Dread Empire's Fall 02 - Sternendämmerung
einen Stellvertreter zu ernennen, einen loyalen Bürger, der an seiner Stelle handeln kann, falls der Gouverneur sich dem Feind ergeben muss. Der stellvertretende Gouverneur ist berechtigt, einen Geheimrat ins Leben zu rufen, der ihm zur Seite steht, sowie militärische Ernennungen vorzunehmen. Der Stellvertreter und seine Adjutanten werden auch im Falle einer naxidischen Besetzung weiterkämpfen.«
Dabei werden sie wiederum die Räte im Auge behalten, dachte Sula. Das Wissen, dass die Ratsmitglieder von insgeheim ernannten Funktionären überwacht wurden, von denen einige schwer bewaffnet waren, würde etwaige Versuche, sich den Naxiden anzudienen, im Keim ersticken.
»Auf Zanshaa gilt jedoch eine etwas andere Regelung.« Hong marschierte zum vorderen Rand der Veranda, verschränkte die Hände hinter dem Rücken und warf sich in die Brust, ein Inbegriff der Zuversicht und Kompetenz. »Zanshaa wird jetzt schon von einem Militärgouverneur regiert. Wenn die Naxiden kommen, werden sich Flottenkommandeur Pahn-ko sowie sein gesamter Stab und der Rat in eine geheime Einrichtung zurückziehen, die gerade vorbereitet wird. Der Flottenkommandeur wird weiterhin unsere Einheiten und den größten Teil der Zivilverwaltung befehligen. Sie können daher sicher sein, dass alle Befehle, die Sie von mir erhalten, unmittelbar auf Entscheidungen des Gouverneurs zurückgehen. Außerdem sollten Sie wissen, dass Ihr Einsatz für die Praxis dem Gouverneur nicht verborgen bleiben und mit Belobigungen und Beförderungen belohnt werden soll.«
Dann nahm er eine Faust nach vorn und hielt sie in Hüfthöhe vor sich, als wollte er seine bedeutsamen Aussagen damit unterstreichen. Bisher hatte Sula sich keine großen Gedanken gemacht, doch nun wurde ihr klar, dass es von Anfang an gute Gründe gegeben hatte, sehr besorgt zu sein. Kaum vorzustellen, wie ein älterer Flottenkommandeur von seinem Versteck aus all diese Elemente der Gesellschaft kontrollieren und dabei unbemerkt bleiben wollte, zumal die Naxiden sowieso nach ihm suchen würden.
Hoffentlich erwischen sie Pahn-ko nicht, dachte Sula. Hoffentlich haben unsere Leute eine gute Verschlüsselung entwickelt. Hoffentlich hat kein ranghoher Offizier eine Liste mit allen unseren Namen und Adressen.
Nach Hongs mitreißender Ansprache bekamen die Rekruten eine neue Identität und verließen die Villa Fosca, um nach Kaidabal aufzubrechen, einer zwei Millionen Einwohner zählenden Stadt südlich von Zanshaa. Dort teilten sie sich in elf jeweils drei Kämpfer starke Einsatzteams auf, die zusammen eine Aktionsgruppe bildeten. Amüsiert stellte Sula fest, dass die Aufteilung die Vorliebe der Shaa für Primzahlen berücksichtigte. Sulas Einsatzteam 491 – auch das war eine Primzahl – bestand neben ihr selbst aus der Ersten Ingenieurin Shawna Spence, die als Technikerin und Sprengstoffspezialistin eingesetzt wurde, und Macnamara, der als Läufer und Reserve diente.
In der Stadt herrschte wegen des Frühjahrsfestes ein großer Trubel, und so konnten die Teams mühelos in ihre Tarnidentitäten schlüpfen und ihr Training fortsetzen. Sie versteckten sich, infiltrierten, kommunizierten unter erschwerten Bedingungen, versammelten sich an verschiedenen Orten zu unterschiedlichen Stunden und führten Übungseinsätze durch. Es ging nun etwas behäbiger zu als während der Ausbildung in der Villa Fosca, und so konnte Sula sich einige Tage freinehmen und nach Zanshaa reisen, um unter ihrem Decknamen eine kleine Einzelfirma zu gründen, die angeblich mit gebrauchten Maschinenteilen handelte. Sie übertrug die Eigentumsrechte an ihren Kisten mit Kakao, Tabak und Kaffee auf diese Firma und ließ die Ware in ein anderes Lagerhaus befördern. Bei der Gelegenheit wurde auch gleich die Beschriftung geändert. Jetzt stand auf den Etiketten: Gebrauchte Maschinenteile – fürs Recycling vorgesehen. Sie konnte sich kaum etwas vorstellen, das weniger Neugierde erweckte und weniger zum Diebstahl einlud.
Niemand erkannte die zielstrebige dunkelhaarige und dunkeläugige Frau als Lady Sula. Nicht einmal, als sie die Uniform anzog, die dunklen Kontaktlinsen herausnahm und das schwarze Haar unter der Uniformmütze versteckte, die Bank betrat und ihr restliches Guthaben in bar abhob. Die Bankbeamtin, mittlerweile an Barabhebungen gewöhnt, unterdrückte ein Gähnen, als sie Sula das Geld überreichte.
Dann aber legte Sula ihre Sondervollmacht des Gouverneurs vor. »Löschen Sie jetzt bitte meinen Daumenabdruck aus Ihren
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