Dread Empire's Fall 02 - Sternendämmerung
drehte sich mit grimmiger Miene um, als Martinez eintrat. »Schließ die Tür hinter dir«, sagte er. »Dies hier soll niemand hören, der nicht zur Familie gehört.«
Martinez schob die schwere Tür zu und ließ sich auf einen Polstersessel fallen. Vipsania und Walpurga hockten zwischen Satinkissen auf einem Diwan mit Füßen aus Elfenbein. Roland thronte wie ein ungekrönter König in einem wuchtigen ledernen Armsessel. Vipsania wandte sich an Martinez.
»Ich habe gerade einen hysterischen Anruf von PJ Ngeni bekommen«, sagte sie. »Sempronia hat ihn wissen lassen, dass sie die Verlobung auflöst und mit einem anderen Mann durchbrennt – mit dem Mann, den sie wirklich liebt. «
Martinez war einen Moment wie vor den Kopf geschlagen. »Hat sie gesagt, wer es ist?«, presste er hervor.
»Anscheinend nicht. Wir zermartern uns das Hirn, wer es sein könnte«, erklärte Vipsania.
»Das spielt allerdings keine große Rolle«, warf Martinez ein. »Sempronia ist noch nicht alt genug, um ohne Erlaubnis der Familie zu heiraten.«
Roland hob empört den Kopf. »Also läuft sie mit einem Mann weg, den sie nicht heiraten kann«, knurrte er. »Soll mich das jetzt beruhigen?« Dann wurde er nachdenklich. »Es würde alles nur noch schlimmer machen, wenn wir die Polizei oder einen Privatdetektiv einschalten. Wir können nur hoffen, dass ein Appell an ihre Vernunft wirkt.« Dann drehte er sich zu Martinez herum. »Hast du irgendeine Ahnung, wer es sein könnte?«
»Ich denke schon darüber nach.« In Wirklichkeit dachte Martinez: Shankaracharya, du kleiner Bastard. »Wie geht es PJ?«, erkundigte er sich bei Vipsania.
»Am Boden zerstört, in Tränen aufgelöst«, erklärte sie geringschätzig. »Anscheinend hat er den Fehler begangen, sich in sie zu verlieben.«
»Es ist unser aller Fehler«, schaltete sich Roland erbost ein. Er strich sich über die Stirn, als wollte er jedes unpassende Mitgefühl wegwischen. »Wir können es uns nicht erlauben, die Ngenis gegen uns aufzubringen. Sie sind unsere Patrone und für all das, was wir zu erreichen hoffen, viel zu wichtig.« Er wandte sich an Walpurga. »Es tut mir leid, aber nun musst du PJ heiraten, und zwar bald. Bei dir können wir die Verlobungszeit nicht endlos ausdehnen wie bei Sempronia.«
Walpurga atmete tief durch, und ihre Augen bekamen einen harten Glanz. »Nun gut«, willigte sie ein.
»Die Ehe muss nicht lange dauern«, fuhr Roland fort. »Und dann«, er lächelte beruhigend, »können wir uns von PJ loskaufen und dir jemanden suchen, den du magst.« Nachdenklich strich er mit einer Hand über seine weiche lederne Armlehne. »Ich werde mich mit Lord Pierre in Verbindung setzen, um alles Nötige zu arrangieren.«
»Warte mal«, schaltete Martinez sich aufgebracht ein. »Die Verlobung mit PJ Ngeni war doch nur ein Schwindel. Ich weiß genau, dass es nur ein Trick war, denn ich habe es mir ausgedacht.« Er wandte sich an Walpurga. »Es war doch von vornherein klar, dass es nie zu einer Eheschließung kommen sollte. Du musst das nicht tun. Du musst nicht für Sempronias Fehler büßen.«
»Irgendjemand muss dafür büßen«, erwiderte Vipsania ruhig. »Sonst sind wir in den Augen der höchsten Peers und der Ngenis entehrt.«
»Die Ngenis werden schon darüber hinwegkommen«, widersprach Martinez. »Genau wie alle anderen. Jeder weiß doch, dass PJ ein Taugenichts ist. Wenn PJ betrunken genug ist, erzählt er das sogar selbst.« Er zeigte auf Walpurga. »Ich verbiete dir, PJ Ngeni zu heiraten. Du bist zwanzig von seiner Sorte wert, und das weißt du auch.«
Walpurga errötete und starrte ihre Hände an. »Nein«, widersprach sie. »Es ist notwendig. Ich werde PJ heiraten.«
Martinez drosch die Faust auf seine Armlehne. Es hallte laut zwischen den holzvertäfelten Wänden. Dann drehte er sich zu Roland um. »Wenn du glaubst, PJ sei es wert, kannst du ihn ja heiraten.«
Roland lächelte leicht. »Ich fürchte, PJ hat nicht die passende Ausstattung.« Er erwiderte den Blick seines Bruders. »Du darfst hier nicht wie ein Offizier im Militärdienst denken, Gare. Die Hohe Stadt kann man nicht im Sturm erobern, man muss sie infiltrieren.«
Martinez sprang auf und machte einen Schritt auf seinen Bruder zu. »Auf welchen Preis hast du es abgesehen? Was in Zanshaa ist so viel wert, dass du deshalb deine Schwester an PJ Ngeni verkaufen willst?«
Roland reckte das Kinn. »Wir wollen den uns zustehenden Platz in der Hierarchie des Reiches finden«, sagte er. »Was sonst
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