Dread Empire's Fall 01 - Der Fall des Imperiums
während sein Blick verzweifelt über das Publikum bis zu Saïd und Tork wanderte. »Mein Lord Vorsitzender, mein Lordkommandeur …« Dann sah er zur Galerie hinauf. »Meine Freunde.«
Nun hatte er sich selbst überzeugt, dass er tatsächlich vor diesem Publikum sprechen konnte, und endlich flogen ihm die Worte zu. Zuerst nur ein paar Bemerkungen, doch sobald er begonnen hatte, folgten weitere und dann noch mehr. Ein Glück, dass er diese Ansprache schon zweimal gehalten hatte. Das half ihm, seinen Rhythmus zu finden. Es war kein Problem, seine Gefühle auf die Konvokation zu übertragen. Dieses Publikum hatte genau hier seine eigene Schlacht geschlagen, und er konnte ihnen Mut, Tatkraft und Umsicht im gleichen Maße zugestehen wie seiner Crew auf der Corona .
Am Ende strömten die Worte frei aus seinem Mund, als hätte er sein Lebtag nichts anderes getan, als vor der Konvokation zu sprechen.
»Eines weiß ich tief in meinem Herzen«, schloss er. »Dank der Weisheit dieser Versammlung und ihrer Anführer, dank des Mutes und der Geschicklichkeit, wie sie die Besatzung der Corona an den Tag gelegt hat, können wir bei unserem edlen Kampf nicht scheitern!«
Daraufhin brachen Jubelrufe und ein Beifallssturm aus, der länger anhielt als beim ersten Mal. Martinez bemühte sich abermals, weise und selbstbewusst zu lächeln und salutierte noch einmal mit der Kugel in der Hand.
Und wenn euch mein Akzent nicht gefällt, dann könnt ihr mich mal.
Anschließend gab es einen Empfang im Ngeni-Palast. Überall duftete es nach den Hunderten Blumengestecken, und unter der hohen Decke strahlten die Dekorationen in der Form von Schneeflocken, von denen keine einer anderen glich, und warfen einen silbernen Schein auf die Gäste.
Draußen war echter Schnee gefallen und hatte sich auf die Fensterbänke und funkelnd auf die Bäume im Hof gelegt. Konvokaten, hochrangige Flottenoffiziere und höhere Verwaltungsbeamte drängten sich in den Gängen und auf den Galerien.
Kein Einziger trug Trauerkleidung. Die Konvokation hatte beschlossen, die Trauerperiode für den letzten Großen Meister auszusetzen, und damit waren auch die üblichen Beschränkungen für gesellschaftliche Ereignisse hinfällig. Der offizielle Grund war der Aufstand, dessen Bekämpfung wichtiger war als jede Trauer, doch wenn Martinez ein Konvokat gewesen wäre, dann hätte er die Trauerperiode auch wegen der Verwirrung aufgehoben. Niemand wusste mehr, ob er um den Großen Meister trauerte, um Kriegsopfer, um tote naxidische Rebellen oder um die verlorene Stabilität und Sicherheit der alten Ordnung.
Da man sich nicht mehr darüber den Kopf zerbrechen musste, welche zweiundzwanzig Gäste zu irgendeinem Ereignis geladen werden sollten, befreite sich die Gesellschaft fröhlich von diesem Korsett und vergnügte sich,
soweit es im Winter und während eines Aufstandes möglich war.
Jedenfalls war Martinez froh, wieder seine grüne Uniform tragen zu können.
»Ich wusste gar nicht, dass du eine Rede halten wolltest«, meinte Lord Roland, Martinez’ älterer Bruder.
»Eines Tages will ich auch selbst Konvokat sein«, erklärte der Jüngere. »Ich dachte, ich zeige ihnen lieber gleich, dass ich in der Öffentlichkeit Reden halten und mich nützlich machen kann, und dass wir Laredaner nicht sabbern, zucken oder Schaum vor dem Mund bekommen, wenn wir nervös sind.«
»Eigentlich hatte ich selbst die Absicht, der erste Konvokat aus Laredo zu werden«, erwiderte Roland. Er war ein wenig größer, da er längere Beine hatte, dafür war sein laredanischer Akzent stärker. »Ich hoffe, du respektierst das Vorrecht des Älteren.«
»Vielleicht«, sagte Martinez. »Aber wenn nicht, dann werde ich mir große Mühe geben, dich hineinzubekommen. Jetzt ist der richtige Augenblick, denn es gibt freie Plätze.«
Er wusste selbst nicht genau, wie ernst er es meinte. Kapitänleutnant Lord Konvokat Gareth Martinez. Das klang an einem Tag wie diesem gar nicht so abwegig. Die Konvokation war in Geberlaune, hatte bei den Werften von Laredo bereits drei oder vier Fregatten bestellt und einen ordentlichen Profit für den Martinez-Klan und ihre Anhänger genehmigt.
Vielleicht trugen nach all den Jahren nun doch noch
die Pläne seines Vaters Früchte. Marcus Martinez war in der Flotte und auf Zanshaa geschnitten worden und mit dem festen Willen nach Laredo zurückgekehrt, so reich zu werden, dass ihn niemand mehr übergehen konnte. Selbst nach den Maßstäben der Peers war er unverschämt
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