Dreck: Roman (German Edition)
spielen, der Versuch, so etwas wie Zuneigung zu zeigen, aber er war einfach nur gruselig, alles an ihm, sein Finger, der viel zu heftig in Galens Bauch tauchte, alles, was er tat, zu ruppig. Galen hatte keine einzige Erinnerung an seinen Großvater, die nicht mit Angst zu tun hatte.
Doch hatte er nur eine einzige Erinnerung an wirkliche Gewalt. Sein Großvater, der seine Großmutter an den Haaren über den Küchenboden schleifte. Galen hatte zuerst gelacht, als er in die Küche gerannt kam und sie erblickte. Es sah aus wie ein Spiel, ein Spaß, nur passten die Geräusche nicht dazu. Seine Mutter scheuchte ihn rasch fort, aus dem Haus, und jede weitere Erinnerung, die mit Gewalt zu tun haben mochte, war eine Erinnerung an Geräusche und an Weggehen.
Helen hatte recht, Männer waren das Problem. Galens Großvater die Quelle allen Übels in der Familie. Aber sie konnte nicht behaupten, dass Galen genauso war. Das war ungerecht.
Galen verstrickte sich viel zu sehr in die Illusionen. Er musste sich daran erinnern, dass nichts davon wirklich war. Sein Großvater war bloß ein Prüfstein, eine Markierung wie der alte Ofen oder der große Felsen. Verzweiflung, Trübsinn über seine Familie war nur eine Verzögerung auf seinem Weg. Eine Weigerung, weiterzugehen, eine Ablenkung, eine Feigheit vor den Lektionen. Es konnte sich echt anfühlen, aber es war nicht echt. Man konnte sich ein ganzes Leben lang verfangen in diesem Zustand, so wie seine Tante, aber das war ein leichtfertiger Fehler, eine Schwäche, eine vergeudete Inkarnation.
Der Ofen strahlte ein wenig Wärme ab, sogar draußen, also stellte sich Galen flach an die Wand, mit einer Wange am Holz. Seine nasse Kleidung so schwer und dick, dass sein Körper vielleicht die innere Schicht wärmen konnte, wie ein Neoprenanzug. Aber er zitterte. Er hatte einfach keine Reserven. Kein Fett. Mit Kälte konnte er nicht gut umgehen. Eigentlich sollte er diese Inkarnation schnell hinter sich bringen, einfach nur seine letzten Lektionen lernen und fertig. Sein Körper war nicht für die Dauer bestimmt. Essen und Pissen und Scheißen bloß eine Ablenkung, die er satthatte, seine alte Seele frustriert davon, das Spiel immer wieder spielen zu müssen.
Galen schmiegte sich an die Hüttenwand, versuchte sich vorzustellen, wie er die Arme um das gesamte Gebilde schlang. Er wartete und wartete, völlig durchgefroren, bis endlich das Licht ausging, das Fenster dunkel wurde. Der Unterkiefer wie eine Nähmaschine. Er wartete noch ein paar Minuten, ging dann zur Hintertür und vorsichtig hinein.
Die Küchenluft wärmer, aber nicht so heiß, wie er gehofft hatte, das Feuer im Ofen schon lange aus. Er streifte seine nasse Kleidung in einer Ecke hinter der Tür ab, dann tastete er sich am Tisch entlang zu den Schubladen unter der Spüle. Fand die Streichhölzer, zündete eins an und hielt es an den Ofen. Er würde noch ein Feuer entfachen. Mit dem Chromgriff hob er eine der runden Platten an, das Streichholz ging aus, und er stand wieder im Dunkeln. Aus der Ofenöffnung kam aber heiße Luft, er legte die Platte behutsam zur Seite und tastete weiter. Das Gusseisen außen warm, innen noch wärmer, also beugte er sich vor, mit der Brust über der heißen Öffnung, und klammerte sich an den Ofen. Das würde ausreichen. Er brauchte kein weiteres Feuer. Er spürte den Atem des Ofens warm auf Brust und Bauch und presste die Arme an die trockene warme Ofenhaut, bis er aufhörte zu zittern, ging knarrend die Treppe hoch zu seinem Bett und legte sich unter einen Haufen Decken. Das Gewicht der Decken war herrlich, vier Lagen, etwas, das er nur hier in der Hütte hatte. Er rollte sich ein wie ein Embryo, steckte den Kopf unter die Decken und fühlte sich geborgen in seinem Nest.
D er Geruch von Speck weckte Galen. Schöner, satter Geruch, und er spürte seinen Hunger, das hohle Gefühl in seinem Innern. Speck. Es würde auch Pfannkuchen geben und Rührei. Wenn er den Toast roch, war es so weit. Das Geträller seiner Mutter in der Küche, ihre glückliche Stimme. Plauderei mit seiner Großmutter, und selbst die Stimme seiner Tante hörte er. Eine Zeit des Friedens. Ein neuer Tag.
Galen kuschelte sich in seine warmen Decken, obwohl sich die Luft vom Ofen aufgewärmt hatte. Er wartete, bis er den Toast roch, dann schlug er die Decken beiseite und zog Shorts und ein T-Shirt aus seinem Seesack. Leider hatte er keine weitere Hose. Nur die nasse Jeans.
Galen, rief seine Mutter. Sie sang es,
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