Drei Eichen (German Edition)
Beste sein. Zweite Plätze waren inakzeptabel, noch schlechtere Ergebnisse eine Katastrophe. Diese führten zu Sanktionen der herberen Art, Züchtigungen im seelischen wie körperlichen Bereich. Als Kind und Jugendlicher hatte er nie verstanden, nie kapiert, warum seine Eltern so waren. Jetzt aber, da er in der Blüte seiner beruflichen Jahre stand, hatte er schon lange begriffen, warum er anders sein musste als all die anderen, die sich von klein auf nur Weichheiten und Sentimentalitäten gegönnt hatten. Sie hatten später mit nur kleinen, unbedeutsamen beruflichen Aufstiegen bezahlt, mussten nun in ihrem mittelmäßigen Leben dahinvegetieren. Ihre Ziele waren mit den seinen nicht vergleichbar, waren es nie gewesen.
Schon als Kind hatte er also erahnen dürfen, wie es war, anders zu sein. Der Beste zu sein und dafür angefeindet oder zumindest nicht gemocht zu werden. Wo immer er hinkam, löste er mit seinem bedingungslosen Drang zur Spitze Unbehagen und Verständnislosigkeit aus. Diese Kleingeister. Sollten sie doch ihr Leben in mittelmäßiger Belanglosigkeit beenden. Er hatte in dem, was er tat, schon immer zur Elite gehört, zu den Besten auf diesem Planeten. Nach seiner eisenharten Schullaufbahn hatte er nach Amerika gehen müssen, um endlich Brüder im Geiste zu finden. In Deutschland war der Begriff Elite fast zu einem Schimpfwort geworden, man hatte sich ja fast dafür entschuldigen müssen, wenn man mehr können und verdienen wollte als andere. In Amerika war diese Einstellung normal, in Amerika war der ausgefahrene Ellenbogen schon in der Verfassung zum Prinzip erhoben worden. Nur wer kämpfte, kam nach oben, nur wer sich durchsetzte, wurde geachtet. Wer zurückblieb, war schwach, unfähig und wurde von der Evolution ausgemistet.
Wer übrig blieb, war einer der Besten, zu denen er zweifellos gehörte. Die Verlierer landeten im Staub der Geschichte, aber er war nun da, wo schon immer sein Platz gewesen war. Ganz oben. Das befähigte ihn auch dazu, nach seinen Interessen zu handeln. Für dieses weicheiige Deutschland konnte er nur noch Verachtung empfinden. Und dieses Volk hatte sich vor gar nicht allzu langer Zeit noch für die Übermenschen, die Herrenrasse, gehalten? Lächerlich. Einfach lächerlich.
In Amerika hatte jeder das Recht, eine Waffe zu tragen, um sich zu verteidigen. In Deutschland verteidigte sich niemand, weil niemand es mehr nötig hatte zu kämpfen. Hier lebte ein Volk der Friedfertigen, ein Volk der Gutmenschen und Atomkraftabschaffer. Wenn er Berichte über das heutige Deutschland in der Zeitung las, schämte er sich manchmal seiner Herkunft. Mit der Wiedervereinigung und der Auflösung des Ostblocks waren die Selbstverteidigungskräfte erlahmt. Alles war gut, alles toll, es gab nur noch grüne Wiese und koffeinfreien Kaffee.
Ein goldener Käfig voller geschäftiger schwarz-rot-goldener Hasen. Nur er war anders. Er war der Fuchs, der in diesen Hasenstall einbrechen würde.
Er war gespannt, wie schwierig es für ihn und die anderen heute werden würde, die inneren Skrupel zu überwinden. Es war eine der Herausforderungen, der er sich stellte, da er sie sich selbst auferlegt hatte. Die normale Welt hielt keine Herausforderungen mehr für ihn bereit. Aufgaben machten ihm keinen Spaß, wenn sie leicht und einfach waren, also würde die Schwierigkeitsstufe nun erhöht werden. Es war sein Entschluss gewesen. Er hatte den ersten Schritt getan und sich ausbilden lassen. Es war erregend, teuer und vor allem illegal gewesen, aber er hatte viel gelernt und dieses Wissen weitergegeben.
Die anderen waren irgendwann damit einverstanden gewesen. Sie hatten die gleiche Erziehung genossen, die gleichen Einstellungen ausgebildet, sie waren Brüder im Geiste. Er hatte sie gefunden, sie überzeugt und ihren Charakter mitgeformt. Es ging hier nicht um Geld, Besitz oder um sonstige Reichtümer. Es ging darum, die nächste Ebene der Vervollkommnung zu erreichen. Es musste weiter, höher hinaus, er musste besser werden. Sie hatten das verstanden.
»Let’s reach the next level«, hatte er zu ihnen gesagt und sie angelächelt. Er lächelte gern und viel, denn einerseits war er Optimist, andererseits wusste er, dass er immer gewinnen würde.
Ein grauer großer Mercedes näherte sich, wurde langsamer und parkte hinter seinem BMW . Auch jetzt lächelte er und schaute erneut in die Krone der mächtigen Dreifaltigkeitseiche. Pete hatte ihn gefunden. Bald würde auch Steve eintreffen, und dann würde er mit
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