem Argument überzeugt.
»Zählt die Ehre nichts auf den Hoboling-Inseln?« rief ich zurück.
Als diese Frage erklang, begannen die Männer zu murren, und Viridia errötete; doch sie wußte so gut wie ich, daß Piratenehre nicht besonders hoch im Kurs stand. Ich fuhr hastig fort: »Du solltest jemanden schicken, dem du vertraust – wenn du mir schon nicht vertraust!« Wie um die Diskussion abzuschließen, breitete ich die Arme aus. »Ich will nur das Geld haben, das mir und meinen Kameraden zusteht, mehr nicht.«
Als Ergebnis meines Einschreitens verzichtete Viridia darauf, die Gefangenen zu töten, und ließ sie mit dem Argenter nach Walfarg schicken, um ein Lösegeld zu erpressen. Wir trieben uns eine Zeitlang nervös und unbehaglich vor der Küste herum, während Viridias Leutnant das Geschäftliche erledigte. Aber als er schließlich zurückkehrte und sich aus den Leinenbeuteln ein breiter Strom lohischer Goldstücke auf das Deck ergoß, gab es ein begeistertes Gebrüll. Sogar Viridia freute sich.
Sie rief mich in ihre prunkvolle Achterkabine. Zhantilpelze lagen über den Sitzen, überall lehnten Waffen an den Wänden, Kleidungsstücke bedeckten den Boden, und Toilettenartikel begruben einen Tisch unter sich. Sie musterte mich mit einem Ausdruck, den ich vergeblich zu ergründen versuchte.
Viridias Leutnant, der neben ihr stand, betrachtete mich mit offenem Widerwillen.
Er hieß Strom Erclan, ein grober Klotz, dem jedoch noch Überreste vergangener Kultur und Bildung anhafteten. »Strom« ist ein kregischer Titel, der am ehesten dem irdischen »Graf« entspricht. Er hatte es gern, wenn ihn die Männer so anredeten, was ich für eine harmlose Marotte gehalten hatte; aber als ich mir die beiden nun ansah, erkannte ich, daß auch Viridia daran gelegen war, einen »vornehmen« Adjutanten zu haben. Sie entschied über Leben und Tod ihrer Mannschaften. Sie sah sich vielleicht als eine der sagenhaften Königinnen des Schmerzes, die aus der Geschichte Lohs bekannt sind. Ich dachte an Königin Lilah von Hiclantung, die einmal eine Königin des Schmerzes gewesen war – und seufzte, als ich die beiden Frauen verglich. Arme Viridia.
»Du wirst etwas zu groß für deine Stiefel, Prescot«, sagte Strom Erclan.
Ich blickte nach unten. Natürlich war ich barfuß.
Erclan fauchte mich wie ein Leem an: »Unverschämter Cramph!«
»Wie ich höre, wolltest du mich sprechen«, sagte ich zu Viridia. »Läßt du es zu, daß sich ein Kleesh in deiner eigenen Kabine so etwas herausnimmt?«
Ehe Viridia antworten konnte, fuhr Erclans Rapier aus der Scheide, und er sprang um den Tisch herum auf mich zu. Ich zog ebenfalls, parierte und setzte ihm meine Klinge an den Hals.
Ich starrte ihm in die Augen. Fast hätte ich die Beherrschung verloren und ihn getötet.
»Kleesh, habe ich gesagt, Strom! Willst du auf der Stelle sterben?«
»Halt ein, du Dummkopf!« rief Viridia. »Wenn du ihn tötest, verläßt du diese Kabine nur als Leiche!«
Dann sah ich durch einen Durchgang die Gestalt eines Womox, der einen Bogen spannte und einen Pfeil auf mich gerichtet hatte.
Ich ließ meine Klinge zur Seite zucken und versetzte Erclan mit der Linken einen Schlag ins Gesicht. Er stürzte aufschreiend in eine Ecke, wo er sein Gesicht in eine Schale mit einer übelriechenden Salbe steckte, die Viridia aus unerfindlichen Gründen zu irgendeiner Körperpflege verwendete.
In diesem Augenblick überraschte mich Viridia – sie lachte.
»Ach, Strom Erclan, du Onker! Laß mich ein paar Murs lang mit dem wilden Mann allein.«
Erclan war ganz und gar nicht glücklich über den plötzlichen
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