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Drei Eichen (German Edition)

Drei Eichen (German Edition)

Titel: Drei Eichen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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mir nun unseren Freund Hugo Gartenlöhner, der die Eröffnungsrede des heutigen Tages halten wird.« Er nickte dem schon wartenden Gartenlöhner zu, der sich sofort erhob und auf die Bühne ging.
    Allein sein Erscheinen löste bereits einen Beifallssturm im Auditorium aus. Gartenlöhner stützte beide Arme aufs Rednerpult, hielt sich nicht lange mit Vorreden auf, sondern kam direkt und ohne Umschweife zur Sache. »Liebe Franken, liebe Fränkinnen, liebe eingewanderte Frankierte. Unser Ministerpräsident sprach unlängst davon, dass es im Freistaat Bayern keine nennenswerten Probleme gäbe. Lieber Herr Ministerpräsident, ich sage Ihnen, das ist ein großer Irrtum, es gibt sehr wohl ein großes Problem in Bayern für Sie, und dieses Problem heißt Franken!«
    Jubel brandete auf, der sich aber bald beruhigte. Jeder wollte wissen, was Gartenlöhner weiter zu sagen hatte.
    »Lieber Herr Ministerpräsident, wir Franken rufen Ihnen zu: ›Wir wollen keinen Freistaat mehr, wir wollen Freiheit statt Bayern! Schluss mit Unterdrückung und Bevormundung. Schluss mit den Herrschaften, die da unten in München sitzen, in ihrem Führerbunker unter der Staatskanzlei, und unser schönes Frankenland ausbeuten.‹«
    Erneuter Jubel und Applaus im Saal.
    »Was wurde nicht schon alles aus Franken nach München geschafft? Fränkische Kaiserkronen, Tempelsteine und Fürstenmäntel. Aber damit wird es nun bald vorbei sein, liebe Freunde, denn wir nehmen unser Schicksal jetzt selbst in die Hand!«
    Wieder Beifallsstürme. Zwischendurch hörte man Rufe wie »Jawoll!«, »Freiheit!« und »Nieder mit dem Unrechtsregime!«.
    Gartenlöhner hob die Hände, um quasi papstgleich das Volk zu beruhigen. Noch zeigte die Geste der Euphoriedämpfung Wirkung. »Liebe Freunde, schauen wir uns doch einmal die Gemeinsamkeiten mit den Bayern an. Sie sind schnell erzählt, denn eigentlich wurde uns die ungeliebte Ehe mit jenem barbarischen Volk im Süden vor über zweihundert Jahren von Napoleon schlichtweg aufgezwungen.«
    »Jawoll!«
    »Freiheit! Nieder mit Napoleon!«
    »Jawoll!«
    »Liebe Freunde, ist nicht das Trennende viel offensichtlicher? Hier einige Beispiele: Was ist das für ein Unterschied zwischen sanfter fränkischer Landschaft und dem schroffen bayerischen Gebirge? Was für eine Anmutung beim leichten, eleganten Spiel des 1. FC Nürnberg? Demgegenüber müht sich Bayern München mit der unnachahmlichen Eleganz eines Leopardpanzers auf dem Rasen, liebe Freunde!« Lautes Gelächter und Applaus, bevor Gartenlöhner wieder ernst seine Stimme hob.
    »Sprechen wir die gleiche Sprache? Nein. Haben wir die gleichen Bräuche? Nein. Trinken wir das gleiche Bier? Nein. Und genau das ist der springende Punkt. Spätestens an der Bierkultur lassen sich unsere Volksstämme ganz eindeutig unterscheiden. Anhand der Bierfrage können wir erkennen, dass in diesem erzwungenen Staat nichts zusammenpasst. Wir brauchen die Sezession!«
    Wieder wurde heftig geklatscht, auch wenn nicht alle mit dem zuletzt genannten Begriff etwas anfangen konnten. Doch überall herrschte Zuversicht. Wenn Gartenlöhner solche Worte in den Mund nahm, würde der Sinn schon stimmen.
    »Liebe fränkische Brüder, liebe fränkische Schwestern. Am Anfang erschuf Gott Himmel, Erde und Malz. Dann schuf Gott das fränkische Bier, und Gott sah, dass ihm ›gut‹ war. Doch unsere Welt des fränkischen Bieres ist nun bedroht, liebe Brüder und Schwestern, nicht zuletzt von unseren eigenen Kindern. Schaut euch doch mal um! Durch das von München aufgezwungene bayerische Bildungssystem sind unsere Kinder nicht nur in sackartige Hosen und Hemden gekleidet, nein, sie sind dazu auch noch dick und doof. Zudem fehlt es ihnen an der natürlichen Achtung vor der Braukunst, verunreinigen sie unser fränkisches Bier doch inzwischen mit Wodka, Red Bull und sogar mit künstlichem Limettensaft. Wo, bitte, bleibt denn da die heilige Ehrfurcht vor der Bierschöpfung? Wie steht es doch schon geschrieben im elften Gebot im Buche Schlenkerla: ›Du sollst nicht mixen!‹«
    »Jawoll!«, »Schweinerei!«, »Drecksmischerei!« und »Unser Bier gehört uns!«, tönte es wütend aus dem Saal.
    »Prost, ihr Franken!«, rief der Volkstribun und stieß öffentlich an, was die Zuhörer im Saal natürlich nur zu gern zum Anlass nahmen, es ihm gleichzutun. Als alle einen tiefen Zug aus ihrem Krug genommen hatten, hieb Gartenlöhner weiter in die gleiche Kerbe.
    »Liebe Brüder und Schwestern, nun zu unseren Mitbrüdern und

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