Drei Eichen (German Edition)
Jagdpächter und zugleich Roland Schurigs Auftraggeber oben auf den Eierbergen gewesen war. Die genaue Rolle, die Schurig gespielt hatte, lag zwar immer noch im Dunkeln, trotzdem war sonnenklar, dass der Mann bis zur Halskrause im Dreck steckte. Der unbekannte Schütze schien das ebenso gesehen zu haben, sonst hätte er Schurig in Ruhe gelassen. Haderlein unterbrach seine Gedanken, als der Wagen der Bamberger Bereitschaftspolizei vorfuhr. Auf der Dienststelle würde er in Lagerfelds Auto umsteigen. Der altgediente Kommissar riss sich zwar nicht gerade um das rote Cabrio seines jungen Kollegen, aber im Zweifelsfall war Auto immer noch Auto.
Vorher musste er aber noch einmal Honeypenny anrufen. Haderlein begann in seiner Kleidung nach dem Handy zu graben.
»Nur zu Ihrer Information, Herr Haderlein, grad sind die ersten Hochrechnungen gekommen«, sagte der Polizist, der vorn auf dem Beifahrersitz hockte. »Des wird fei echt eng. Angeblich isses ziemlich fifty-fifty.« Auffordernd schaute er Haderlein an. Anscheinend erwartete er, dass dieser sich irgendwie zum vermutlichen Wahlausgang äußerte. Doch der Blick, den Haderlein dem Polizisten zurückwarf, ließ diesen sich auf der Stelle wieder umdrehen und schweigend zum Seitenfenster hinaussehen. Inzwischen hatte Haderlein auch sein Handy wiedergefunden und tippte die Kurzwahl für die Dienststelle ein. Einen Moment später hatte er eine aufgeregte Honeypenny in der Leitung.
»Gut, dass du noch mal anrufst, Franz. Weißt du schon, was passiert ist?«
Sofort hörte Haderlein genauer hin. Hatten sie in den letzten Minuten womöglich etwas Wichtiges herausgefunden? »Nein, Honeypenny, was gibt’s denn?«
»Na, die Abstimmung. Die haben eine erste Hochrechnung, es steht fifty-fifty. Das wird total eng.« Ein fiebriger Ton lag in ihrer Stimme.
Haderlein umkrampfte sein Handy und war zutiefst dankbar für den Umstand, dass er während seiner Polizeiausbildung irgendwann einmal einen Yogakurs absolviert hatte. Jetzt war wieder mal so ein Moment, in dem man derartiges Wissen anwenden konnte.
»Franz, bist du noch dran?«, fragte Marina Hoffmann besorgt.
Haderlein beschloss, sich yogakonform auf sein Ermittlungs-Chakra zu konzentrieren. »Honeypenny, hättest du vielleicht die Güte, mir die Adresse der Zeugen meines damaligen Mordfalls in Scheßlitz mitzuteilen? Du weißt schon, von Claudia Bühner oder Büchler, oder wie auch immer die damals geheißen hat. Und von der Tochter des Mordopfers. Sie hieß, wenn ich mich nicht täusche, Franziska. Wir hatten für den Fall eine Akte angelegt. Die Frau wohnte damals in Scheßlitz.« Er schaute aus dem Wagenfenster, während er auf Honeypennys Antwort wartete. Sie hatten gerade die Bamberger Stadtgrenze erreicht, als Honeypenny sich zurückmeldete.
»Du, Franz, da bist du jetzt aber ein bisschen durcheinandergeraten. Eine Frau Büchler und eine Franziska, das sind nämlich zwei Zeugen von eurem Mordfall gestern auf dem Staffelberg. So sagt es mir zumindest der Computer«, sagte Honeypenny besserwisserisch.
»Was soll das heißen, sie sind Zeugen vom Staffelberg?« Haderlein konnte seiner Sekretärin nicht mehr folgen. Irgendetwas passte hier nicht zusammen, oder aber seine Yogakenntnisse hatten auf ganzer Linie versagt und er litt bereits unter logischen Aussetzern.
Am anderen Ende der Leitung war erst ungeduldiges Schnaufen, dann Honeypennys betont mitleidige Stimme zu hören. »Dann noch einmal für dich zum Mitschreiben, Franz. Ihr habt gestern auf dem Staffelberg zwei Frauen als Zeugen vernommen, auf die die zwei Namen passen. Sie waren unter den Wanderern. Aber das war wohlgemerkt gestern auf dem Staffelberg, nicht vor Urzeiten in Scheßlitz, Mister Total Zerstreut.«
Haderlein versuchte verzweifelt die Worte zu begreifen. Wie sollten denn eine Frau Büchler und eine Franziska zu dem Mord auf dem Staffelberg passen? »Sag mir noch einmal die vollständigen Namen der beiden Zeugen von gestern. Das kann ja auch bloß ein blöder Zufall sein.« Haderlein war genervt. Diskussionen wie diese hielten ihn bloß auf.
»Ein bisschen anders hießen die schon. Franziska Büchler und Claudia Fraas. Laut deinem eigenen Vernehmungsprotokoll sind beide gestern den Berg hinaufgewandert und in der Hochzeitsgesellschaft gelandet.«
Haderlein fühlte sich nicht mehr in der Lage, sich auf das zu konzentrieren, was ihm seine resolute Sekretärin da soeben mitgeteilt hatte. Das musste er von Angesicht zu Angesicht mit ihr im Büro
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