Dread Empire's Fall 01 - Der Fall des Imperiums
Gesellschaft ihrer Schulfreunde genießen, solange es möglich ist. Dagegen kann ich natürlich nichts einwenden, weil ich im Laufe der Jahre ebenfalls viele Freunde hatte, und …« Nun legte er grübelnd die Stirn in Falten. »Aber so viele ihrer Freunde sind Offiziere, und die gehen ja wohl nachweislich nicht mehr zur Schule.«
Einen Moment lang empfand Martinez für PJ Ngeni beinahe Mitgefühl. Dann erinnerte er sich, mit wem er sprach, und seine Sorgen verflogen wie Kirschblüten im Frühling.
»Ich glaube, Sie müssen einfach Geduld haben«, sagte
er. »Sempronia ist unser Nesthäkchen und daran gewöhnt, immer ihren Willen durchzusetzen.« Tröstend tätschelte er PJs Arm. »Sie wird schon zu sich kommen und mit der Zeit Ihre Tugenden schätzen lernen. Und was die Offiziere angeht - ich bin sicher, dass sie nur deren Gesellschaft genießen will, ehe sie alle in den Krieg ziehen müssen.«
»Hm.« Es dauerte ein Weilchen, bis PJ diese Ideen verarbeitet hatte. »Das könnte wohl sein.«
Am nächsten Morgen, nach dem Frühstück, fand Martinez etwas über einen der betreffenden Offiziere heraus. Er packte gerade eine Reisetasche zusammen, um zu einer Besprechung bei seinem neuen Geschwaderkommandanten Kapitän Farfang auf der Destiny zu fahren, als es zögernd an der Tür klopfte.
»Ja, bitte?«
»Ich bin’s.« Sempronias Stimme drang gedämpft durch die schwere Teakholztür des Shelley-Palastes.
»Komm rein.«
Unsicher öffnete seine Schwester die Tür und trat ein. Als sie sein offenes Hemd bemerkte, kam sie zu ihm und half ihm mit den silbernen Knöpfen. Dabei biss sie sich auf die Unterlippe und schielte beinahe mit ihren Haselnussaugen, während sie sich auf die Arbeit konzentrierte. Sie knöpfte den letzten Knopf zu, glättete seinen Kragen und trat zurück, um ihr Werk zu begutachten.
»Danke«, sagte Martinez.
»Gern geschehen.« Sie verschränkte die Arme vor der
Brust und betrachtete ihn mit gerunzelter Stirn. Er trat unterdessen an seinen Ankleidetisch und nahm die goldene Scheibe am Band in die Hand, die er tragen konnte, wenn er nicht die Goldene Kugel selbst herumschleppen wollte.
»Nimmst du die Kugel nicht mit?«
Martinez legte sich das Band um den Hals. »Es wäre dünkelhaft, das Objekt bei anderen als förmlichen Gelegenheiten zu tragen.«
»Aber, Gareth«, wandte Sempronia ein, »du bist doch dünkelhaft.«
Darauf beschloss er, dass es manchmal klüger sei zu schweigen. Er drehte sich zu ihr um. »Was willst du eigentlich von mir, Proney?«
»Oh.« Sie zögerte. »Ich würde gern mit dir über einen deiner Offiziere reden.«
»Was hast du mit meinen Offizieren zu tun?«
»Es geht um Nikkul Shankaracharya.«
»Aha.« Das wäre sein Zweiter Offizier, den er vor zwei Tagen kennengelernt hatte. Sie hatten höchstens drei Dutzend Worte gewechselt. Ein Unterleutnant mit kaum mehr als sechs Monaten praktischer Erfahrung, der einen dünnen Schnurrbart trug und sehr unsicher auftrat. Bei ihrer ersten Begegnung hatte Shankaracharya keinen großen Eindruck hinterlassen, Martinez war jedoch sicher, dass er mit diesem Mann noch viel Arbeit haben würde.
»Demnach ist er ein Freund von dir?«, fragte er.
Sempronias Wangen glühten rosig. »Ja. Ich hatte gehofft,
dass du, na ja, ein wenig auf ihn aufpassen kannst.«
»Das ist meine Aufgabe«, erwiderte Martinez. »Hältst du es denn für möglich, dass ich auf Shankaracharya besonders gut aufpassen muss?«
Sempronia errötete noch stärker. »Ich glaube, er ist sehr fähig, doch er ist schüchtern und drängt sich nicht in den Vordergrund. Du könntest ihn leicht auf dem Deck zertrampeln, ohne überhaupt zu bemerken, dass er da ist.«
»Na gut, dann verspreche ich dir, ihn nicht auf dem Deck zu zertrampeln.« Als er sein Gedächtnis bemühte, fiel ihm ein, dass Sempronia bei dem Empfang der Familie für Caroline Sula mit einem dunkelhaarigen Offizier gesprochen hatte.
Ihr Blick irrte hin und her. »Er bewundert dich sehr und hat seinen Patron Lord Pezzini bemüht, um auf die Corona zu kommen.« Sie schnitt eine Grimasse. »Natürlich kennt er dich nicht so gut wie ich.«
Martinez ging zu Sempronia und hob ihr Kinn hoch, damit er ihr in die Augen sehen konnte. »Ist Shankaracharya dir sehr wichtig, Proney?«
Sie presste die Lippen zu einer schmalen Linie zusammen und nickte. Er küsste sie auf die Stirn.
»Nun gut, dann werde ich mich für ihn einsetzen, so gut es geht.«
Spontan nahm sie ihn in die Arme und drückte fest.
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