Drei Eichen (German Edition)
sich, er hätte dieses A nie von sich gegeben. Hätte er doch überhaupt bloß nie … ach, alles eigentlich. Früher war die Zukunft auch besser gewesen. An manchen Tagen sehnte er sich verzweifelt wieder in seine kleine Bamberger Singlewohnung zurück, wo es ein großes Bett und einen Kühlschrank voller gekühlter Rauchbierflaschen gegeben hatte. Aber dieses kleine Paradies hatte er jetzt eingetauscht gegen eine gigantische Baustelle als Lebensaufgabe, Schulden ohne Ende und eine Lebensgefährtin, die stets mit ausgestrecktem Zeigefinger herumlief und ihn von einer Aufgabe zur nächsten hetzte. Hätte er doch bloß nie diesem Mühlrad zugestimmt, hätte er doch bloß nie diese Mühle gekauft – am besten wäre es wahrscheinlich gewesen, er hätte sein Schlafzimmer in Bamberg nie verlassen.
Mit diesen Gedanken voller Selbstmitleid und Sehnsucht nach einem arbeitsfreien Leben bog Lagerfeld in seinen Loffelder Mühlenhof und stellte das Cabrio ab. Seufzend blickte er an der eingerüsteten Fassade hoch. Übermorgen würden die Verputzer sie fertigstellen. Hoffentlich war dann nächste Woche dieses bescheuerte Gerüst verschwunden, er konnte das hässliche Teil schon nicht mehr sehen – außerdem schauten die Verputzer jeden Morgen genau dann neugierig ins Bad, wenn er seine Toilettensitzung abhalten wollte. Grummelnd ging er unter dem Gerüst hindurch und öffnete die große alte Holztür.
»Ute, wo bist du?«, rief er laut. Niemand antwortete. Wahrscheinlich war sie im Esszimmer, hatte eine überdimensionale Mühlradzeichnung auf dem Tisch ausgebreitet und hörte ihn deshalb nicht.
»Im Esszimmer!«, kam dann auch endlich die Antwort seiner Freundin. Na also, alles klar. Dann wollen wir mal die Mühlrad-Kredite besprechen, dachte er und seufzte innerlich. Konnte ja nicht allzu lange dauern.
Als er das Esszimmer betrat, sah er Ute schon am Tisch sitzen. Einen Plan konnte er zwar nicht entdecken, aber dafür lag ein DIN - A 4-großer weißer Umschlag auf dem Tisch.
»Ich hab dir einen Kaffee gemacht.« Lächelnd deutete sie auf die große Tasse, die dampfend auf seinem Platz stand. Erfreut setzte er sich. Kaffee war genau das Richtige für ihn nach der ermüdenden Zeugenbefragung und der Hetzjagd mit Riemenschneider auf dem Staffelberg, mit der dieser beknackte Tag angefangen hatte.
Ute von Heesen hatte derweil das abgetakelte Erscheinungsbild Lagerfelds bemerkt und musterte ihren Kommissar nun erstaunt von oben bis unten. »Machst du gerade irgendwelche archäologischen Ausgrabungen, von denen ich nichts weiß?«, fragte sie belustigt.
Aber Bernd Schmitt stand der Sinn nicht nach Diskussionen über sein Erscheinungsbild, sodass er die anzügliche Bemerkung geflissentlich überhörte. »Sind das die Pläne?«, fragte er und deutete auf den weißen Umschlag. »Ich hoffe, sie sind jetzt so weit, dass wir endlich wissen, was da auf uns zukommt.«
Ute von Heesen hielt ihre Kaffeetasse mit beiden Händen umschlossen, als wollte sie die Wärme des Getränkes in sich speichern. »Ja, allerdings«, sagte sie kryptisch lächelnd.
Lagerfeld holte sich das Kuvert mit der freien Hand heran. »Und, wird’s teuer werden? Jetzt sag schon«, bettelte er um eine zusammengefasste Auskunft. Sie wusste doch, dass er keinen Bock darauf hatte, alle Zahlen und Kostenaufstellungen durchzugehen, wenn sie alles schon erledigt hatte. Immer dieses lächerliche Oberlehrergetue.
»Was heißt schon teuer? Den Umständen entsprechend, würde ich sagen. Vor allem werden wir selbst Hand anlegen müssen, das kann ich dir jetzt schon prophezeien«, sagte sie nüchtern.
Lagerfelds Stimmung begann sich bereits massiv zu verdüstern. Sie hatten doch ausgemacht, dass alles von Firmen übernommen werden sollte, sonst gab’s wieder Ärger, wer von ihnen beiden was zu erledigen hatte. Das war schon einmal schiefgegangen. Und selbst wenn Handwerker im Haus waren, gab es für sie noch immer genug zu tun.
»Hand anlegen also«, knurrte er mürrisch, als er die Kaffeetasse abstellte und das Kuvert öffnete. Der Inhalt verwirrte ihn noch mehr. Das waren doch keine Mühlradpläne, sondern Aufnahmen von Bodenuntersuchungen oder von Messungen mit einem Spektrometer.
»Was soll das sein?«, fragte er ratlos. »Und vor allem steht hier überhaupt nichts zu den Kosten.« Verwirrt schaute er zu seiner Ute hinüber, die leicht verkrampft in ihre Tasse blickte. Konnte es sein, dass seine Freundin gerade mühsam versuchte, ein Lachen zu unterdrücken? Was
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