Dread Empire's Fall 01 - Der Fall des Imperiums
Der Vorsitzende fuhr fort.
»Während uns immer mehr Große Meister verließen, wurden die vollkommenen Richtlinien durch weniger vollkommene ersetzt. Das Ideal ist dahin, denn nun thront nicht mehr die Spezies, die als Erste die Praxis kennenlernte, über allen anderen, sondern wir haben jetzt eine Gleichrangigkeit unter den Spezies in der Konvokation.«
Weitere Naxiden bewegten sich nach vorn und stellten sich vor dem Vorsitzenden in einer Reihe auf. Als Lord Chen sich nach links und rechts umschaute, entdeckte er viele verwirrte Gesichter.
»Wo ist das entscheidende Prinzip der Unterordnung?«, fragte Akzad. »Wo sind die Befehlshierarchien? Um die bewährte Ordnung zu bewahren, wurde auf Naxas, sobald klar war, dass der letzte Shaa uns bald verlassen würde, der Ausschuss für die Rettung der Praxis ins Leben gerufen.«
Lord Chen fuhr abrupt auf, weil er ebenso erstaunt wie widerstrebend allmählich begriff, worauf Akzad hinauswollte. Andere waren schneller als er. Der alte Lord Saïd, ein Mann mit mächtigem Schnurrbart und
Adlernase, war bereits mit zornig gefurchter Stirn aufgesprungen. Er war der älteste Vertreter eines uralten, äußerst konservativen Klans und nicht bereit, radikale Veränderungen wie einen selbst ernannten Ausschuss zur Rettung der Praxis einfach hinzunehmen, solange die Praxis unter seiner eigenen und der Führung der anderen Konvokaten gedieh.
»Ist das etwa ein Verrat?« Seine Stimme erfüllte mühelos den großen Raum.
Akzad ignorierte die Unterbrechung. »Um die Praxis zu retten, müssen wir das Prinzip der Unterordnung wieder einführen. An die Stelle der Shaa müssen nun diejenigen treten, die am stärksten und am längsten der Praxis ausgesetzt waren!«
»Verrat! Verrat!« , rief Saïd. Andere nahmen den Ruf auf. Ein Delegierter der Torminel sprang auf sein Pult und schwenkte die pelzige Faust. Die mehr als fünfzig naxidischen Konvokaten hatten sich inzwischen vor dem Podium aufgestellt. Die meisten übrigen Ratsmitglieder waren vor allem verblüfft, einige hatten sich noch nicht einmal von ihren Plätzen erhoben.
»Sie haben nicht das Wort!« Akzad deutete mit seinem Stab auf Saïd und berührte einen silbernen Ring auf dem Stab, um seine eigene Stimme zu verstärken und das Durcheinander zu übertönen.
»Im ganzen Reich setzen sich loyale Bürger in diesem Moment dafür ein, die Praxis in Übereinstimmung mit dem Ausschuss zu retten! Kriegsschiffe, Ringstationen und andere Einrichtungen werden übernommen!« Er
schwenkte den Stab und umfasste mit einer ausholenden Bewegung die ganze Versammlung. »Es ist Ihre Pflicht, den Anordnungen des Ausschusses für die Rettung der Praxis zu gehorchen! Ich befehle Ihnen, sich zu setzen und sich meinem Befehl unterzuordnen!«
»Das reicht mir jetzt!« Als geübter Rhetoriker brauchte Saïd keine Verstärker, um sich Gehör zu verschaffen. »Ich weiß nicht, was die anderen denken, aber ich erkenne einen Verräter, wenn ich einen sehe!«
Trotz seiner mehr als achtzig Jahre hob der Konvokat mit der grauen Mähne seinen Stuhl, marschierte zum Mittelgang und schwenkte das Möbelstück über dem Kopf. »Tod den Verrätern!«, brüllte er.
Der Vorsitzende Akzad hätte seinen Forderungen gern dadurch Nachdruck verliehen, dass sich Hunderte von Antimaterieraketen unter der Befehlsgewalt der Geschwaderführer Elkizer und Farniai befanden. Akzad und seine Anhänger zeigten einen enormen Mut, weil sie den Anweisungen des Komitees folgten und die Kapitulation der Konvokation verlangten, obwohl ihre beiden Geschwader schon seit vier Tagen mit starkem Schub in die falsche Richtung beschleunigten und sämtliche Raketen in der Umgebung nach wie vor in den Händen der Flotte waren.
Da die Militärmacht fehlte, hätten Lord Akzad und seine Anhänger wenigstens daran denken können, sich persönlich zu bewaffnen, doch in den Instruktionen waren keine Waffen erwähnt worden, und ein Massaker an den Konvokaten lag ohnehin nicht im Interesse des
Komitees. Sie verlangten Gehorsam und rechneten fest damit, auf keinerlei Widerstand zu stoßen. Dass die ehrwürdigen Konvokaten sich handgreiflich wehren könnten, war ihnen nicht in den Sinn gekommen.
So trat Akzad letzten Endes nur mit seinem Mut und seinem Stab gewappnet der ganzen Konvokation entgegen. Als Lord Saïd durch den Mittelgang marschierte und seinen Stuhl auf den Vorsitzenden schleuderte, verlor Akzad jegliche Selbstbeherrschung.
»Ich verlange, dass Sie auf Ihren Platz zurückkehren!«,
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