Dread Empire's Fall 02 - Sternendämmerung
Der Plan, den Martinez dem Flottenausschuss vorgelegt hatte, erforderte, dass Truppen die Hauptstadt Zanshaa gegen die Naxiden verteidigten. Es war ein wenig zu spät, eine Armee auszuheben, doch lieber spät als nie.
Also dachte sie über ihre Lage nach. Auch die Zentrallogistik sollte in zehn Tagen evakuiert werden. Sie wollte nicht den Rest des Krieges in irgendeinem Büro hocken und Vorräte hin und her schieben, während sich andere Gedanken über den Sieg machten.
Damit würde sie keine neuen Fürsprecher finden, und Martinez hatte sie gerade eben verloren. Sie hatte ihre Medaillen, den Leutnantsrang und eine gewisse Bekanntheit, aber das allein garantierte keine weiteren Beförderungen.
Der beste Weg, um voranzukommen, wäre es demnach, im Kampf gegen die Naxiden ihr Leben aufs Spiel zu setzen. Es schien sinnvoll, den Krieg zu nutzen, um so viele Beförderungen wie möglich mitzunehmen.
Über den Tod dachte sie nicht ernsthaft nach. Eigentlich konnte sie gut argumentieren, doch bisher hatte sie noch keine überzeugenden Gründe dafür gefunden, warum ausgerechnet ihr Leben verschont bleiben sollte.
Oder das irgendeines anderen Menschen.
Seit sie von Martinez’ Verlobung gehört hatte, war in ihr ohnehin der Drang gewachsen, irgendetwas zu töten.
Sula reichte ihre Bewerbung ein und wurde von einem Daimong-Kapitänleutnant zum Gespräch gebeten. Die Fragen, die sich auf ihre Erfahrung im Umgang mit Feuerwaffen und Sprengstoff bezogen, bestätigten ihre Vermutung hinsichtlich des Einsatzes. Da ihre Antworten auf diese Fragen jedoch meistens »Grundkenntnisse« oder »keine Vorkenntnisse« lauteten, war sie nicht sicher, ob sie überhaupt genommen würde. Unsicher kehrte sie zur Zentrallogistik zurück und kümmerte sich darum, achtzig Millionen Flüchtlinge vom Ring einzukleiden und zu speisen.
Ein kurzer Blick auf die Daten verriet ihr, dass es kein Problem war, die zusätzlichen Mäuler zu stopfen. Den Anforderungen der Praxis entsprechend, konnte sich der Planet Zanshaa mit den Grundnahrungsmitteln selbst versorgen.
Allerdings gab er nicht alle Lebensmittel her. Klimatische Eigenheiten und die Bodenbeschaffenheit waren die Ursache dafür, dass manche Pflanzen auf dem Planeten nicht sehr gut gediehen. Die Folge war, dass Zanshaa verschiedene Produkte exportierte und dafür andere Waren importieren musste. Die alten stabilen und relativ flachen Kontinente waren ein ideales Weideland für große Viehherden. Daher exportierte Zanshaa Rinder, Schweine, Lammfleisch und Molkereiprodukte. In den tropischen Regionen gab es jedoch nicht genügend Nährstoffe, weshalb andere Nahrungsmittel eingeführt werden mussten.
Hochwertiger Kakao und Kaffee kamen beispielsweise von anderen Planeten.
Das galt auch für Tabak.
Ausgerechnet, dachte Sula. Tabak.
Sie verabscheute das Zeug, doch eine unerschütterliche Minderheit der menschlichen Rasse und sogar einige Torminel und Daimong gaben sich diesem Laster hin. Aus der Schule wusste sie, dass das Kraut früher im Ruf gestanden hatte, Gesundheitsschäden zu verursachen, doch diese Probleme hatte die Medizin längst gelöst, und nun leistete der Tabak vor allem einen kleinen Beitrag zur Luftverschmutzung. Die Shaa hatten das Kraut ebenso geächtet wie Alkohol, Betelnüsse und Haschisch, aber nie ein regelrechtes Verbot ausgesprochen, sondern lediglich dafür gesorgt, dass die Vertriebswege überwacht und die Substanzen besteuert wurden, um wenigstens noch einen Gewinn für die Regierung herauszuschlagen.
Hektisch überprüfte sie die Rohstoffpreise, bis ein Bote sie unterbrach und ihr neue Befehle überbrachte. Mit bemerkenswerter Geschwindigkeit hatte man sie für ihre neue Aufgabe rekrutiert, die sie noch nicht einmal genau kannte, und ihr befohlen, sich in zwei Tagen in der Villa Fosca zu melden, einer Einrichtung in der Nähe von Edernay, die zwei Zugstunden von Zanshaa City entfernt war.
In der Mittagspause eilte Sula zur Bank. Mr Weckman, ihr bisheriger Vermögensberater, hatte sich nach Hy-Oso zurückgezogen, und sein Vertreter geleitete sie zur Warenterminabteilung. Die Importpreise für Kakao, Kaffee und Tabak waren ein wenig gestiegen, doch die Märkte hatten noch nicht erfahren, dass der Ring zerstört werden sollte. Danach würde jahrelang nichts mehr so preiswert aus dem Orbit herabkommen. Sula dachte kurz über Terminkontrakte nach, doch wenn die Naxiden tatsächlich kamen, befanden sich vermutlich viele Börsenmakler auf der Liste unerwünschter
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