Drei Eichen (German Edition)
erlebt hatte. Es war wirklich unglaublich. Erst gestern Mittag hatten sie den Mordfall Josef Simon aufgenommen, und jetzt, eineinhalb Tage später, war der Teufel los – und das war noch nicht einmal übertrieben.
»Herr Fiesder hat uns mit seinem Anwalt vor Kurzem verlassen«, beantwortete Robert Suckfüll Haderleins Frage. »Allerdings nicht, ohne seine Aussage zu unterschreiben.« Zufrieden wedelte Suckfüll mit den Papieren in seiner Hand herum. »Kann ich noch irgendetwas für Sie tun?« Seine Stimme war voll ehrlicher Anteilnahme. Ihm war nicht entgangen, dass sein erfahrungsreicher Kommissar etwas niedergeschlagen wirkte.
Doch Haderlein winkte nur ab und ließ sich in seinen Sessel fallen. Er brauchte eine kurze Pause, um nachzudenken, doch die wurde ihm nicht gewährt. Sein Handy klingelte.
»Servus, Franz«, meldete sich Lagerfeld. Er schien gelöster Stimmung zu sein und wirkte nicht gerade so, als hätte er dramatische Neuigkeiten von dringlicher Wichtigkeit zu verkünden. »Ich bin gerade in der Konzerthalle, aber der Irrlinger ist nicht da, und es weiß auch sonst keiner, wo er sich aufhält. Mit dem Grosch verhält es sich genauso. Anrufen funktioniert auch nicht. Hab’s schon versucht, aber da geht keiner ran.«
Enttäuscht seufzte Haderlein auf. War ja klar, das wäre ja auch zu schön gewesen. Doch Lagerfeld schien noch Gesprächsbedarf zu haben.
»Nicht traurig sein, Franz, es gibt schließlich auch positive Nachrichten!«
»Ach ja? Und was für welche?« Haderlein richtete sich kerzengerade auf. Das hätte er seinem jungen Kollegen in dieser Situation gar nicht mehr zugetraut.
»Na, die Wahl, das ist ganz schön knapp. Im Fernsehen sagen sie grad, es stehe fifty-fifty.«
Für einen Moment herrschte Stille in der Leitung. Als Lagerfeld nachfragen wollte, ob Haderlein noch dran sei, hörte er nur dessen schwerlich beherrschte Stimme. »Bernd, du schwingst jetzt deinen oberfränkischen Arsch hierher in die Dienststelle. Und zwar zackig, sonst raucht’s!« Er beendete das Gespräch und pfefferte sein Mobiltelefon auf den Schreibtisch, dass es nur so knallte. Wahrscheinlich hätte er das gute Teil auch noch aus dem Fenster geworfen, hätte Honeypenny an ihrem Schreibtisch nicht einen erstaunten Ausruf getan.
»Komm mal her, Franz!«
Kritisch schaute Haderlein zu Marina Hoffmann hinüber. Er konnte jetzt wirklich keine Belanglosigkeiten mehr ertragen. Was er brauchte, waren handfeste Erfolgserlebnisse.
»Ist es wichtig?«, fragte er sicherheitshalber.
»Ob das wichtig ist?«, echote Honeypenny. »Keine Ahnung, schau’s dir halt selbst an.« Sie drehte den Computerbildschirm etwas auf die Seite, während Haderlein zu ihr herüberkam.
Seine misstrauische Einstellung wandelte sich in dem Moment, in dem er erkennen konnte, was Honeypenny da im Internet gefunden hatte. In einer Wiese stand eine Frau, die einen teuer aussehenden Wettkampfbogen in der Hand hielt. Breit lächelnd nahm sie eine Urkunde entgegen.
»Wer ist das?«, fragte Haderlein. Die Frau kam ihm bekannt vor.
»Eine gewisse Franziska Büchler bei den deutschen Meisterschaften im letzten Jahr. Letzter Wohnort in Deutschland war Scheßlitz, zurzeit scheint sie in den USA zu leben.«
Haderlein starrte auf das Gesicht der jungen Frau und nahm Honeypenny die Maus aus der Hand. Er klickte zwei Mal, dann war das Gesicht der frisch gebackenen Deutschen Meisterin der Bogenschützen groß auf dem Bildschirm zu sehen. Franziska Büchler hatte überlegen mit neuem Europarekord gewonnen.
»Das ist sie«, sagte Haderlein sofort, und seine Stimme wurde kalt. »Die Frau hat gestern in der Staffelbergklause gesessen. Angeblich war sie wandern und nur zufällig da.«
»Warte mal.« Honeypenny rief eine neue Seite auf. »Da gibt es noch einen Wikipedia-Eintrag über sie. Siehst du? Hier steht’s.«
Endlich hatte Haderlein die Offenbarung gefunden, nach der er so lange gesucht hatte.
»Franziska Büchler, geborene Groh aus Bamberg. Nahm den Namen ihrer Pflegemutter Claudia Büchler an, nachdem sie von ihr adoptiert wurde. Seit Kurzem Studium der Biologie an einer renommierten Universität in den USA . Zweite der internationalen US -Meisterschaften der Bogenschützen in der olympischen Distanz sowie Deutsche Meisterin mit neuem Europarekord im letzten Jahr.«
»Hast du auch etwas über Claudia Fraas gefunden?«, fragte Haderlein, dessen Gehirnwindungen bereits vor Arbeitseifer glühten.
»Nicht wirklich viel. Nur ihre Seite bei
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