Dread Empire's Fall 01 - Der Fall des Imperiums
zum Eingang, wo gerade ein Flottenkapitän mit einer eleganten jungen Dame am Arm aufgetaucht war. »Haben Sie schon meinen Sohn Richard kennengelernt?« Dann lächelte er. »Aber natürlich, ich habe es ganz vergessen.«
Sulas Gedanken rasten, während sie sich zu erinnern versuchte, wo sie Kapitän Lord Richard Li schon einmal begegnet war. Er war definitiv kein Mann, den man so schnell wieder vergaß: größer als sein Vater, dunkles Haar, ein glattes, attraktives Gesicht von der Sorte, die auch im mittleren Alter noch jugendlich wirkte.
»Caro«, sagte Lord Richard und fasste sie bei der Hand. »Wie schön, Sie nach all den Jahren wiederzusehen.«
Sofort erwachte ihr Widerspruchsgeist, und sie musste sich zusammenreißen, um höflich zu bleiben. »Caroline«, korrigierte sie ihn. »Ich bin nicht mehr Caro.«
Lord Richards Augen blitzten amüsiert. »Sie erinnern sich überhaupt nicht an mich, was?«
»Ich fürchte, nein.« Benimm dich, sagte sie zu sich selbst. Diese Menschen möchten deine Freunde sein.
Lord Richards Lächeln war sehr weiß, und seine Augen waren sehr blau. »Ich habe Sie in unserem Garten in Meeria auf Ihr erstes Pony gesetzt.«
»Oh«, flötete Sula. » Sie waren das?«
»Habe ich mich denn wirklich so sehr verändert?«, fragte er. »Reiten Sie überhaupt noch?«
»Schon seit einer Ewigkeit nicht mehr.«
Lord Richard warf einen Blick zu seinem Vater, dann sah er wieder Sula an. »Unsere Stallungen in Meeria haben wir noch. Wenn Sie mal hinfahren und etwas reiten wollen, heißen wir Sie gern willkommen. Man kann dort auch sehr gut angeln.«
Lord Durward nickte wohlwollend.
»Danke«, sagte Sula. »Ich werde darüber nachdenken. Es ist allerdings so lange her …«
Lord Richard wandte sich der jungen Frau an seiner Seite zu. Sie war groß und gertenschlank, hatte dunkle Mandelaugen und schön fallendes, glänzendes schwarzes Haar.
»Das ist meine Verlobte, Lady Terza Chen. Terza, das ist Lady Caroline Sula.«
»Sehr erfreut. Ich habe Sie im Video gesehen.« Lady Terzas Stimme war tief und weich. Anmutig streckte sie eine warme Hand aus, und ihr Händedruck war freundlich und sanft.
Natürlich war es viel zu früh, um sie zu hassen - diese Mühelosigkeit und Gelassenheit, die Terza, sich ihrer Stellung völlig bewusst und sicher, aus jeder Pore ausstrahlte. Irgendwie gelang es Sula trotzdem. Verzieh dich, Schwester, dachte sie. Glaubst du wirklich, du könntest dich zwischen mich und den Mann drängen, der mich zum ersten Mal auf ein Pony gesetzt hat?
»Was für eine schöne Halskette«, sagte Sula. Es war die erste höfliche Bemerkung, die ihr einfallen wollte.
Lord Richard folgte ihrem Blick und betrachtete bewundernd seine Zukünftige. »Ich wünschte, ich könnte behaupten, ich hätte ihr den Schmuck geschenkt, doch sie hat ihn selbst ausgewählt. Sie hat einen viel besseren Geschmack als ich.«
Sula sah ihm tief in die Augen. »Sie sind ein glücklicher Mann«, sagte sie.
Sie hätte die Beziehung, die gar nicht erst begonnen hatte, ja sowieso wieder vermasselt.
Dann trat ein schlanker, breitschultriger Mann im Ornat eines Konvokaten ein. Begleitet wurde er von Lady Amita, Lord Durwards Gattin. Der Neuankömmling wurde als Lord Maurice Chen vorgestellt und war offenbar Terzas Vater. Sula wusste nicht viel über die Rangordnung der Peers, doch immerhin war ihr klar, dass die Chens ganz oben standen. Die Lords Chen, Richard und Durward überboten einander eine Weile darin, Terza die schönsten Komplimente zu machen, und Sula stimmte zu und flocht hier und dort eine höfliche Bemerkung ein. Schließlich wandte Lord Chen sich an Sula und sagte ähnlich freundliche Dinge über ihre Eltern und die Rettung der Midnight Runner .
Wir sind eine äußerst zivilisierte Gruppe von Menschen , dachte Sula.
»Das Problem ist nur, dass ich vorläufig noch weiter mit der Midnight Runner zu tun haben werde«, erklärte sie. »Ich musste vor dem Untersuchungsgericht eine Aussage machen, und dann haben die Anwälte mit mir Verbindung aufgenommen, die Lord Blitsharts’ Versicherungsgesellschaft vertreten. Sie wollen beweisen, dass es ein Selbstmord gewesen sei.«
»Das war es doch gewiss nicht, oder?«, fragte Lady Amita.
»Ich habe weder für das eine noch für das andere irgendwelche Hinweise gefunden.« Sula beherrschte sich, um nicht zu schaudern, als die Erinnerungen erwachten.
»Auch wenn es jetzt kompliziert wird«, sagte Lady Amita, »ich bin so froh, dass Sie die Medaille
Weitere Kostenlose Bücher