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Drei Eichen (German Edition)

Drei Eichen (German Edition)

Titel: Drei Eichen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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klären. Im Moment schwebten noch die gefundenen Skelette und vor allem Roland Schurig an seinem inneren Auge vorbei. Immer wieder musste er an die verstörenden Zuckungen des Opfers des neuen Mordversuches denken.
    »Hat es dir die Sprache verschlagen? Ich schau mal, was ich über die beiden rausfinden kann, bis du wieder da bist«, bot sich Honeypenny an. Ihr war die plötzliche Stille Haderleins nicht ganz geheuer.
    »Mach das, dauert nur noch zehn Minuten.« Haderlein legte frustriert auf und rieb sich mit der rechten Hand die Stirn. Wozu hatte man nur Angestellte, wenn die einem auch nicht weiterhelfen konnten?
    In der Bamberger Konzerthalle war der Tag nach der großen Debatte relativ friedlich verlaufen. Nachdem sich der rhetorische Pulverdampf gelegt hatte, war in das kollektive fränkische Bewusstsein die Erkenntnis eingesickert, dass ihre am Tag zuvor vorgelebte Debattenkultur in den Medien vielleicht nicht ganz so positiv rübergekommen war wie erhofft. Also hatte sich die fränkische Schwarmintelligenz zu einer sofortigen und gewissen Büßerhaltung durchgerungen und beschlossen, am heutigen Wahltag ein braves und makelloses Bild patriotischer Einheit abzugeben. Jeder war nun damit beschäftigt, die Zeit bis zur ersten Prognose und der darauf folgenden Hochrechnung am Abend ohne größere Katastrophen totzuschlagen. Im Foyer der Bamberger Konzerthalle hatte man sich den Tag mit belegten Brötchenhälften und leichten alkoholischen Getränken vertrieben.
    Als der Abend immer näher rückte und damit auch die Stunde der Entscheidung nahte, begann sich das Gebäude zu füllen. Bald schon war die Konzerthalle vollgestopft mit Menschen, die sich berufen fühlten, bei diesem historischen Moment dabei zu sein. Franken, Freunde, aber vor allem Fernsehmenschen jeglicher Couleur samt Equipment. Das Frankenfernsehen aus Nürnberg hatte eine Leinwand vor der großen Orgel installiert und berichtete schon seit den frühen Morgenstunden in Liveschaltungen von dem großen Tag. Nur Vertreter aus den anderen bayerischen Landesteilen suchte man hier vergeblich. Bis auf ein paar vereinzelte Sympathisanten aus der Oberpfalz und einem Allgäuer war niemand von den Landtagsabgeordneten erschienen, von Entscheidungsträgern der CSU aus der Staatskanzlei ganz zu schweigen. Die Abstimmung der Franken wurde vom Süden des Freistaates großzügig ignoriert, nachdem sie monatelang lautstark missbilligt worden war. Ministerpräsident Teichhuber hielt in diesem Moment sogar demonstrativ eine Kabinettssitzung ab, doch natürlich würde auch er gebannt in die Mattscheibe schauen, wenn die ersten Ergebnisse verkündet wurden. Außerdem würde er sich später zum Ergebnis der Wahl äußern müssen, egal, wie diese ausfiel. Angekündigt hatte er, dass er fränkischen Boden und somit auch die Bamberger Festhalle erst wieder betreten würde, wenn klar war, dass Franken bayerisch bleiben würde.
    Auch Manfred Zöder war auf dem Parkett zu finden. Er unterhielt sich gerade mit einer kleinen Gruppe fränkischer Abgeordneter aus dem württembergischen Hohenlohe, als ihn jemand von hinten auf die Schulter tippte. Er drehte sich in der Erwartung um, zum wiederholten Mal die intelligente Frage eines Journalisten nach seiner Wahlprognose beantworten zu müssen. Stattdessen stand ein leicht verlotterter Typ mit Sonnenbrille und Zopf vor ihm. Die Jeans des Mannes steckte in Cowboystiefeln, die farblich auch nicht mit viel gutem Willen mit der abgetragenen, speckigen Lederjacke korrespondieren wollten. Die modische Ausfallerscheinung hielt ihm einen Dienstausweis der Bamberger Kriminalpolizei unter die Nase.
    »Sind Sie der Obermacker hier?«, fragte Lagerfeld, nachdem er über etliche Umwege endlich an Zöder verwiesen worden war. Irrlinger und dieser Grosch waren nicht auffindbar, also würde er sich an den nächsten in der Hackordnung wenden, an den abtrünnigen Ex- CSU ler, der mit unwilligem Gesichtsausdruck vor ihm stand.
    »Wenn Sie es so nennen wollen, Herr Kommissar Schmitt, dann bin ich hier im Moment zuständig, ja. Worum geht’s denn?«
    Lagerfeld konnte bei dem Mann keinerlei Überraschungstendenzen erkennen, von verborgenem Schuldbewusstsein gar nicht zu reden. Aber das hatte er auch gar nicht erwartet. Schließlich war er eigentlich hier, um Irrlinger nach einer Telefonnummer zu fragen, die sie in einem verscharrten und verrosteten Roller gefunden hatten. »Ich suche Ihren Vorsitzenden, Herrn Irrlinger. Ersatzweise würde ich auch mit

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